Ungarns Weltstadt Budapest war von Dienstag bis Sonntag Schauplatz der Seamaster 2017 ITTF World Tour Hungarian Open. Das mit 70.000 US-Dollar dotierte Event war richtig gut besetzt. Der Titel bei den Herren ging an Yan An. Ruwen Filus durfte sich über Bronze freuen.
Insgesamt 225 Spieler hatten gemeldet, darunter viele aus der deutschen Bundesliga, während die beiden Top-Asse des Deutschen Tischtennis-Bundes, Dimitrij Ovtcharov und Timo Boll, nicht am Start waren. Auch der sonst so imposante – zahlenmäßig und qualitativ – Japan-Block fehlte im Teilnehmerfeld.
Dafür waren die „1B Chinesen“ vertreten – und die sind bekanntermaßen besonders gefährlich und undankbare Gegner überdies. Sie gehören nicht zur „Viererbande“ der absoluten Top-Chinesen, bestehend aus Ma Long, Fan Zhendong, Xu Xin und Zhang Jike, und sind auch in der Weltrangliste nicht extrem hoch positioniert, jedoch brandgefährlich, in der Super League erprobt und mitunter nur unwesentlich schwächer als ihre namhafteren Rivalen aus dem Reich der Mitte. Dass Chinas Verband Spieler wie Yan An, Shang Kun, Fang Bo, Zhou Yu oder Lin Gaoyuan für Budapest nominierte, zeigt, dass man diese längst noch nicht abgeschrieben hat und ihnen eine Chance geben wollte, sich zu beweisen und zum Elite-Quartett aufzuschließen.
Genutzt wurde diese in erster Linke von Yan An, zuletzt im Mai 2016 auf Rang 16 der Weltrangliste geführt. Der 24-Jährige sicherte sich den Titel durch einen 4:2-Finalsieg über seinen Landsmann Shang Kun, der im ITTF-Ranking nie so hoch stand wie Yan, dennoch aber ein gefährlicher Gegner in einem engen, spannenden Final-Match war.
Shang hatte im Halbfinale seinen Landsmann Lin Gaoyuan in sieben spannenden Sätzen ausgeschaltet, Yan An kurzen Prozess mit dem bis dahin grandios aufspielenden Maberzeller Ruwen Filus gemacht. Im Viertelfinale hatte Shang die Hoffnungen des topgesetzten Vladimir Samsonov in sechs Sätzen beerdigt, Lin mit Joo Saehyuk einen der weltbesten Verteidigungsspieler alt aussehen lassen (4:1) und Yan den ranghöchsten Hungarian-Open-Teilnehmer aus China, den aktuellen Weltranglisten-12. Fang Bo, mit 11:6, 11:3, 11:5, 11:1 nach Strich und Faden auseinander genommen.
Ruwen Filus hatte in einem bemerkenswerten Match den Weltranglisten-25. Aruna Quadri (Nigeria) in der Verlängerung des Entscheidungssatzes besiegt und in der vorhergehenden Runde dem Noch-Bergneustädter Ricardo Walther mit 4:2 das Nachsehen gegeben, jenem Walther, der in der 1. Runde immerhin Chen Chien-An geschlagen hatte. Doch auch Filus hatte sich da an einem Taiwan-Chinesen schadlos gehalten – sein glattes 4:0 über Chuang Chi-Yuan war eine Demonstration allererster Güte. Seine Bronze-Medaille in einem so stark besetzten Turnier darf als großer Erfolg bewertet werden.
In der Runde der letzten 16 hatte Shang Kun seinen Landsmann Zhou Yu ohne Satzverlust in die Schranken gewiesen, während Yan An gegen Ochsenhausens Hugo Calderano indes Schwerstarbeit zu verrichten hatte, um nach 2:3-Satzrückstand noch mit 4:3 zu gewinnen. Der junge Brasilianer hatte bereits in der 1. Hauptrunde geglänzt, in der er mit Jiang Tianyi (Hongkong) einem namhaften Kontrahenten das Nachsehen gab, allerdings hauchdünn mit 14:12 im 7. Satz.
Nicht wirklich auf Augenhöhe mit ihren Gegnern agierten im Achtelfinale dagegen Calderanos TTF-Kollegen Jakub Dyjas (1:4 gegen „Vladi“ Samsonov) und Simon Gauzy (1:4 gegen Lin Gaoyuan).
Fang Bo überließ dem Maberzeller Defensivstrategen Wang Xi, der ein sehr gutes Turnier spielte und mit dem Ägypter Omar Assar zuvor den aktuellen Afrika-Meister ausgeschaltet hatte, nur einen Satz in der Runde der besten 16.
Finale Herren-Einzel Ungarn Open
Shang Kun CHN – Yan An CHN 2:4 (11:13, 11:6, 7:11, 6:11, 12:10, 8:11)
Text & Foto: Dr. Stephan Roscher