Bei der 10. Auflage des Energis Masters Cups setzte sich am Samstag zum dritten Mal in Folge Timo Boll durch. Das attraktive Einladungsturnier mit Show-Effekten wurde von 2005 bis 2011 in Saarbrücken ausgetragen, seit drei Jahren jedoch wird im saarländischen St. Wendel gespielt.
Boll besiegte vor 1.500 Zuschauern in der ausverkauften Halle im Finale seinen größten nationalen Rivalen, Dimitrij Ovtcharov, glatt in drei Sätzen (11:6, 11:7, 11:8) und glänzte dabei mit Traumbällen.
Beide sowie Patrick Baum, der im Halbfinale an Boll scheiterte, waren direkt aus Orenburg vom ECL-Viertelfinalmatch eingeflogen worden und erst um 10:15 Uhr am Frankfurter Flughafen gelandet. Von dort wurden sie in halsbrecherischer Fahrt nach St. Wendel chauffiert, schafften es es jedoch nicht mehr rechtzeitig bis zum Turnierbeginn um 11:30 Uhr. Doch man nahm natürlich Rücksicht auf die Stars, die eine gute Stunde zu spät eintrafen, und zog bis dahin andere Matches der Gruppenphase vor.
Boll mit Spielfeude, „Dima“ nicht in Bestform
Besonders Timo Boll zeigte sich vom Orenburger Reisemarathon unbeeinträchtigt und agierte mit viel Spielfreude, ständig ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Sein Kontrahent Ovtcharov dagegen wirkte etwas fahrig und verkrampft und brauchte schon im Gruppenspiel gegen den 17-jährigen Zweitligaspieler Jakub Dyjas (Schwalbe Bergneustadt) Glück, um knapp in fünf Sätzen zu gewinnen (12:10, 11:9, 9:11, 9:11, 11:9) und das Halbfinale überhaupt zu erreichen. Auch gegen Ex-Weltmeister Jörgen Persson, derzeit überwiegend als Trainer mit Schwerpunkt China aktiv, benötigte der Orenburger fünf Sätze zum Erfolg. Der 47-jährige Schwede hatte sich im ersten Gruppenspiel gegen Dyjas behauptet.
Waldner hat nichts verlernt
Im Halbfinale setzte sich Ovtcharov gegen „Tischtennis-Mozart“ Jan-Ove Waldner in vier Sätzen durch, der aus Schweden angereist war und sich erstaunlich stark präsentierte. In seiner Gruppe hatte „Waldi“ nicht nur den Kroaten Zoran Primorac (11:6, 7:11, 11:9, 11:8) sondern auch Wang Xi mit 3:1 besiegt. Fulda-Maberzells Top-Abwehrer, der keinen guten Tag erwischt hatte, blieb auch beim 0:3 gegen Primorac ohne jede Chance.
„Speedy“ Fetzner und die Referees
Ein besonderes Vergnügen für die Zuschauer waren die Show-Einlagen von Rossis ehemaligem Doppel-Traumpartner Steffen Fetzner, der nun wieder in der Oberliga aktiv ist, regelmäßig trainiert und in seinen Matches gut mitspielte. „Speedy“ lag im ständigen – augenzwinkernden – Disput mit den Schiedsrichtern und nötigte einen Referee sogar dazu, im Match gegen Boll für zwei Bälle selbst an den Tisch zu gehen („dann zeig doch, dass Du es besser kannst!“). Doch danach wurde wieder seriös gespielt. Ein gewisser Ehrgeiz war allen Akteuren anzumerken.
Österreichs Tischtennis-Helden scheitern in der Gruppenphase
Mit dabei war auch Österreichs Defensiv-Granate Chen Weixing, der gegen Boll chancenlos blieb und gegen Fetzner mächtig schwitzen musste, bis sein 3:2-Sieg feststand. Mit dem gutgelaunten Werner Schlager, mit der kompletten Familie inklusive entzückendem Nachwuchs angereist, war ein weiterer Ex-Weltmeister vertreten. Er unterlag einem nach vierteljähriger Verletzungspause äußerst spielfreudigen Kirill Skachkov (Ochsenhausen) sowie dem Noch-Düsseldorfer Patrick Baum. Im entscheidenden Match um den Gruppensieg zog Skachkov knapp gegen Baum den Kürzeren.
Boll freut sich über 6.000 Euro „Taschengeld“
Nach knapp sieben Stunden war das kurzweilige Turnier beendet und Timo Boll durfte den Siegerscheck über 6.000 Euro in Empfang nehmen. Finalist „Dima“ Ovtcharov musste sich mit 3.000 Euro begnügen, auf die beiden Dritten Patrick Baum und Jan-Ove Waldner entfielen je 1.500 Euro. Doch es ging nicht nur um den schnöden Mammon. Spieler und Zuschauer hatten gleichermaßen ihren Spaß und kamen voll auf ihre Kosten. Spitzentischtennis mit Show und Spaß zu verbinden und namhafte, charismatische Spieler zu präsentieren, hatte sich einmal mehr in St. Wendel als Erfolgsmodell erwiesen.
Jörgen Persson formulierte nach dem Turnier, was vermutlich alle zwölf Tischtennis-Asse dachten: „Ich komme jedes Jahr sehr gerne zu diesem Turnier. Es geht recht locker zu, nicht ganz so verbissen wie in „normalen“ Wettkämpfen. Doch gewinnen will man natürlich schon. Aber auch den Fans gute Unterhaltung bieten. Es kommt hier auf die richtige Mischung an, und ich denke, es hat diesmal wieder alles gepasst.“