Der Ex-Fuldaer und Ex-Plüderhausener Philipp Floritz scheint ungewöhnliche Karriereschritte zu bevorzugen. Wollen junge Spieler normalerweise so weit nach oben wie irgend möglich, zog es den damals 22-Jährigen vor der letzten Saison von der TTBL in die Oberliga zum gerade aufgestiegenen TSV 1860 Ansbach, mit dem er inzwischen einen weiteren Aufstieg feierte. Bei der ungefährdeten Meisterschaft seines Klubs, der kommende Saison in der Regionalliga Süd auch noch durch Tomas Pavelka verstärkt wird, glänzte Floritz mit einer Einzelbilanz von 24:0 (Doppel 14:0).
Doch sein Schritt in die Viert- bis Fünftklassigkeit bedeutet keineswegs, dass der Peißenberger international allen Ambitionen abgeschworen hätte. Im Gegenteil. Floritz schickt sich an, nach Thomas Keinath, der international für die Slowakei antritt, der zweite deutsche Ex-Nationalspieler zu werden, der sich einem ausländischen Verband anschließt.
Blickt man in die Weltrangliste der ITTF findet man hinter der aktuellen Nummer 233 – im Juli war er noch auf 207 notiert – das Länderkürzel „BUL“ für Bulgarien. Auch in der Starterliste der Bulgaria Open (19.-23. August) wird der amtierende bayerische Einzelmeister als „Bulgare“ gelistet. Doch das trifft auch nicht zu, da Floritz über keinen bulgarischen Pass verfügt – zumindest noch nicht.
Bislang erfüllt er lediglich das Kriterium, einen Wohnsitz in der Hauptstadt Sofia nachweisen zu können. Und jeder kann sich von dem Land, in dem er lebt, für World-Tour-Turniere melden lassen. Nur mit dem entsprechenden Pass könnte er indes auch Europameisterschaften oder Olympische Spiele bestreiten.
Zunächst einmal hat der Angriffsspieler, der gerne auch weit hinter dem Tisch agiert, dem DTTB lediglich mitgeteilt, künftig auf der World Tour für Bulgarien starten zu wollen. Floritz, dessen Chancen, nochmals in den DTTB-Nationalkader vorzustoßen, auch nach Aussage von Sportdirektor Richard Prause äußerst gering sind, redet Klartext: „Die Konkurrenz in der deutschen Nationalmannschaft ist unglaublich stark, vergleichbar ist die Situation wohl nur bei den Chinesen oder den Japanern. In Bulgarien wäre ich die Nummer eins.“
Zudem scheint der bulgarische Verband die Starts des Bayern auf der Tour finanziell zu unterstützen, was zusätzliche Motivation ergibt. „Neue Wege, neue Erfahrungen sind ja immer gut“, gibt Floritz zu Protokoll, der nicht nur mit seinem prominenten Ansbacher Teamkollegen Torben Wosik, sondern regelmäßig auch in der Werner-Schlager-Academy mit dem bulgarischen Auswahlspieler Stanislav Golovanov trainiert.
Sollte der 23-Jährige tatsächlich in acht Tagen bei den Bulgaria Open als „Bulgare“ starten – und es deutet nichts darauf hin, dass dies nicht geschieht – wäre er künftig automatisch für nationale Wettkämpfe in Deutschland gesperrt, könnte also auch nicht mehr bei Deutschen Einzelmeisterschaften antreten. Darauf zu verzichten, macht eigentlich nur Sinn, wenn er tatsächlich den „großen Coup“ plant und in Zukunft als bulgarischer Staatsbürger international agieren möchte.