Sa, 30. November 2024
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TEAM-EM 2014: Turbostarter Dima kompensiert Franziskas Missgeschick

Der zweite Tag der TMS 2014 European Team Table Tennis Championships in Lissabon verlief äußerst turbulent – zumindest für die Herren-Auswahl des Deutschen-Tischtennis-Bundes.

Im Gruppenspiel gegen Gastgeber Portugal, einen der Mitfavoriten um die Titelvergabe, hatte es 1:1 gestanden – Timo Boll hatte Tiago Apolonia klar beherrscht, Steffen Mengel gegen Marcos Freitas nach großem Kampf in fünf Sätzen verloren. Im dritten Match unterlief dem 22-jährigen Patrick Franziska ein Missgeschick, der gegen Joao Monteiro bei 2:1-Satzführung und 8:7 im vierten Durchgang umknickte und sich eine heftige Knöchelverletzung zuzog. Nach minutenlanger Behandlung biss der Neu-Düsseldorfer aus dem Odenwald auf die Zähne und spielte das Match nahezu aus dem Stand zu Ende, wobei er sich – sonst eher ungewohnt – als Künstler im Blockspiel erwies. Zwar ging Satz vier mit 14:12 an Monteiro, doch brachte der Deutsche das Kunststück fertig, mit dem Handikap gegen den Weltranglisten-51. den Entscheidungsdurchgang mit 11:9 nach Hause zu schaukeln – ein Erfolg der Willensstärke, jedoch auch reichlich riskant.

Der überragende Weltranglistenneunte Boll tütete im Anschluss gegen den Weltranglistenzwölften Freitas in fünf Sätzen den Siegpunkt zum 3:1 ein. Franziska indes musste nach dem Match zur Behandlung ins Krankenhaus, an einen Einsatz im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn war nicht mehr zu denken. Da ja Nachnominierungen laut ETTU-Reglement unzulässig sind, kam der DTTB-Tross mächtig ins Rotieren, zumal mit einem rechtzeitigen Erscheinen des nachgereisten Dimitrij Ovtcharov nicht zu rechnen war – „Dimas“ Maschine nach Lissabon war mit fast zweistündiger Verspätung avisiert.

Und der sonst so gelassene Jörg Roßkopf schimpfte: Wir müssen gegen Ungarn gewinnen und werden wohl mit zwei Mann spielen. Das ist der Worst Case für den europäischen Verband. Damit macht sich die Sportart lächerlich. Wir haben fünf, sechs Spieler zu Hause, die gerne gespielt hätten.“

Zu diesem Zeitpunkt schien der deutsche Gruppensieg noch in Gefahr, im Fall einer Niederlage gegen Ungarn und eines klaren portugiesischen Erfolges gegen die noch sieglosen Österreicher hätte man mit Rang zwei Vorlieb nehmen müssen.

Doch es lief ganz anders, alle Aufregung erwies sich als unbegründet: Ovtcharov kam wie Phönix aus der Asche und erwies sich als wahrer Meister im Kaltstart. Der Weltranglistenfünfte erschien auf den letzten Drücker – um 18:52 Uhr, acht Minuten vor Beginn der Partie gegen Ungarn, traf sein vom Flughafen kommendes Shuttle-Fahrzeug, das unterwegs noch in einen kleinen Unfall verwickelt war, an der Halle ein, 70 Minuten zuvor hatte er noch im Flugzeug gesessen. „Dima“, der tags zuvor wegen seiner Weisheitszahn-OP noch Antibiotika nehmen musste, siegte gegen den Defensivkünstler der Magyaren, Adam Pattantyus, in grandioser Manier (11:9, 11:3, 11:4). Zuvor hatten Mengel (3:1 gegen den Ex-Düsseldorfer Janos Jakab) und Boll (3:0 gegen Daniel Kosiba) die DTTB-Auswahl bereits aus die Siegerstraße gebracht.

Der am Flughafen Hannover vom Delegationsleiter des DTTB per SMS über seinen erwünschten Einsatz gegen Ungarn verständigte Einzel-Europameister, der ursprünglich für den zweiten EM-Abend nur als Backup einkalkuliert war und erst im Viertelfinale einsteigen sollte („das war vielleicht die turbulenteste Reise meines Lebens“), setzte in Lissabon mit seinem Blitz-Einstieg das i-Tüpfelchen auf einen denkwürdigen, äußerst emotionalen Tischtennis-Tag für das deutsche Team.

Dass man es lockerer hätte angehen können, konnte man zu diesen Zeitpunkt nicht wissen. Die Portugiesen unterlagen nämlich Österreich überraschend mit 1:3 (Habesohn schlug Apolonia und Geraldo, Gardos bezwang Freitas), so dass zwei Siege am Ende schon zum ersten Gruppenplatz gereicht hätten. Doch nun waren es drei geworden – und das ist ja auch gut fürs Selbstvertrauen auf dem Weg zur Titelverteidigung.

Die nächste Hürde heißt Frankreich, auf dessen Auswahl die DTTB-Herren am Freitag um 19 Uhr deutscher Zeit im Viertelfinale treffen. Die Franzosen mit den beiden TTBL-Profis Simon Gauzy (Ochsenhausen) und Adrien Mattenet (Saarbrücken) sowie Stephane Ouaiche hatten im letzten Match der Gruppe B Spanien mit 3:1 besiegt und sich den zweiten Platz hinter den Spaniern und vor Griechenland gesichert. Gegen das mit Ovtcharov und Boll nun übermächtig erscheinende deutsche Team gehen sie jedoch als klarer Außenseiter in die Box.

Weitaus entspannter ging es am Donnerstag bei den DTTB-Damen zu. Diese beendeten die Vorrunde mit 6:0 Punkten durch einen 3:1-Erfolg über die Türkei. Bundestrainerin Jie Schöpp hatte den beiden Topspielerinnen  Han Ying und Shan Xiaona eine Pause gegönnt, da der Gruppensieg schon vorher festgestanden hatte.

Das Trio Sabine Winter, Irene Ivancan und Petrissa Solja spielte aber sehr ordentlich und blieb ungefährdet gegen die Türkinnen, bei denen lediglich die Weltranglisten-34. Hu Melek in der Top-Kategorie (Championships Division) konkurrenzfähig ist. Jede der deutschen Spielerinnen steuerte einen deutlichen Sieg bei, nur Winter verlor in drei engen Sätzen gegen Melek.

Im Viertelfinale am Freitag wartet mit dem mehrmaligen Mannschafts-Europameister Niederlande, der mit Li Jiao, Li Jie und Britt Eerland antreten dürfte, ein anderes Kaliber auf Titelverteidiger Deutschland. Dennoch geht man leicht favorisiert an den Tisch, zumal man gegen die Damen in „Oranje“ in den letzten Jahren immer sehr gut ausgesehen hat.  


Team-EM: Ergebnisse am Donnerstag

Damen
Deutschland – Türkei 3:1

Irene Ivancan – Ipek Karahan 3:0 (3,5,5)
Sabine Winter – Hu Melek 0:3 (-9,-10,-9)
Petrissa Solja – Gokcenur Gungor 3:0 (8,9,2)
Sabine Winter – Ipek Karahan 3:1 (9,5,-8,4)

Herren
Deutschland – Ungarn 3:0

Steffen Mengel – Janos Jakab 3:1 (9,7,-6, 4)
Timo Boll – Daniel Kosiba 3:0 (9,4,1)
Dimitrij Ovtcharov – Adam Pattantyus 3:0 (9,3,4)

Deutschland – Portugal 3:1
Timo Boll – Tiago Apolonia 3:0 (6,8,3)
Steffen Mengel – Marcos Freitas 2:3 (10,-10,9,-2,-4)
Patrick Franziska – Joao Monteiro 3:2 (6,7,-6,-12,9)
Boll – Freitas 3:2 (10,-6,6,-11,6)


EM-Zeitplan und deutsche Spiele 

Mittwoch, 24. September

14 Uhr, Damen-Mannschaft
Gruppe A: Deutschland – Frankreich 3:0, Österreich – Türkei 3:0

17 Uhr, Herren-Mannschaft
Gruppe A: Deutschland – Österreich 3:1, Portugal – Ungarn 3:0

20 Uhr, Damen-Mannschaft
Gruppe A: Deutschland – Österreich 3:0, Frankreich – Türkei 3:0

Donnerstag, 25. September

14 Uhr, Herren-Mannschaft
Gruppe A: Deutschland – Portugal 3:1, Österreich – Ungarn 2:3

17 Uhr, Damen-Mannschaft
Gruppe A: Deutschland – Türkei 3:1, Österreich – Frankreich 3:0

20 Uhr, Herren-Mannschaft
Gruppe A: Deutschland – Ungarn 3:0, Portugal – Österreich 1:3

Freitag, 26. September

15 Uhr, Damen-Mannschaft: Viertelfinale
Deutschland – Niederlande
Rumänien – Schweden
Weißrussland – Polen
Ungarn – Österreich

19 Uhr, Herren-Mannschaft: Viertelfinale
Deutschland – Frankreich
Kroatien – Weißrussland
Russland – Portugal
Schweden – Spanien

Samstag, 27. September

11 Uhr, Damen-Mannschaft: 1. Halbfinale
15 Uhr, Damen-Mannschaft: 2. Halbfinale
15 Uhr, Herren-Mannschaft: 1. Halbfinale
19 Uhr, Herren-Mannschaft: 2. Halbfinale

Sonntag, 28. September

15 Uhr, Damen-Mannschaft: Finale

19 Uhr, Herren-Mannschaft: Finale

 

Alle Ergebnisse der Team-EM 2014

EM 2014 Webseite

EM 2014 auf der Webseite der ITTF

Laola1.tv mit EM-Livestream

EM-Liveticker auf der ETTU-Webseite

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