Nicht nur für das Liebherr Masters College, auch für die TTF Liebherr Ochsenhausen war es ein äußerst erfolgreiches World-Tour-Wochenende. Hugo Calderano bringt gleich zwei World-Tour-Titel von den Brazil Open mit nach Oberschwaben.
Bei den Seamaster Brazil Open 2017 in Sao Paulo konnte sich Brasiliens bester Spieler prima in Szene setzen und in seinem „Wohnzimmer“ den zweiten World-Tour-Einzeltitel seiner Karriere bei den Herren unter Dach und Fach bringen. Und mit der Goldmedaille im Doppel zusammen mit Gustavo Tsuboi erfolgte noch eine hübsche Zugabe.
Dabei wäre der 21-jährige Weltranglisten-25. um ein Haar in der 1. Runde ausgeschieden. Gegen den bekanntermaßen unberechenbaren, über die Qualifikation ins Hauptfeld vorgedrungenen Tischtennis-Weltenbummler Thomas Keinath (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell), im ITTF-Ranking inzwischen auf Platz 195 zurückgefallen, stand der topgesetzte Calderano dicht vor einer Niederlage und musste beim hauchdünnen 4:3-Erfolg (11:7, 9:11, 11:7, 9:11, 11:8, 11:13, 14:12) sogar einige Matchbälle seines Gegners abwehren.
Doch dieser holprige Auftakt gab dem TTF-Ass einen „Push“ für den Rest des Turniers, in dessen Verlauf er immer besser zu seinem Rhythmus fand. Auf dem Weg ins Final schaltete Calderano noch den Franzosen Andrea Landrieu (4:2) und seinen an fünf gesetzten Landsmann Gustavo Tsuboi mit 4:1 Sätzen aus, der selbst seit Jahren häufiger Trainingsgast in Ochsenhausen ist.
Im Finale schließlich stand ihm der Inder Amalraj Anthony gegenüber, der das beste Turnier seiner Karriere spielte. Anthony war gut, doch Calderano war besser und agierte inzwischen auf voller Betriebstemperatur. Der Anfang verlief ausgeglichen, ab dem dritten Durchgang jedoch hatte der Ochsenhausener das Geschehen gut im Griff und siegte mit 4:1 (14:12, 9:11, 11:7, 11:7, 11:5).
Und im Doppel konnte Calderano an der Seite von Tsuboi noch einen draufsetzen. Mit lauter 3:0-Siegen spielte man sich ins Finale, wo die an drei gesetzten Brasilianer gegen das deutsche Duo Patrick Baum/Thomas Keinath, letzterer international für die Slowakei startend, ebenfalls ohne Satzverlust blieben und sich durch ein 11:8, 11:7, 11:9 den Titel sicherten – sehr zur Freude der brasilianischen Fans.
Hugo Calderano, der seinen zweiten Einzeltitel auf der World Tour bei drei Finalteilnahmen feiern konnte, nur 2016 bei den Austrian Open hatte er im Endspiel gegen den Japaner Kenta Matsudaira den Kürzeren gezogen, war die Erleichterung nach dem Turnierende anzumerken: „Das war eine echte Herausforderung. Ich kam von meiner Verletzungspause zurück und hatte ein ganz kniffliges Auftaktmatch. Ich konnte mich jedoch im Lauf des Turniers steigern und habe schließlich im Finale mein bestes Tischtennis gezeigt, so dass mein Sieg sicher verdient war.“
Jean René Mounie, ehemaliger Nationaltrainer Brasiliens und seit einigen Monaten Trainer am Liebherr Masters College, coachte seinen Schützling in Sao Paulo. Sein Fazit: „Es war am Anfang wirklich schwer für Hugo, seinen Rhythmus zu finden und genügend Selbstvertrauen zu zeigen, den hohen Erwartungen der brasilianischen Fans zu entsprechen. Die Leute hier glauben, dass er eine Art Olympischer Champion sei und grundsätzlich immer gewinnen müsse, wenn er in Brasilien auftritt. Das erzeugt schon Druck, mit dem Hugo aber im Lauf des Turniers immer besser umgehen konnte.“
Hinweis: Großartige Leistungen bei den Brazil Open zeigten auch einige Spieler aus Deutschland und Europa, so etwa der mit TuS Celle haarscharf am Aufstieg in die 2. Bundesliga vorbeigeschrammte Philipp Floritz oder Tischtennis-Weltenbummler Thomas Keinath. Auf deren bemerkenswerte Auftritte in Sao Paulo werden wir noch in einer eigenen NEWS eingehen.
Brazil Open auf der Webseite der ITTF
Text: Dr. Stephan Roscher
Foto: ITTF