Der vierte WM-Tag war ein Tag der Extreme, emotional und mit faustdicken Überraschungen. Die größte Sensation war der Triumph des 13-jährigen Tomokazu Harimoto im Japan-Duell mit Jun Mizutani. Aber auch Bastian Steger wurde „Opfer“ einer Überraschung.
Viele hatten dem Olympia-Dritten Mizutani zugetraut, sehr weit zu kommen, eventuell sogar in die Phalanx der Chinesen einzubrechen, doch das kümmerte den jugendlichen Herausforderer – auf der „großen“ Weltrangliste aktuell die Nummer 69, dafür aber Weltbester im U18- und U15-Bereich – herzlich wenig. Harimoto meinte nach seinem nahezu ungefährdeten 4:1-Sieg (11:7, 11:6, 14:12, 7:11, 11:8) ganz lapidar: „Das Alter hat mit Tischtennis nichts zu tun.“ Japans Jungstar ergänzte: „Ich habe einfach mein Spiel gemacht. Ich wollte von Anfang an angreifen und das hat gut geklappt. Im nächsten Spiel werde ich das wieder so machen.“
Bastian Steger ist ausgeschieden. Gegen den Ungarn Tamas Lakatos, Zweitliga-Spieler und im ITTF-Ranking nur auf Position 191 eingestuft, unterlag die derzeitige Nummer 25 der Welt in sechs Sätzen (8:11, 12:14, 11:8, 11:8, 6:11, 9:11). Der Deutsche konnte natürlich nicht zufrieden sein: „Es war ein sehr zerfahrenen Match. Tamas variierte gut, während ich überhaupt keinen Rhythmus fand. Somit fehlte auch der Spielfluss. Ich habe es nicht geschafft, die Partie in den Griff zu bekommen.“ Möglich, dass „Basti“ noch ein wenig durch den Trainings- und Wettkampfrückstand nach seiner Verletzung gehandikapt war. Dennoch: gegen Lakatos, dessen Talent natürlich unbestritten ist, muss er einfach gewinnen, gerade bei einem derart wichtigen Turnier.
Nicht weit von einer Sensation entfernt blieb Düsseldorfs Anton Källberg. Der 19-jährige Schwede kam Ma Long bedrohlich nahe und hätte das von den meisten Beobachtern erwartete Viertelfinal-Match Boll vs. Ma schon drei Runden zuvor verhindern können. Von Freude war bei Källberg kurz nach der überraschend knappen 2:4-Niederlage gegen den Weltranglistenersten nichts zu bemerken, Frust über die nicht genutzte Chance war vorherrschend. „Egal wer gegen dich spielt, du musst immer daran glauben und wenn du deine Chance bekommst, musst du sie auch nutzen“, so der Schwede nach dem spannenden Match.
Stürmisch beginnend hatte der junge Skandinavier Ma Long überrascht und sich gleich den ersten Satz mit 11:4 gesichert. Doch dann war Ma richtig im Spiel und gewann die folgenden drei Durchgänge recht klar. Källberg, bis Sommer letzten Jahres im Ochsenhausener Liebherr Masters College ausgebildet, steckte nicht auf und angelte sich mit bedingungslosem Angriff Satz fünf. Und auch im sechsten Durchgang war Källberg auf Augenhöhe und musste sich schließlich mit 9:11 beugen – ein Kantenball des hohen Favoriten beendete die Träume des schwedischen Toptalents.
WM 2017 auf der Webseite der ITTF
Text: Dr. Stephan Roscher
Fotos (2): ITTF