Dimitrij Ovtcharov ist die aktuelle Nummer fünf der Weltrangliste und somit der beste nicht-chinesische Spieler überhaupt. Doch nun wurde der 28-jährige Tischtennis-Star vom DTTB von der Liste für das WM-Doppel gestrichen. „Dima“ reagierte mit nachvollziehbarer Enttäuschung.
Der zweimalige Europameister und viermalige Olympia-Medaillengewinner sagte: „Nach allem, was ich für das Tischtennis in Deutschland schon geleistet habe, kann ich nicht verstehen, dass ich bei unserer Heim-WM keine zweite Medaillenchance bekomme und man mich nicht auch mit einem ausländischen Spitzenspieler antreten lässt. Das trifft mich sehr hart.“
Ovtcharov legt Wert auf die Feststellung, dass sein Unmut sich keineswegs gegen Timo Boll richte, der mit Chinas Weltranglistenerstem Ma Long an den Start geht – die vermutlich spektakulärste Doppel-Kombination der WM in Düsseldorf (29. Mai-5. Juni). „Das ist eine super Sache, und wenn das möglich ist, muss man das auch machen – gerade bei der WM im eigenen Land und vor heimischem Publikum“, so Ovtcharov.
Dem Vernehmen nach hatte der DTTB in China nach einem Doppelpartner für Deutschlands Nummer eins angefragt, jedoch keine positive Rückmeldung erhalten. Somit liefen Ovtcharovs Planungen darauf hinaus, gemeinsam mit einem seiner Orenburger Klubkollegen in Düsseldorf anzutreten. Der zweimalige WM-Dritte Jun Mizutani (Japan) hatte ebenso Interesse signalisiert wie der frühere Vizeweltmeister Vladimir Samsonov (Weißrussland).
Maximal drei Doppel pro Nation sind bei einer WM zulässig. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Beim DTTB laufen die Planungen auf Boll/Ma, Olympia-Ersatzmann Patrick Franziska (Saarbrücken) und dessen dänischen Europameister-Partner Jonathan Groth (Fulda-Maberzell) sowie auf die amtierenden Deutschen Meister Ruwen Filus (Fulda-Maberzell)/Ricardo Walther (künftig ASV Grünwettersbach) hinaus, das einzige rein deutsche Duo, das dann am Start wäre.
Dass ausgerechnet er außen vor bleiben soll, ist für „Dima“ ziemlich unverständlich: „Bei einer Heim-WM muss man doch versuchen, dass Timo und ich so oft und viel wie möglich zu sehen sind. Mir leuchtet auch nicht ein, dass ich mit einem Chinesen Doppel hätte spielen können, aber für ein Doppel mit einem anderen Topspieler aus dem nicht-chinesischen Ausland kein grünes Licht bekomme.“
Von Verbandsseite sieht man das anders. DTTB-Sportdirektor Richard Prause betont, man habe die Auswahl im Sinne des Kaders getroffen. Boll unterstützt ihn: „Es tut mir leid für Dimitrij, aber er hat früher den Fokus nicht so sehr aufs Doppel gelegt, und so sind Filus und Walther ein gut eingespieltes Doppel geworden, und Franziska und Groth sind vielleicht sogar das stärkste in Europa.“
Zu Wort meldete sich auch Düsseldorfs Manager Andreas Preuß, gleichzeitig Chef des Aufsichtsrats der TTBL Sport GmbH: „Ich glaube, dass ein Verzicht aufs Doppel seiner Leistung im Einzel förderlich ist. Wenn Dimitrij dadurch eine Medaille gewinnt, ist das absolut im Sinne des deutschen Tischtennis.“
Die Angelegenheit sowie speziell die Bemerkungen von Preuß erhalten zusätzlich eine pikante Note, da sich am Sonntag im Düsseldorfer ARAG CenterCourt Boll und Ovtcharov als Kontrahenten gegenüberstehen werden, wenn die Borussia als Außenseiter im Final-Hinspiel der Champions League „Dimas“ russischen Topklub Fakel Orenburg empfängt und dem Giganten aus dem Ural ein Bein stellen möchte.
Text & Foto: Dr. Stephan Roscher