So kann es gehen. Fast vier Jahre war der TSV Bad Königshofen in Punktspielen ungeschlagen. Auch in der 2. Bundesliga könnte der Aufsteiger aus dem unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld 14 Spieltage lang diesen Nimbus wahren.
Und wenn es richtig eng wurde, reichte es immer noch zu Punkteteilungen, wie fünfmal in dieser Saison geschehen. Bis zum letzten Wochenende lag der TSV auf Platz zwei, auf enger Tuchfühlung mit Spitzenreiter Frickenhausen II.
Doch nun schlug das Schicksal zweimal innerhalb von 24 Stunden gnadenlos zu. Die Heimspiele gegen den Tabellenvierten Fortuna Passau – in Schweinfurt ausgetragen – sowie in heimischer Halle gegen den Sechsten ASV Grünwettersbach gingen beide knapp und unglücklich mit 4:6 verloren.
Eine im deutschen Tischtennissport einmalige Ära ging zu Ende. Der TSV fiel auf den dritten Platz zurück und muss nun sogar noch um die Qualifikation für die eingleisige 2. Liga bangen. Allerdings benötigen Ort & Co. nur noch einen Zähler aus den letzten beiden Partien, um definitiv auch 2014/15 Zweitligist zu sein. Die Gegner sind freilich nicht ohne und heißen Fürstenfeldbruck und Frickenhausen II.
Wir möchten das schicksalhafte Wochenende Revue passieren lassen und finden den lebendig geschriebenen Bericht des TSV-Pressesprechers Rudi Dümpert sehr geeignet, das Geschehen aus Sicht der Bad Königshofener zu beleuchten. Nachfolgend der komplette Artikel.
TSV Bad Königshofen – TTC Fortuna Passau 4:6
Irgendwie hatte es ganz am Ende dieses Spiels um 21:01 Uhr in der Georg-Wichtermann-Halle in Schweinfurt etwas Mystisches an sich. Keiner mochte vier Stunden lang dran denken, es gar aussprechen. Dann war es doch auf den Tag genau nach vier Jahren die erste Niederlage der 1. Mannschaft des TSV Bad Königshofen. „Es ist kein Beinbruch“, beendete dann Hallensprecher Jürgen Hofmann ganz lapidar seine Schlussworte an die Zuschauer. Von den 370 waren da schon viele nicht mehr da. Die Identifikation des fachkundigen, gewiss hilfreichen Publikums war halt doch nicht so emotional und groß wie daheim in Bad Königshofen. In gewohnter Umgebung, der Boden und die Lichtverhältnisse inbegriffen. „Der Ball kommt gar nicht richtig hoch. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich hinlangen soll“, haderte Kilian Ort kleinlaut nach seinem knappsten aller Siege in einem Mannschaftsspiel (drei Mal 13:11in fünf Sätzen) gegen Martin Pytlik. Während Kontaktlinsen-Träger Richard Vyborny blinselnd nach oben schaute und deutete.
Es war gewiss schon öfters eng bei Unentschieden und knappen Siegen in dieser Saison. Diesmal vermisste man aber irgendwie die Frische, die Aggressivität, die überzeugte und optimistische Ausstrahlung. Es war einfach nicht der Tag der Königshöfer, sondern jener der alten Haudegen aus Passau bzw. Ungarn und Tschechien. Und dennoch lagen Sieg und Niederlage insgesamt höchstens vier oder fünf Ballwechsel auseinander. Tatsache aber auch, dass die Königshöfer in der Rückrunde in den Doppeln schwächeln und diesmal das ganze Spiel über den verlorenen zwei Punkten hinterher liefen. Tatsache auch, dass keinem wirklich der Ausreißer nach oben gelang, jeder nur einen Einzelsieg beitragen konnte. Ganz schlimm begann es für den jungen Taiwanesen Chun-Lin Lee, der nach der Fünf-Satz-Doppel-Niederlage im ersten Einzel vom ungarischen Olympiateilnehmer Daniel Zwickl, 29-jährig mit Abstand der Jüngste beim Gegner, in drei Sätzen zerlegt wurde – Zwischenstand 0:3.
Es sah zunächst aber noch schlimmer aus, verlor Richard Vyborny gegen seinen Landsmann Tomas Sadilek auf einmal den dritten Satz und Kilian Ort gegen Martin Pytlik (44) nach mühsamem 13:11-Auftakt den zweiten. Vyborny gelang aber der Start zur Aufholjagd, Christoph Schüller der Anschluss zum 2:3, indem er Frantisek Krcil (39) geradezu demontierte (11:6/11:8/11:6). Dabei musste man bei Kilian Orts Mühen gegen Pytlik (“Er war eklig zu spielen“) von der Vorstellung abrücken, dass er es macht wie das Pferd, das nicht höher springt als es muss. Hätte er im fünften Satz nicht einen Matchball abgewehrt und 13:11 gewonnen, hätte sich hier schon die Niederlage abgezeichnet. So aber ging es mit einem 3:3 in die Pause und die Hoffnung war wieder zurück.
Wem´s egal war, wer gewinnt, der konnte sich dann an etlichen Weltklasse-Ballwechseln im Duell der Einser zwischen Richard Vyborny und dem ungarischen Nationalspieler Daniel Zwickl erfreuen. Es war aber eine verzwickte Angelegenheit für den Königshöfer Tschechen. Der einen Tick bessere Spieler war nun mal Zwickl. 3:4 und Vyborny schleuderte seinen Schläger enttäuscht auf den Boden. Das 4:4 lag auf den schmalen Schultern von „Fisch“ Lee, der noch nichts gewonnen hatte, den sein Ehrgeiz und asiatischer Stolz aber zum Sieg im fünften Satz antrieben.
Also mussten die Eigengewächse wieder mal die Kastanien aus dem Feuer holen. So viel vorweg: Sie blieben drin. Für Kilian Ort, der auf Grund seiner Erfolge und Bekanntheit zum Siegen nicht verurteilt sein sollte, endete dieser Tag total ernüchternd. Gegen den sechsfachen tschechischen Mannschaftsmeister Frantisek Krcil, den Schüller zuvor zerlegt hatte, mochte man das 13:15 im ersten Satz noch als den Kennenlern-Satz betrachten. Noch zwei Mal 9:11 und die Routine des 39-Jährigen hatte über die Jugend gesiegt. Was letztlich den 17-Jährigen wieder ganz menschlich macht. Dasselbe widerfuhr Christoph Schüller (21), der diese Saison schon so manchen entscheidenden Schlusspunkt im allerletzten Einzel gewonnen hatte. Diesmal wurde auch er entzaubert vom TT-Methusalem, vom mehrfachen tschechischen Meister im Doppel und Mixed Martin Pytlik, der seit 1997 für Passau 2. Bundesliga spielt. Da wurde Ort geboren.
Ergebnisse:
Vyborny/Lee – Pytlik Sadilek 11:5/8:11/12:10/6:11/6:11
Ort/schüller – Zwickl/Krcil 7:11/9:11/8:11
Vyborny – Sadilek 11:5/11:8/12:14/11:8
Lee – Zwickl 6:11/6:11/9:11
Ort – Pytlik 13:11/8:11/13:11/5:11/13:11
Schüller – Krcil 11:6/11:8/11:6
Vyborny – Zwickl 9:11/8:11/11:9/6:11
Lee – Sadilek 12:10/8:11/11:6/5:11/11:8
Ort – Krcil 13:15/9:11/9:11
Schüller – Pytlik 11:13/11:8/11:6/6:11/9:11
Schiedsrichter: OSR Gerhard Trautwein, 1.SRaT: Jürgen Schwab, 2.SRaT: Theo Wilhelm
Zuschauer: 370
TSV Bad Königshofen – ASV Grünwettersbach 4:6
Wenn es kommt, dann gleich knüppeldick. Nur 16 Stunden nach der Niederlage gegen Passau mussten die Königshöfer schon wieder an die Platten. Und wieder setzte es eine 4:6-Niederlage. Was vier Jahre lang nicht geschehen war und was in der Hinrunde einige Male so glimpflich ausgegangen war, dafür mussten die Ort und Co. diesmal bitter büßen und blieben nach achteinhalb Stunden Tischtennis ohne Punktgewinn. Zunächst verlief der Auftakt ja verheißungsvoll: Richard Vybornys „Hossa“ und „Allez“ hallten wieder durch die Halle. „Fisch“ Lees vorsichtiges Lächeln war zurück, Kilian Orts Faust wieder da und selbst Christoph Schüller schaute nicht immer gar so ernst. Als die Doppel aber über insgesamt neun Sätze gespielt waren, deutete sich schon wieder ein Krimi mit Überlänge an und alles andere als ein Selbstläufer.
Mit 1:1 ging man aus den diesmal umgestellten Doppeln. Besonders unglücklich das 9:11 im fünften Satz von Lee/Ort gegen den serbischen Nationalspieler Rade Markovic und den 40-maligen norwegischen Meister und ehemaligen 66. der Weltrangliste Geir Erlandsen. Als Lee in seinem ersten Einzel gegen den mehrfachen Commonwealth-Sieger Adam Robertson schon wieder untergegangen war, war der erste Rückstand da, den Richard Vyborny mit seinem Fünfsatzsieg gegen Lei Yang, der vor zwei Jahren immerhin noch Boll und Ovtcharov geschlagen hat, wieder egalisierte. Dann rang Kilian Ort vergeblich um Rehabilitation für Samstag gegen Erlandsen, musste sich klar in vier Sätzen beugen. Dabei wechselten geradezu rhythmisch Weltklasseschläge mit für ihn unerklärlichen einfachen Fehlern – 2:3.
Eine gute Form präsentierte Christoph Schüller, der gegen den Serben Rade Markovic jeden Respekt ablegte und sich in fünf Sätzen durchsetzte – 3:3 zur Pause. Gegen den walisischen Nationalspieler Adam Robertson war am Ende selbst Richard Vyborny machtlos, musste sich in fünf Sätzen beugen. Als auch noch Chun-Lin Lee in seinem zweiten Einzel gegen Lei Yang nur einen Satz gewinnen konnte, stand es auf einmal 3:5, war nur noch ein Unentschieden möglich, das vielleicht in der Endabrechnung der Saison noch große Bedeutung bekommen hätte. Kilian Ort leistete mit seinem 3:1 gegen Markovic seinen Beitrag dazu. Doch Christoph Schüller wurde vielleicht schon beim unglücklichen 11:13 im ersten Satz der Zahn gezogen. Den zweiten gewann der Norweger mit 11:8 und den dritten wieder in der Verlängerung mit 12:10. Zum ersten Mal musste der TSV runter von Tabellenplatz 2 und könnte in seinen letzten zwei Spielen in Fürstenfeldbruck (5.) und gegen Frickenhausen II (1.) noch einmal unverhofft in Bedrängnis in Sachen eingleisige Bundesliga geraten.
Ergebnisse:
Lee/Ort – Markovic/Erlandsen 8:11/11:7/6:11/13:11/9:11
Vyborny/Schüller – Lei Yang/Robertson 13:11/10:12/12:10/11:5
Vyborny – Lei Yang 5:11/11:6/11:7/6:11/11:9
Lee – Robertson 5:11/11:13/2:11
Ort – Erlandsen 5:11/11:6/3:11/7:11
Schüller – Markovic 11:3/10:12/13:11/6:11/11:8
Vyborny – Robertson 8:11/11:9/7:11/11:7/5:11
Lee – Lei Yang 5:11/11:9/9:11/6:11
Ort – Markovic 11:9/11:7/9:11/11:5
Schüller – Erlandsen 11:13/8:11/10:12
Schiedsrichter:
OSR Joachim Car (Langendorf), 1.SRaT Josef van Eckert (Mellrichstadt), 1.SRaT Anton Then (Großwenkheim)
Zuschauer: 202