Die 29-jährige Japanerin Mitsuki Yoshida, neue Nummer eins des Zweitligisten ATSV Saarbrücken, ist eine bemerkenswerte Spielerin und zugleich eine Spätstarterin und Seiteneinsteigerin, wie es im Profibereich absolut ungewöhnlich ist. Die 1,68 Meter große Angriffsspielerin konnte bereits hochkarätige Gegnerinnen besiegen, dennoch hat sie noch nie auf der World Tour gespielt. Zudem sucht man sie in der Weltrangliste vergebens – das soll so nicht bleiben. Sie lebt inzwischen in Deutschland und trainiert unter Matthias Landfried, dem Cheftrainer und Manager des Herren-Bundesligisten SV Plüderhausen. Landfried hält große Stücke auf seine „Schülerin“ und attestiert ihr ein Potenzial, das auch eine Zukunft in der 1. Bundesliga möglich erscheinen lässt. Wir möchten Mitsuki Yoshida vorstellen und die Geschichte ihrer „Entdeckung“ erzählen.
Dass Mitsuki Yoshida und ihr Trainer Matthias Landfried gemeinsam die kroatische Meisterschaft feiern konnten, dafür waren schon einige Zufälle notwendig.
Matthias Landfried wurde mit dem 1. FC Saarbrücken TT 2011/12 Deutscher Pokalsieger. Platz eins nach Abschluss der Punktrunde in der 1. Bundesliga folgte die deutsche Vizemeisterschaft in den Play-offs und in der Champions League wurde das Halbfinale erreicht. Schon bevor die größten Erfolge feststanden, wurde er vom kroatischen Champions League Club STK Dr. Casl Zagreb als Cheftrainer verpflichtet.
Dass im gleichen Jahr auch Mitsuki Yoshida für den Spitzenclub aus Zagreb spielte, war ein Resultat verschiedener Entscheidungen, die teilweise schon in ihrer Kindheit getroffen wurden.
Mitsuki Yoshida verbrachte Ihre Jugend in einer ländlichen Gegend in Japan. Später zog sie nach Tokio und arbeitet dort in einem Unternehmen bis zu ihrem 26. Lebensjahr.
Tischtennis betrieb sie nicht professionell, sondern sie spielte lediglich mehrfach pro Woche 60 bis 90 Minuten als Sparringspartnerin mit ihrer besten Freundin Naomi Yotsumoto, die genauso wie Japans Nr. 1 Ai Fukuhara im Land der aufgehenden Sonne ein berühmter Fernsehstar ist.
Ihr Traum war schon von klein auf, irgendwann in Europa zu leben. Nachdem Mitsuki bald feststellte, dass sie nicht nur stärker geworden war als die Spielerin, für die sie als Sparringspartnerin bereit stand, sondern sogar mit einigen stärkeren japanischen Nationalspielerinnen mithalten konnte, dort aber als Quereinsteigerin keine Zukunft sah, entschloss sie sich vor etwa drei Jahren, die Chance wahr zu nehmen und in Europa Tischtennis-Profi zu werden. Sie gab ihren Job in Tokio auf, entschied sich zwischen zwei Angeboten aus Spanien und Kroatien für letzteres, da aus Kroatien mit Zoran Primorac und Tamara Boros zwei weltbekannte Stars kommen und sie davon ausging, in Kroatien tischtennismäßig besser voran zu kommen.
In der Saison 2011/2012 spielte sie dann sogar mit eben dieser Tamara Boros in einem Team. Mit dem Traditionsteam und Abonnementsieger HASTK Mladost Iskon Zagreb wurde Mitsuki Yoshida dann auch prompt Meister in der kroatischen Superleague.
Zur Saison 2012/2013 wechselte sie dann zum Champions League Club STK Dr. Casl Zagreb, der – wie oben erwähnt –gleichzeitig auch Matthias Landfried vom 1. FC Saarbrücken als Cheftrainer für die Damen- und Herrenmannschaft verpflichtet hatte.
Nachdem Mitsuki Yoshida schon in den ersten zwei Jahren in Kroatien national fast unschlagbar war und international gegen die ehemalige Europameisterin und damalige Weltranglisten-Neunte Liu Jia aus Österreich (aktuell Nr. 24 WRL) und gegen Tschechiens Nummer 1 Iveta Vacenovska (aktuell Nr. 28 WRL) gewinnen konnte, spielte sie auch für den STK Dr. Casl Zagreb groß auf. Zusammen mit dem neuen kroatischen Jahrhunderttalent, der 17-jährigen Lea Rakovac, und der ehemaligen kroatischen Meisterin Suncica Vugrinec wurde das Damenteam überlegen Meister in der kroatischen Superleague und konnte sich auch in den Play-offs gegen Dauersieger Mladost Zagreb durchsetzen, der mehr als ein Jahrzehnt ununterbrochen Meister geworden war.
Nachdem die sympathische Japanerin in der aktuellen Champions League Saison gegen die damalige Nummer 64 der Weltrangliste Li Qiangbing (aktuell Nr. 86 WRL) gewinnen konnte, sorgte sie im Play-off-Finale für den Bigpoint und brachte Tamara Boros ihre erste Niederlage in dieser Runde bei und ebnete damit ihrer Mannschaft den Weg zum Sieg.
Mitsuki Yoshida hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Deutschland kennengelernt. Sie entschied sich, vor den japanischen Meisterschaften nicht in ihrer Heimat zu trainieren, sondern sich in Wendlingen bei Stuttgart von Matthias Landfried auf dieses nationale Groß-Event vorbereiten zu lassen. Dabei fand sie Gefallen an Deutschland, besichtigte Stuttgart, den Fernsehturm, die Schwäbische Alb, war Shoppen und fasste den Entschluss, nach drei Jahren in Kroatien nach Deutschland zu ziehen, wo sie gerne auch langfristig bleiben möchte.
Dass sie nun beim ATSV Saarbrücken als Spitzenspielerin antreten wird, dürfte für beide Seiten ein Glücksfall sein.
Leben und trainieren wird sie in Wendlingen, wo sie von Matthias Landfried trainiert wird. Trainingspartner sind auch regelmäßig der ehemalige deutsche und jetzige slowakische Nationalspieler Thomas Keinath, der bosnische Nationalspieler und WM-Teilnehmer in Dortmund 2012, Remhad Hasanovic, und spielstarke Bundesligadamen. Dazu werden Trainingseinheiten mit der Regionalliga-Mannschaft des TSV Wendlingen stattfinden, mehrfach pro Jahr wird sie auch Trainingsgast bei ihrem vorherigen Club in Zagreb sein und in weiteren Trainingszentren mittrainieren. Darüber hinaus freut sie sich auch schon auf Trainingseinheiten in Saarbrücken und Luxemburg.
Matthias Landfried ist fest davon überzeugt, die ehrgeizige Japanerin weiter voranbringen zu können: „Mitsuki wird in Saarbrücken sicherlich keine Eingewöhnungsprobleme haben. Sie ist sehr nett, absolut unkompliziert, spricht perfekt englisch und war bei uns in Zagreb bei allen sehr beliebt. Ich selbst konnte und kann nicht permanent in Zagreb sein, so dass ich sowieso nur wochenweise nach Mitsuki schauen konnte. Da ich die meiste Zeit des Jahres in Wendlingen bin, werde ich zukünftig noch mehr mit ihr arbeiten können. Ich habe ein spannendes Trainingsprogramm für sie entworfen, mit viel Abwechslung. Es wird dabei feste Trainingsmaßnahmen geben, zum Beispiel mit den Regionalliga-Herren an meinem Wohnort, aber auch wechselnden Trainingspartnern wie etwa die ehemalige ungarische Nationalspielerin Szilvia Kahn, die ich schon einmal als Sparringspartnerin für Mitsuki organisiert hatte, oder den bosnischen Nationalspieler Remhad Hasanovic. Dazu kommen viele Trainingsgäste, wie zum Beispiel Thomas Keinath, mit dem ich auch vor der WM 2013 in Wendlingen trainiert habe, und es werden regelmäßig Aufenthalte in Trainingszentren im In- und Ausland organisiert. Abrunden wird das ganze regelmäßiges Balleimertraining in meiner Tischtennishalle in Wendlingen, wo wir auch an Feinheiten arbeiten werden. Da Mitsuki erst sehr spät Tischtennisprofi geworden ist und sich in sehr kurzer Zeit massiv gesteigert hat, ist sie dermaßen heiß auf Tischtennis, wie man es sonst nur von hochmotivierten Jugendspielern kennt. Sie möchte alles wissen, sich permanent weiterentwickeln und liebt es, hart zu trainieren.“
Mitsuki Yoshida brennt auf ihre künftigen Aufgaben und will sich in Deutschland spürbar verbessern: „Ich bin sehr froh, nach Deutschland zu kommen. Ich habe schon als kleines Kind davon geträumt, später einmal nach Europa zu ziehen. Ich freue mich auf meinen neuen Klub Saarbrücken und bin auch froh, weiterhin meine alte Mannschaft und Freunde in Zagreb besuchen zu dürfen. Matthias Landfried wird mich in Deutschland und Kroatien perfekt auf die neue Saison einstellen. Er ist für mich der beste Trainer und versteht viel von Tischtennis und den Feinheiten. Aus diesem Grund habe ich ihn den Trainern in meiner Heimat vorgezogen und mich von ihm auf die japanischen Meisterschaften vorbereiten lassen. Ihn kennt man sogar in Japan. Matthias war selbst überrascht, aber als ich vom japanischen Tischtennis-Magazin interviewt wurde, nannten sie schon seinen Namen, bevor ich ihn selbst sagen konnte. Für mich sind in Europa schon viele Träume in Erfüllung gegangen und jeder große Sieg gegen eine starke Weltranglistenspielerin gibt mir mehr Selbstvertrauen. Mein nächster Traum ist, von einem europäischen Land für die ITTF World Tour gemeldet zu werden, um mich bei den bedeutendsten Profiturnieren mit Nationalspielerinnen messen zu können.“