„Spiele gegen Fulda sind nie einfache Spiele“, hatte Cheftrainer Dmitrij Mazunov vor der Partie beim früheren TTF-Angstgegner Fulda-Maberzell gewarnt. Und tatsächlich war, trotz des klaren Ergebnisses, das letzte Vorrunden-Spiel der Oberschwaben alles andere als leicht.
Doch mit Kämpferherz und gutem Team Spirit waren die TTF vor 450 Zuschauern in der Wilmingtonhalle nicht zu schlagen und sicherten sich nach einer überragenden ersten Halbserie mit 18:2 Punkten die inoffizielle Herbstmeisterschaft.
Nach ziemlich genau zwei Stunden war der Erfolg in einem unterhaltsamen Spiel mit vielen Aufs und Abs eingetütet – saison- und wettbewerbsübergreifend der fünfte Sieg gegen die Osthessen in Folge, gegen die man 2016/17 noch jedes Spiel verloren hatte.
Jakub Dyjas hatte die Herbstmeisterschaft perfekt gemacht durch seinen Vier-Satz-Sieg gegen den baumlangen Kroaten Tomislav Pucar, Junioren-Europameister von 2017. Pucar lag mehrfach nach ganzen Serien extrem harter und platzierter Bälle klar in Führung, doch der 23-jährige Pole hatte – abgesehen vom ersten Durchgang – den längeren Atem, blieb immer dran, holte Punkt um Punkt auf und stellte Nervenstärke unter Beweis. „Jakub hatte Pucar in dieser Woche schon einmal geschlagen, nämlich mit 3:0 beim EM-Qualifikationsspiel zwischen Polen und Kroatien“, erläuterte TTF-Cheftrainer Dmitrij Mazunov. „Auch daher hatte er das Selbstvertrauen, immer wieder zurückzukommen und am Ende den Sack zuzumachen.“
Auch die anderen Matches endeten alle nach hartem Kampf mit 3:1 zugunsten der Gäste – überrollen wie im Pokalspiel Anfang September konnte man den Gegner diesmal nicht, doch mit spielerischer und taktischer Qualität abermals auf Distanz halten und damit einen potenziellen Rivalen um die Play-off-Plätze fast schon aus dem Rennen werfen. Bei aktuell zehn Punkten Rückstand dürften die Maberzeller zumindest die Ochsenhausener nicht mehr überflügeln. Gegebenenfalls wären noch Bergneustadt und Düsseldorf in Reichweite, auf die der Rückstand „nur“ sechs Zähler beträgt. Doch muss man damit kalkulieren, dass die Borussia in der Rückserie ihre Personalprobleme wieder gelöst haben und besser als zuletzt spielen dürfte. Fulda müsste eine nahezu geniale Rückrunde hinlegen, um noch eine kleine Chance zu besitzen – und das ist nicht in Sicht, zumal inzwischen nicht alle aber viele mit dem Defensivspiel von Filus und Wang ganz gut zurechtkommen.
Stefan Fegerl hatte gegen Ruwen Filus den Auftakt gemacht. Hoch motiviert war der schlaksige Österreicher an den Tisch gegangen gegen einen Kontrahenten, gegen den er eine deutlich positive Bilanz aufwies. Fegerl hatte in den ersten beiden Sätzen wenig Mühe, dann verlor er den dritten Durchgang – an sich normal, dass man in einem so konzentrationsintensiven Match zwischenzeitlich einmal einen Tick nachlässt. Was dann geschah, lassen wir den TTF-Profi selbst schildern. „Ich war im vierten Satz wieder voll da und ging mit 9:1 in Führung“, so Fegerl. „Und auf einmal habe ich meine taktische Linie nicht mehr beibehalten und fühlte mich wohl auch schon zu sicher, Filus machte Punkt auf Punkt und plötzlich lang ich mit 9:10 zurück. Das darf mir eigentlich nicht passieren.“ Der Ochsenhausener wirkte nun völlig verunsichert. Fast jeder in der Halle dachte, es würde auf einen Entscheidungssatz hinauslaufen. Doch Fegerl fing sich wieder, drehte den Satz zu seinen Gunsten und brachte damit das Match nach Hause. „Die Jungs auf der Bank haben mich toll angefeuert. Bei 9:10 habe ich instinktiv dort hingeschaut und nur positive Gesichter und aufmunternde Blicke gesehen, das hat mir Auftrieb gegeben und ich habe zurück ins Spiel gefunden,“ zollte der Sieger auch seinen Kollegen sowie dem Trainer- und Betreuerstab großes Lob.
Simon Gauzy schien gegen Wang Xi zunächst auch klar auf Siegeskurs zu sein und gewann die beiden ersten Sätze hoch. Auch hier ging der dritte Durchgang weg und im vierten Satz sah es lange nicht gut aus für den in der Weltrangliste nach einer Reihe durchwachsener internationaler Ergebnisse auf Platz 20 abgerutschten Franzosen. Fuldas diesmal an Position zwei aufgestellter Spitzenspieler lag anfänglich klar in Front, doch Gauzy kämpfte sich wieder heran und konnte sich für seine Energieleistung schließlich mit einem 12:10 belohnen. 2:0 für die TTF, die Vorentscheidung war gefallen. Nach der Pause vollendete Jakub Dyjas das Werk. Rund 20 mitgereiste Gästefans feierten das Team und den Trainer überschwänglich.
„Ich bin sehr glücklich, dass wir dieses Spiel gewonnen haben und zum Ende der ersten Halbrunde ganz oben stehen“, sagte Stefan Fegerl. „Ich bin mit meinen Leistungen auch zufrieden, auch wenn ich mir heute gegen Ruwen das Leben selbst unnötig schwer gemacht habe.“
„Hugo hatte zuletzt Probleme mit der Schulter gehabt, inzwischen ist es besser und er konnte auch schon wieder trainieren, wir wollten aber mit Blick auf die kommenden schweren Spiele kein Risiko eingehen“, erklärte „Dima“ Mazunov seinen Verzicht auf den Weltranglisten-Neunten Calderano, der seine Mitspieler am Rande der Bande anfeuerte. „Außerdem haben wir eine so starke, ausgeglichene Mannschaft, dass es letztlich egal ist, wer spielt.“ Zu der kurzweiligen Partie selbst sagte der Trainer: „Es war keine einfache Aufgabe, aber wir haben sehr gut gekämpft und auch spielerisch gut ausgesehen, so dass der Sieg auch in dieser Höhe verdient ist.“ Mazunovs kurzes Fazit der ersten Halbserie: „Natürlich freue ich mich über die Herbstmeisterschaft nach einer sehr guten Vorrunde, doch dafür kann man sich noch nichts kaufen. Richtige Titel sind schöner.“
„Herbstmeisterschaft – das hatten wir schon lange nicht mehr“, so Ochsenhausens Präsident Kristijan Pejinovic. „Nach einer überragenden Vorrunde absolut verdient. Respekt und Gratulation an das Team und unsere Trainer!“
Auch TTF-Sportmanager Masatoshi Kobayashi lobte die Leistungen des Teams: „Wir haben eine sehr gute Vorrunde gespielt und stehen im Moment verdient auf Platz eins. Wenn man bedenkt, wie viele Spiele unsere Jungs bestreiten mussten, gerade auch auf der World Tour und für ihre Nationalmannschaften, wiegen ihre starken Leistungen umso schwerer.“ Doch Kobayashi tritt auch ein wenig auf die Euphorie-Bremse: „Noch ist nicht viel erreicht, es kommen noch viele schwere Spiele auf uns zu und die großen Entscheidungen stehen alle noch bevor.“ Der Sportmanager möchte sich noch nicht zu viele Gedanken über das Liebherr Pokal-Finale und die Play-offs machen. „Wir denken grundsätzlich von Spiel zu Spiel. Jetzt müssen wir erst einmal in Grünwettersbach bestehen, das an einem guten Tag sogar Düsseldorf schlagen kann, wie man im Pokal gesehen hat.“ Kobayashi fügt noch einige persönliche Worte hinzu: „Für mich selbst war die erste halbe Saison als Sportmanager und als Teil des Teams auf der Bank sehr schön, interessant und emotional. Wir tun alles, um den Jungs in jeder Situation den nötigen Rückhalt zu geben.“
Weniger erfreut zeigte sich verständlicherweise Stefan Frauenholz. „Das war die erwartete Niederlage“, sagte Fuldas Präsident. „Man darf nicht vergessen, dass Ochsenhausen aktuell in einer bärenstarken Form ist. Wäre das Glück aber ein bisschen mehr auf unserer Seite gewesen, wer weiß, wie es dann ausgegangen wäre. Wenn Ruwen gegen Fegerl in den fünften Satz kommt, bin ich mir sicher, dass der Österreicher keine Chance mehr gehabt hätte. Aber es sollte einfach nicht sein, dass wir heute ein Spiel gewinnen.“
Fulda-Maberzell schließt die Hinrunde mit 8:12 Punkten und 18:18 Spielen auf Platz sechs ab. Drei der vier Siege gelangen auswärts, zu Hause konnte man nur Grünwettersbach schlagen. Die Wilmingtonhalle ist derzeit also keine Festung. Wang Xi, Ruwen Filus und Tomislav Pucar bestritten alle zehn Partien. Die Bilanzen: Wang 6:6, Filus 7:5, Pucar 5:5. Zweimal wurde Doppel gespielt und beide Male verloren. Am kommenden Sonntag empfängt das Team zum Rückrunden-Auftakt die Düsseldorfer Borussia. Bei einer weiteren Niederlage kann man die Play-offs endgültig abhaken.
Die Vorrundenbilanz der Oberschwaben: Sechsmal schlug der Ligaprimus in Ehingen auf. Heimbilanz: 12:0 Punkte. Das beste Ergebnis in der Hinrunde fuhr Jakub Dyjas ein, der siebenmal als Sieger den Tisch verließ und nur einmal verlor. Auch die anderen TTF-Profis spielten positiv: Simon Gauzy 8:5, Hugo Calderano 5:4 und Stefan Fegerl 5:2. Dreimal musste man ins abschließende Doppel, alle wurden gewonnen. Dyjas/Fegerl (2:0) und Calderano/Fegerl (1:0) „outeten“ sich als ungemein doppelstark.
TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell – TTF Liebherr Ochsenhausen 0:3
Ruwen Filus – Stefan Fegerl 1:3 (4:11, 7:11, 11:8, 10:12)
Wang Xi – Simon Gauzy 1:3 (4:11, 5:11, 11:9, 10:12)
Tomislav Pucar – Jakub Dyjas 1:3 (11:5, 11:13, 9:11, 7:11)
Text & Fotos (9): Dr. Stephan Roscher