Nachfolgend Teil zwei des Interviews mit dem chinesischen Cheftrainer und großen Lenker des Tischtennissports im Reich der Mitte.
Wie sehen Sie die Situation aktuell und zukünftig? Und gibt es vielleicht bei Xu Xin ähnliche Probleme, der dieses Jahr permanent auf Platz 1 und 2 der Weltrangliste geführt war, der im Einzel wie Ma Long schon Turniere wie den Asian Cup, die ITTF Grand Finals und den World Cup gewinnen konnte, aber eben auch noch keinen Weltmeistertitel oder Olympiasieg im Einzel?
„Ich habe immer gesagt, dass Ma Long und Xu Xin mental noch nicht so stark sind, vor allem im Vergleich zu Zhang Jike, aber auch den älteren erfahrenen Spielern Wang Hao, Ma Lin und Wang Liqin. Mit Xu Xin musste ich hart ins Gericht gehen, da ich im Hinblick auf einige technische und psychologische Aspekte, Kampfgeist und Siegeswillen nicht zufrieden war. Er muss mehr und mehr mit dem Druck umgehen, dass spielstarke Teenager nachrücken und ihm und allen anderen Nationalspielern ihren Platz streitig machen wollen. Aber beide haben sich entwickelt. Xu Xin konnte den World Cup 2013 gewinnen, Ma Long gelang das 2012. Dazu konnte Ma Long dieses Jahr den Titel bei den Chinese National Games gewinnen und konnte vor allem in einem intensiven Finale dem Druck von Fan Zhendong standhalten, als er 2:3 und 8:9 zurücklag. Ich habe mir erhofft, dass das Spiel in den siebten Satz geht, da das speziell der Satz ist, wo sich eine besondere mentale Stärke der einzelnen Spieler herauskristallisiert. Ma Long konnte in letzter Minute zurückschlagen und seine Chancen nutzen. Diese Art der Erfahrung war für beide Spieler sehr wichtig, Ma Long und Fan Zhendong. Dieser Titelgewinn war ein wichtiger Schritt für Ma Long, diese Barrieren zu durchbrechen, seine psychologische Stärke weiter zu festigen und ich glaube, dass er zukünftig wesentlich besser spielen wird, wenn er auf schwierige Matchsituationen treffen wird. Ich hoffe, dass er sich immer an diese Gefühle in diesem wichtigen Spiel zurück erinnern wird, die ihn von einem Jungen zu einem richtigen Mann gemacht haben. Wenn er es fortsetzen wird, solche psychologischen Hürden zu überspringen, dann wird er das Rückgrat des chinesischen Herrenteams sein.“
Also können Sie als Cheftrainer der chinesischen Nationalmannschaft sehr zufrieden mit dem Verlauf der Chinese National Games sein?
„In dieser Hinsicht ja, in anderer Hinsicht nicht. Ich muss im Hinblick auf die Spielansetzungen in einem zu straffen Terminplan.das Organisationskomitee kritisieren. Wenn ich sehe, dass die Leistungen im Wettbewerb durch Erschöpfung und Verletzungen eingeschränkt sind, wie es im Fall von hochkarätigen Spielern wie Zhang Jike, Ma Lin und Wang Hao bei den Herren und bei Ding Ning und Guo Yue bei den Damen, dann ist das nicht akzeptabel. Die Gesundheit der Spieler muss immer an vorderster Stelle stehen. So ein Wettbewerb muss professioneller organisiert werden. Im Vergleich zu Weltmeisterschaften, bei denen der Teamwettbewerb und die Individualwettbewerbe voneinander getrennt stattfinden, können die Spieler bei den Chinese National Games kaum entspannen. Verletzungen bei unseren Nationalspielern sind unvermeidlich, wenn sie sich in einem erschöpften Zustand befinden und trotzdem höchste Leistungen bringen müssen. Im schlimmsten Fall können solche Verletzungen den Verlust des Platzes in der Nationalmannschaft bedeuten, so wie es bei Wang Liqin der Fall war, der durch Überlastung eine Hämaturie bekam. Athleten sind sehr fleißig und arbeiten hart für ihre Ziele. Ein ausgeklügelter Wettkampfplan gewährleistet die Qualität auf diesem hohen Niveau. Es ist eine Herausforderung und muss gleichzeitig eine Verantwortung sein, den Körper der Athleten zu schützen. Es überwiegen aber meine positiven Eindrücke. Außer Ma Long, möchte ich Fan Zhendong hervorheben, der nicht nur im Teamwettbewerb Gold gewann, sondern auch im Doppel mit Zhou Yu gewinnen konnte. Im Einzel konnte er erst im Viertelfinale Zhang Jike und dann im Halbfinale Xu Xin ausschalten, eher er im Finale Ma Long am Rande der Niederlage hatte und sich am Ende mit 3:4 geschlagen geben musste.“
Es ist immer wieder erstaunlich, welch grenzenloses Potential in China vorhanden ist. Permanent kommen neue Nachwuchsstars raus, die innerhalb kürzester Zeit in der Spitze der Weltrangliste zu finden sind. Nach Yan An und Zhou Yu, ist mit Fan Zhendong nun schon die nächste Generation mit riesen Schritten aus den Startlöchern geschossen?
„Die Entwicklung von Fan Zhendong ist enorm, sein Aufstieg als Teenager ist so schnell, wie eine Rakete. Erstaunlich ist, dass er Tischtennis nicht schon von jungen Jahren an mit Nachdruck und Leidenschaft betrieben hat, sondern er kam mehr durch Zufall zum Tischtennissport, da es in seiner Schule ein Team gab. Er sagte selbst, dass er nicht behaupten könnte, diesen Sport geliebt zu haben, aber Tischtennis habe ich auch nicht gelangweilt. Ende 2011 nahm er zum ersten Mal am Nationalmannschaftstraining teil und wurde für das B-Nationalteam nominiert. Innerhalb weniger als einem Jahr schaffte er es in die A-Mannschaft und 2013 hätte er es fast geschafft, der jüngste chinesische Herrenmeister im Einzel aller Zeiten zu werden. Er hatte selbst nicht damit gerechnet, so gut abzuschneiden, da er sich des hohen Niveaus bei den Chinese National Games bewusst war und seine persönlichen Ziele waren, Erfahrung zu sammeln, die Atmosphäre dieses harten Turniers kennenlernen wollte und dabei die bestmögliche Einstellung am Tisch zeigen wollte. Mit seinen Siegen in Polen und direkt danach bei den German Open ist er der jüngste World Tour Sieger in der Geschichte.“
Fortsetzung folgt.