Das Land der aufgehenden Sonne hat einen neuen Nationalhelden. „Tischtennis-Nobody“ Masato Shiono – auf der Juni-Weltrangliste gerade mal auf Position 188 zu finden – mischte das Turnier auf und siegte in Yokohama.
Waren manche noch geneigt, den Erstrundensieg der Nummer 20 Japans gegen Doppel-Weltmeister Chuang Chih-Yuan unter „ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn“ zu verbuchen, kamen die vermeintlichen Experten im Lauf des mit insgesamt 200.000 Dollar dotierten Turniers der World Tour Super Series aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der 27-jährige Defensivkünstler, von dem mancher Europäer nie zuvor etwas gehört hatte, hatte sogar noch Luft nach oben und wurde von Runde zu Runde besser, seine Abwehr war zum Schluss praktisch unüberwindbar, Shiono wurde zur Gummiwand.
Der Chuang-, Matsudaira- und Niwa-Bezwinger durfte sich über den opulenten Siegerscheck in Höhe von 16.000 Dollar für den ersten World Tour-Sieg seiner Karriere freuen – und das mehr als verdient nach derart grandiosen Leistungen an den fünf Turniertagen.
Wobei allerdings der Anfang etwas holprig war. In Qualifikations-Gruppe 13 hatte der vermeintliche Underdog aus Japan nämlich seine einzige Turnierniederlage kassiert – 1:4 gegen den Chinesen Ma Te, zuletzt im August 2011 auf Platz 358 der Weltrangliste notiert.
Durch einen hauchdünnen 4:3-Erfolg über den Letzten in der Vierergruppe, den Koreaner Yang Sanghyun, hatte sich der spätere Turniersieger hinter dem Ex-Hanauer Chiang Hung-Chieh (Taiwan, WRL 115) als Gruppenzweiter ins Ziel gerettet. Und dann kam Chuang. Die Anfangs-Nervosität war abgelegt, der Qualifikant zeigte eindrucksvoll, was wirklich in ihm steckt.
Im Halbfinale kam Taiwans Hoffnungsträger Chen Chien-An (WRL 26) an die Reihe und durfte – nach schnellem 0:3-Satzrückstand – nur am Ende etwas hoffen, doch Shiono brachte das Match letztlich doch sicher mit 4:1 nach Hause.
Der Chinese Xu Chenhao (WRL 213), hierzulande auch so gut wie unbekannt, setzte sich im anderen Halbfinale gegen den sehr viel bekannteren Südkoreaner Kim Minseok (WRL 42) mit 4:3 durch – es war ein richtiger Krimi: 11:13, 8:11, 11:9, 13:11, 8:11, 11:5, 14:12.
Zum ersten Mal in der 18-jährigen Geschichte der World Tour standen sich somit zwei Qualifikanten in einem Herren-Finale gegenüber – eigentlich nahezu unfassbar! Shiono nahm zum vierten Mal an einem World Tour-Turnier teil – bei den Japan Open 2009 hatte er es in die 3. Runde geschafft – der größte Erfolg seiner Karriere bis zum Juni 2013! Für Finalgegner Xu Chenhao war es gar der allererste Auftritt auf der World Tour – als Chinese hat man es bekanntlich nicht so leicht, für hochkarätige Turniere nominiert zu werden.
Auch für ihn also ein Riesen-Erfolg, wenngleich er im Finale gegen den traumwandlerisch sicheren Shiono absolut chancenlos blieb (3:11, 8:11, 6:11, 4:11).
Masato Shiono: „Ich war so überrascht, dieses Turnier zu gewinnen, zumal ich noch nie zuvor irgendeinen Titel in Japan gewonnen hatte – und dann auch noch bei einem so großen Event. Vor so vielen Menschen gespielt und gewonnen zu haben und live im japanischen TV gewesen zu sein, das alles ist ein Traum für mich. Ich kann es noch gar nicht glauben!“
Doppelt hält besser: Auch der Damen-Titel ging an den Gastgeber: Ai Fukuhara (WRL 15), die in Japan jeder Säugling kennt, dominierte das Finale gegen die südkoreanische Senkrechtstarterin Moon Hyunjung (WRL 48), die im Lauf des Turniers auch die beiden DTTB-Starterinnen Shan Xiaona und Kristin Silbereisen ausgeschaltet hatte. Fukuhara siegte 11:7, 11:5, 13:11 und 11:8 und nahm die Ovationen der begeisterten Nippon-Fans sowie kurz darauf den Scheck über 16.000 Dollar entgegen.
Doch es wurde dreifaches Gold: Dass es auch im Herren-Doppel einen Sieg für Japan geben würde, stand schon vor dem Finale fest, da sich dort mit Kenta Matsudaira / Koki Niwa (TTC matec Frickenhausen) und Jin Ueda / Maharu Yoshimura (TTC Hagen) vier Japaner gegenüberstanden. Klar war somit auch, dass ein TTBL-Spieler ganz oben auf dem Treppchen stehen würde. Dies war am Ende Yoshimura beschieden, der an der Seite Uedas in vier Sätzen siegte (7:11, 11:8, 11:6, 11:8).
Bei den Damen hieß es im Doppel-Endspiel Volksrepublik China vs. Republik China. Cheng I-Ching und Huang Yi-Hua aus Taiwan standen gegen Gu Yuting/Zhou Xintong (VR China) auf verlorenem Posten und unterlagen mit 1:3 (3:11, 11:6, 4:11, 7:11).