Drei Tage vor seinem 36. Geburtstag verbuchte Timo Boll in Bamberg den elften nationalen Meistertitel seiner Karriere. Ruwen Filus blieb im Finale ohne Chance. Kristin Silbereisen glückte die Titelverteidigung – und das gegen die Weltranglisten-Zwölfte Shan Xiaona.
Im Finale gingen die ersten beiden Sätze noch an die Penholder-Spielerin des ttc berlin eastside, die acht Tage zuvor in Doha noch die Weltranglisten-Zweite Zhu Yuling (China) geschlagen hatte. Danach verlor die Favoritin jedoch etwas den Faden, während Silbereisen, die zum dritten Mal in ihrer Karriere Deutsche Einzelmeisterin wurde, hoch konzentriert ihr Ding durchzog. In Abwesenheit der Weltranglisten-Sechsten Han Ying, die wegen einer Operation ihrer kleinen Tochter kurzfristig absagen musste, landeten die beiden Spielerinnen oben auf dem Treppchen, die alle dort erwartet hatten, nur eben in umgekehrter Reihenfolge. Shan Xiaona, von ihren Fans nur „Nana“ genannt, trug es mit Fassung: „Ich bin nicht traurig, Kristin hat heute super gespielt und mir hat teilweise etwas die Konzentration gefehlt. Ich freue mich aber sehr für sie.“
Zudem gewann die Weltranglisten-55. von der SV DJK Kolbermoor Gold im Doppel an der Seite von Shan, mit der sie lange gemeinsam in Berlin gespielt hatte. Mit zweifachem Gold avancierte Silbereisen vor 2.400 Zuschauern in der BROSE ARENA – insgesamt kamen rund 5.500 an den drei Turniertagen – zur erfolgreichsten Teilnehmerin der 85. Deutschen Meisterschaften. Shan mit einmal Gold und einmal Silber braucht sich indes auch nicht zu verstecken.
Die gleiche Ausbeute gelang Ruwen Filus, der seinen Titel im Doppel zusammen mit Ricardo Walther verteidigen konnte. Timo Boll, der 2015 in Chemnitz durch seinen zehnten DM-Sieg nach einem Endspielerfolg ebenfalls über Filus zum alleinigen Rekord-Champion aufgestiegen war, trat die Nachfolge des aus privaten Gründen nicht angetretenen Titelverteidigers Patrick Baum an.
Der Tischtennis-Maestro, der in Bamberg einen einzigen Satz einbüßte, gab nach dem Turnier zu Protokoll: „Ich war etwas skeptisch vor dem Turnier, gesundheitlich nicht ganz fit in den Wochen zuvor und meine Konkurrenten sehr gut drauf.“ Und augenzwinkernd fügte der Rekord-Champion hinzu: „Ich hatte hier ja noch die Finalniederlage von 2013 wettzumachen. Das ist nun geschafft, nun bin ich gut mit Bamberg.“
„Meister der Herzen“ wurde ein Teenager-Duo aus Hessen. Die 13 und 14 Jahre jungen Hessenmeisterinnen Sophia Klee (Niestetal) und Anastasia Bondareva (Fehlheim) hatten sich sensationell ins Halbfinale gespielt und gegen die Gigantinnen Silbereisen/Shan nur im ersten Satz Lehrgeld bezahlt, um für den Rest des unterhaltsamen Matchs nahezu auf Augenhöhe zu agieren. Sogar einige Satzbälle sprangen heraus, die allerdings nicht genutzt werden konnten. Noch nicht, mag man sich dazu denken. Anastasia Bondareva versicherte glaubhaft: „Wir waren nicht aufgeregt, haben uns gefreut auf das Spiel, im zweiten Satz hatten wir die Chance auf den Satzgewinn – aber da hat sich dann doch die Erfahrung durchgesetzt.“ Nun, in Japan wird man bisweilen in genau jenem Alter zum Weltstar, wenn man etwa an Mima Ito und Miu Hirano denkt. Man darf gespannt sein, wohin der Weg von Sophia Klee und Anastasia Bondareva führen wird.
ENDSPIELE
Herren-Einzel
Timo Boll – Ruwen Filus 4:0 (11:4, 11:8, 11:2, 11:5)
Damen-Einzel
Shan Xiaona – Kristin Silbereisen 2:4 (13:11, 11:9, 9:11, 5:11, 8:11, 11:13)
Herren-Doppel
Ricardo Walther/Ruwen Filus– Kilian Ort/Dang Qiu 3:1 (11:4, 7:11, 11:7, 11:8)
Damen-Doppel
Kristin Silbereisen/Shan Xiaona – Jessica Göbel/Tanja Krämer 3:0 (11:6, 11:3, 11:7)
HALBFINALS
Herren-Einzel
Timo Boll (Düsseldorf) – Ricardo Walther (Bergneustadt) 4:1 (9:11, 11:4, 11:5, 11:8, 11:8)
Ruwen Filus (Fulda) – Benedikt Duda (Bergneustadt) 4:1 (11:9, 11:4, 11:8, 5:11, 6:11)
Damen-Einzel
Shan Xiaona (Berlin) – Katharina Michajlova (Bad Driburg) 4:1 (10:12, 11:5, 11:4, 11:6, 11:6)
Kristin Silbereisen (Kolbermoor) – Tanja Krämer (Busenbach) 4:1 (11:8, 11:3, 11:7, 9:11, 11:7)
Herren-Doppel
Ricardo Walther/Ruwen Filus (Bergneustadt/Fulda) – Thomas Brosig/Steffen Mengel (Köln/Bergneustadt) 3:0 (11:6, 11:5, 11:3)
Kilian Ort/Dang Qiu (Bad Königshofen/Grünwettersbach) – Benedikt Duda/Dennis Klein (Bergneustadt/Saarbrücken) 3:1 (11:5, 15:17, 11:8, 11:5)
Damen-Doppel
Kristin Silbereisen/Shan Xiaona (Kolbermoor/Berlin) – Anastasia Bondareva/Sophia Klee (Fehlheim/Niestetal) 3:0 (11:4, 12:10, 11:9)
Chantal Mantz/Yuan Wan (Berlin/Bingen) – Jessica Göbel/Tanja Krämer (Busenbach) 1:3 (8:11, 6:11, 13:11, 11:13)
Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher