Fr, 29. November 2024
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Den Geschmack der Niederlage im Mund behalten – TTF scheiden aus

Trotz eines Kampfes auf Biegen und Brechen zwischen zwei Teams auf Augenhöhe haben die TTF Liebherr Ochsenhausen am Freitagabend das Viertelfinal-Rückspiel der Champions League bei Borussia Düsseldorf mit 1:3 verloren und sind ausgeschieden. 

Der 3:2-Vorsprung aus dem Hinspiel hat somit vor 1.100 Tischtennis-Fans im ARAG CenterCourt, die ein Höllenspektakel veranstalteten, nicht gereicht.

Die Chance war aus Ochsenhausener Sicht groß, das Match in eine andere Richtung zu lenken, wurde jedoch nicht genutzt. Hätte etwa Hugo Calderano zu Beginn Timo Boll gepackt, gegen den er mit 2:1 Sätzen vorne lag, wären die TTF wohl weitergekommen. Auch ein Sieg von Simon Gauzy im vierten Match gegen den Österreicher Stefan Fegerl hätte gereicht, da das Satzverhältnis zu diesem Zeitpunkt eindeutig für die TTF sprach, so dass sie sich eine 2:3-Rückspielniederlage hätten erlauben können. Überhaupt hatten die jungen Ochsenhausener in der Summe beider Partien trotz des Ausscheidens noch das bessere Satzverhältnis – ein Indiz dafür, wie eng und umkämpft es beide Male zuging. Doch die Sätze waren am Ende nicht relevant und „wäre“ oder „hätte“ nützen nichts, im Sport zählen keine Konjunktive.

Das ursprüngliche Saisonziel Viertelfinale wurde erreicht, mehr eben nicht, da man sich schon Chancen auf das Halbfinale ausgerechnet hatte, die ja objektiv auch gegeben waren. Nun ist man draußen, muss versuchen, einen Erkenntnisgewinn aus dem sicher bitteren, da mit etwas mehr Glück und Cleverness vermeidbaren Ausscheiden herauszufiltern und kann sich voll und ganz auf Bundesliga und Play-offs konzentrieren.

„No Pain no Gain“

Der Reifeprozess der jüngsten Bundesliga-Mannschaft schreitet weiter voran und das prickelnde Königsklassen-Viertelfinal-Duell wird trotz des letztendlichen Scheiterns, vielleicht auch gerade deswegen, den Prozess noch beschleunigen. TTF-Präsident Kristijan Pejinovic brachte es später auf folgenden Nenner: „Das englische ’no pain no gain‘ trifft es recht gut, wir müssen das eben erst noch schmerzhaft durchlaufen. Uns fehlt noch die Siegererfahrung als Team. Und die Teamleistung war es auch, weshalb die Borussia am Ende diesen Ticken besser war als wir.“

Hugo Calderano zog zum Auftakt gegen Timo Boll in fünf Sätzen den Kürzeren, obwohl sich der Weltranglisten-Zehnte im vorletzten Durchgang eine Leistenzerrung zugezogen hatte, weswegen er später auch ausgewechselt wurde. Doch da zeigte sich der kleine, feine Unterschied: Boll schaukelte mit all seiner Cleverness und Routine das Match noch nach Hause, während der TTF-Brasilianer zu ungestüm wurde und das Glück gegen die angeschlagene deutsche Tischtennis-Ikone erzwingen wollte. Boll hingegen nahm geschickt das Tempo heraus, vermied heftige Bewegungen, hielt Calderano kurz und ließ diesen die Fehler machen.

Simon Gauzy indes konnte gegen Anton Källberg in vier engen Sätzen egalisieren, so dass wieder alles offen war. Vorentscheidend dann Kristian Karlssons 3:2 über Jakub Dyjas, der – wie zuvor Calderano – mit 2:1 Sätzen in Front lag, dann aber doch noch seinem Gegner gratulieren musste. Am Ende war der Weltranglisten-22. aus Schweden sogar klar am Drücker, konnte sich dabei aber über mangelndes Glück nicht beschweren. Pejinovic: „Karlsson hatte in den letzten beiden Sätzen serienweise Netz- und Kantenbälle, was seinen Sieg aber nicht schmälern soll. Er hat einen guten Kopf und hatte immer die passende Antwort parat. Karlsson kam mit der Brechstange durch, während Jakub es einen Tick zu filigran versuchte. Allerdings müssen unsere Jungs allmählich lernen, 2:1-Führungen in wichtigen Partien auch durchzubringen.“

Fegerl frisch, Gauzy leer

Nun musste Simon Gauzy unbedingt punkten, um den TTF das Weiterkommen zu sichern, zu diesem Zeitpunkt war das Satzverhältnis ausgeglichen, somit hätte schon ein 3:2-Sieg des Franzosen den TTF das Halbfinale garantiert, da dann maximal noch ein Plus von zwei Sätzen für Düsseldorf möglich gewesen wäre, während die TTF im Hinspiel plus drei verbucht hatten. Doch es wurde nichts aus dem einkalkulierten sechsten Sieg in Serie gegen Timo Boll, für den zwischenzeitlich der Weltranglisten-21. Stefan Fegerl eingewechselt worden war. Pejinovic: „Gerade das war gut für die Borussia, Fegerl war frisch, voller Elan und hat sehr stark gespielt, während Simon doch etwas leer und ausgezehrt wirkte und zudem noch mit leichten Rückenproblemen zu kämpfen hatte, was aber sicher nicht spielentscheidend war.“ Gauzy unterlag mit 1:3 – die Messe war gelesen.

TTF-Cheftrainer Dubravko Skoric sagte nach der Partie: „Es war ein fantastischer Kampf, den wir heute auch hätten gewinnen können, dafür hätte Düsseldorf aber auch in Ochsenhausen gewinnen können. Wir haben keinen Grund, niedergeschlagen oder entmutigt zu sein, nur wenige Bälle haben letztlich das Duell entschieden. Hugo hatte seine Chance, Timo zu schlagen. Im letzten Match war Fegerl frisch, während bei Simon der Akku ziemlich leer war.“

Und Kristijan Pejinovic ergänzte noch: „Wir sind jetzt alle leer, die Spieler natürlich erst recht. Wenn Du alles versuchst – und die Jungs haben wie die Schweine gekämpft -, gibt es keinen Grund, sauer oder ärgerlich zu sein. Natürlich wären wir sehr gerne ins Halbfinale eingezogen, aber so ist halt Sport. Und wir haben in den beiden Viertelfinals großen Sport geboten. Wir werden diesen Geschmack der Niederlage im Mund behalten, diese Erfahrung wird unser Team wieder ein Stück voranbringen.“

Stolzer Danny Heister

Im Düsseldorfer Lager war man natürlich bester Stimmung. Wenn man indes in der Headline der Düsseldorfer Presseerklärung von einer „Sensation“ spricht, ist das fraglos geringfügig übertrieben.

„Das Spiel heute hat wieder einmal gezeigt, welche Möglichkeiten diese großartige Mannschaft hat“, lobte Manager Andreas Preuß seine Jungs. „Das war wirklich nichts für schwache Nerven. Ich bin überglücklich.“ 

Und Trainer Danny Heister wollte gar keinen Spieler besonders hervorheben. „Jeder hat sich für die Mannschaft und den Sieg aufgeopfert. Timo hat sein Spiel trotz einer schmerzhaften Verletzung gewonnen, Stefan ist als Ersatzmann ins Spiel gekommen und zum Joker geworden, Kristian hat einen ganz wichtigen Punkt geholt und Anton war sehr nah dran, schon im zweiten Match für die Vorentscheidung zu sorgen. Ich bin wirklich, wirklich stolz auf das gesamte Team.“

Im Halbfinale trifft der deutsche Rekordmeister auf Pontoise Cergy, das das Rückspiel gegen Hennebont mit 3:2 gewann (Hinspiel 3:0).

Saarbrücken im Halbfinale

Für die Oberschwaben gilt indes, schnell die Köpfe frei zu bekommen, um am Sonntag im Bundesliga-Topspiel in Saarbrücken zu punkten, was nur möglich ist, wenn das Team an sich glaubt und alle am Limit spielen.

Die Saarländer hatten übrigens mehr Glück als die TTF und haben am Abend trotz einer knappen Heimniederlage gegen Chartres das Champions-League-Halbfinale erreicht. Beim 2:3 sorgten Bojan Tokic und Patrick Baum, jeweils gegen Joao Monteiro, für die Punkte des 1.FCS, der im Halbfinale auf den Topfavoriten Orenburg (3:1 gegen Eslövs Ai Bordtennis) trifft.

 

Borussia Düsseldorf – TTF Liebherr Ochsenhausen 3:1

Timo Boll – Hugo Calderano 3:2 (11:7, 15:17, 8:11, 11:7, 11:8)

Anton Källberg – Simon Gauzy 1:3 (12:10, 8:11, 9:11, 10:12)

Kristian Karlsson – Jakub Dyjas 3:2 (9:11, 11:5, 12:14, 11:3, 11:3)

Stefan Fegerl – Simon Gauzy 3:1 (11:4, 11:13, 11:9, 11:9)

 

Text & Fotos (3): Dr. Stephan

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