Der Saarländer Tobias Thomas ist neuer Deutscher Tischtennis-Meister der Sportler mit einer geistigen Behinderung.
Im Duell der beiden einzigen deutschen Nationalspieler in der Startklasse 11 (geistige Behinderung) schlug der Lebacher am Wochenende im Finale der Deutschen Meisterschaft in Marktheidenfeld den Titelverteidiger Hartmut Freund aus Bietigheim-Bissingen (Württemberg) nach 1:2-Satzrückstand noch in 3:2 Sätzen.
Damit setzt sich der Zweikampf fort, den sich die beiden Konter- und Blockspieler bereits seit Einführung der Deutschen Meisterschaft für Tischtennis-Sportler mit geistiger Behinderung im März 2011 um den Titel im Herren-Einzel liefern.
Freund, der im Nichtbehindertensport für den TTC Bietigheim-Bissingen antritt und als der Sportler mit der schwersten geistigen Behinderung in der Weltspitze gilt, hatte den Meistertitel in 2011 und 2013 geholt, Thomas, der im Nichtbehindertensport für den TTC Dörsdorf in der Kreisliga aufschlägt, in 2012 und nunmehr erneut in 2014.
Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) hatte Thomas (28) und Freund (46) letztmals Anfang 2013 für einen internationalen Wettkampf nominiert. Seinerzeit schlug der Saarländer beim Weltranglistenturnier in Ungarn die damalige Nr. 10 der Weltrangliste, den Japaner Yuki Kinoshita, der einer von sechs männlichen Paralympics-Teilnehmern im Jahr 2012 war. Und der Schwabe besiegte die damalige Nr. 9 der Weltrangliste, den Japaner Jumpei Tochigi.
Tobias Thomas nimmt derzeit nicht an internationalen Turnieren teil. Hartmut Freund, der bereits fünf Medaillen bei Weltranglistenturnieren gewonnen hat, wurde kürzlich vom Weltverband für intellektuell behinderte Leistungssportler, INAS, eingeladen, Ende Oktober an dessen Tischtennis-EM teilzunehmen.
Die Ausnahmestellung von Thomas und Freund kam auch im Team-Wettkampf der Deutschen Meisterschaft zum Ausdruck, in dem sie alle Partien einschließlich des Finales gegen Alexandros Kalpakidis und Sebastian Rösenberg mit 3:0 gewannen. Die Überraschung des Turniers war jedoch der erst 15-jährige lernbehinderte Sportler Kalpakidis aus Calw, der erstmals bei einer Deutschen Meisterschaft antrat. Denn er war der einzige, der mit Thomas und Freund mithalten konnte. Er verlor zwar im Verlauf der Titelkämpfe beide Spiele gegen sie, trotzte beiden jedoch einen fünften Satz ab und zeigte somit, dass mit ihm in Zukunft zu rechnen ist.
Auffällig bei den Titelkämpfen war ein höheres Niveau als im Vorjahr, aber auch ein Auseinanderdriften der Behinderungsgrade, wodurch die Debatte um die mögliche Einführung von getrennten Startklassen für Sportler mit einer geistigen und jene mit einer Lernbehinderung neue Nahrung erhielt. Auf internationaler Ebene hat der Weltverband INAS dazu bereits ein Forschungsprojekt aufgelegt. Der DBS hatte zwei Startklassen bei den Sportlern mit intellektueller Behinderung bei INAS selbst beantragt, hat diesen Vorstoß aber bislang nicht auf nationaler Ebene umgesetzt. Bei der Talentsichtung setzt der DBS gegenwärtig auch in anderen Sportarten vor allem auf Lernbehinderte, die allerdings bisher nur in sehr geringer Zahl im Verband organisiert sind. Auch bei der Deutschen Meisterschaft in Marktheidenfeld waren die Sportler mit einer klassischen geistigen Behinderung klar in der Mehrheit.
Zum Teil recht deutliche Unterschiede im Behinderungsgrad traten auch in der Damen-Konkurrenz zu Tage, wo Susanne Quade ihren Meistertitel unangefochten verteidigte. Im Finale zweier Sportlerinnen aus Nordrhein-Westfalen ließ Quade, die im Nichtbehindertensport für den TTV Lübbecke spielt, ihrer Gegnerin Miriam Jörgens von der Lebenshilfe Oberhausen bei ihrem 3:0-Sieg keine Chance. Die einzige Sportlerin mit Down-Syndrom im Starterfeld, Sandra Frosch, errang einen beachtlichen 9. Platz. Sie tritt im Nichtbehindertensport für den TTC Hegnach an. Den Titel im Team holten Miriam Jörgens und Angelika Peters aus Oberhausen.
(Text: Norbert Freund)