Borussia Düsseldorf steht nach dem gestrigen 3:0-Heimerfolg gegen den 1. FC Saarbrücken-TT im Liebherr TTBL-Finale 2017. Dort treffen Boll und Kollegen am 10. Juni in der Frankfurter Fraport Arena, wie zuletzt 2015, auf den TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell.
Seien wir – bei aller gebotenen Neutralität – ehrlich: Mancher Tischtennisfan hatte gestern, nach zwei äußerst umkämpften Matches, eines davon mit einer epochalen Leistung der Saarländer, auf die Sensation gehofft. Nicht weil er etwas gegen Borussia Düsseldorf hätte – es wäre ja auch armselig, sportliche Klasse mit unsportlichen Antipathien zu beantworten –, sondern einfach, weil es eine Art Befreiungsschlag für die Liga hätte werden können, endlich einmal wieder ein TTBL-Finale in einer prickelnden, völlig offenen Konstellation zu erleben. Das war zuletzt 2013 der Fall, als sich Bremen und Ochsenhausen gegenüberstanden.
Doch es war den tapferen Saarländern einfach nicht möglich, in der Höhle des Löwen nochmals auf einem solchen Niveau wie im zweiten Spiel am 13. April aufzutrumpfen – und genau das wäre nötig gewesen, um gegen bärenstarke Borussen das Unmögliche möglich zu machen.
Korea-Open-Sieger Timo Boll zog dem Außenseiter vor 850 Fans gleich zu Beginn den Zahn und ließ gegen Tiago Apolonia, den er im ersten Halbfinal-Match nur knapp geschlagen hatte, einen Klassenunterschied aufblitzen. Zwar kämpften Patrick Franziska und Bojan Tokic in ihren Spielen gegen Kristian Karlsson beziehungsweise Anton Källberg aufopferungsvoll, hatten jedoch jeweils in fünf Sätzen das Nachsehen.
Es kam also, wie es kommen musste, der Rekordmeister hatte alles im Griff, gewann verdient auch in dieser Höhe und trifft im Endspiel um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft am 10. Juni in Frankfurt auf Lieblingsgegner Fulda-Maberzell, den man im Normalfall fast blind beherrscht. Es winkt der 29. Nationale Meistertitel der an Erfolgen so reichen Klubgeschichte.
„Es fühlt sich gut an, im Finale zu stehen“, so Timo Boll nach der Partie. „Wir waren nach der Niederlage in Saarbrücken mehr als nur gewarnt und sind sehr froh, dass wir das heute gewinnen konnten. Ich denke, wir haben heute als Team die beste Leistung der Saison gezeigt.“ Und Anton Källberg zeigte sich erleichtert. „Das war sehr eng. Ich musste für jeden einzelnen Punkt hart arbeiten. Für mich war es natürlich relativ einfach, mit einem 2:0 im Rücken in die Box zu gehen. Aber am Morgen war ich ganz schon nervös.“ „Das war eine klasse Leistung des gesamten Teams“, lobte schließlich Manager Andreas Preuß. „Wir sind hochverdient in das Finale eingezogen. Jetzt kämpfen wir für das Triple.“
Zur Erläuterung: In Europas Königsklasse trifft Düsseldorf am 7. Mai im Final-Hinspiel auf das russische Topteam TTC Fakel Gazprom Orenburg. Dann wird sich zeigen, ob die Truppe noch eine Schippe drauflegen kann, was gegen diesen Hochkaräter des Mannschaftstischtennis unabdingbar ist, wenn man bestehen möchte.
Von unserer Seite nochmals Herzlichen Glückwunsch an die beiden nationalen Finalisten, verbunden mit der Hoffnung, dass das Endspiel eben doch kein „Langweiler“ wird, bei dem nur die Frage offenbleibt, ob Düsseldorf mit 3:0 oder „nur“ 3:1 gewinnt. Und nochmals: Wir sind und bleiben neutral und erkennen überragende Leistungen gerne an, wie sie von Düsseldorf fast immer geboten werden, wenn es um die sprichwörtliche Wurst geht, doch muss ein Endspiel um den nationalen Tischtennis-Titel nicht zwangsläufig so einseitig verlaufen wie am Samstag das Fußball-Bundesliga-Match zwischen Wolfsburg und den Bayern, bei dem letztere ihren 27. Meistertitel eintüteten.
Also auf geht’s, liebe Maberzeller, lasst Euch etwas einfallen! Der Countdown läuft, es sind noch 41 Tage, in denen Euch vielleicht die zündende Idee kommt, wie ihr uns allen ein richtig spannendes Finale bieten könnt.
Borussia Düsseldorf – 1. FC Saarbrücken TT 3:0
Timo Boll – Tiago Apolonia 3:0 (11:5, 11:7, 11:6)
Kristian Karlsson – Patrick Franziska 3:2 (12:14, 11:6, 8:11, 11:5, 11:5)
Anton Källberg – Bojan Tokic 3:1 (15:13, 11:5, 7:11, 9:11, 11:8)
Play-off-Halbfinale, Runde 1
Borussia Düsseldorf – 1. FC Saarbrücken-TT 3:1
Timo Boll – Tiago Apolonia 3:2 (11:6, 8:11, 4:11, 11:3, 11:7)
Kristian Karlsson – Patrick Baum 3:1 (11:7, 11:8, 16:18, 13:11)
Stefan Fegerl – Patrick Franziska 0:3 (7:11, 6:11, 5:11)
Timo Boll – Bojan Tokic 3:0 (11:6, 11:8, 11:2)
Play-off-Halbfinale, Runde 2
1. FC Saarbrücken-TT – Borussia Düsseldorf 3:1
Bojan Tokic – Kristian Karlsson 3:1 (11:3, 12:10, 4:11, 11:6)
Patrick Franziska – Timo Boll 2:3 (11:6, 11:5, 8:11, 7:11, 8:11)
Tiago Apolonia – Stefan Fegerl 3:0 (12:10, 11:5, 12:10)
Bojan Tokic – Timo Boll 3:0 (11:7, 11:8, 12:10)
Play-off-Halbfinale, Runde 3
Borussia Düsseldorf – 1. FC Saarbrücken TT 3:0
Timo Boll – Tiago Apolonia 3:0 (11:5, 11:7, 11:6)
Kristian Karlsson – Patrick Franziska 3:2 (12:14, 11:6, 8:11, 11:5, 11:5)
Anton Källberg – Bojan Tokic 3:1 (15:13, 11:5, 7:11, 9:11, 11:8)
Die übrigen Play-off-Halbfinals
TTF Liebherr Ochsenhausen – TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell 0:3
TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell – TTF Liebherr Ochsenhausen 3:1
Text: Dr. Stephan Roscher
Foto: MaJo-Foto/Matthias Ernst