Wieder ging ein ereignisreicher WM-Tag in Düsseldorf zu Ende, auch wenn die Anzahl der Matches immer überschaubarer wird. Timo Boll bekommt sein Viertelfinale gegen Ma Long. Ob Dimitrij Ovtcharov seines gegen Fan Zhendong erhält, erfahren wir erst am Sonntag.

Fan tat seinerseits alles dafür und schaltete einen grandios kämpfenden Ruwen Filus aus.

Vor 8.000 begeisterten Zuschauern in Halle 6 nahm Boll die Hürde Marcos Freitas, ein Gegner, dem er bisweilen auch schon zum Sieg gratulieren musste. Doch der Odenwälder hat im Augenblick einfach einen Lauf. Im Linkshänder-Duell mit dem Weltranglisten-16. aus Portugal ging es dennoch enger zu, als das Ergebnis vermuten lässt. Den wichtigen dritten Satz holte sich der Deutsche nach hoher Führung und vier vergebenen Satzbällen mit 15:13. Und in Durchgang vier wurde es nach einer 7:1-Führung Bolls nochmals spannend, als Freitas zum 9:9 ausgleichen konnte. 

„Die Begegnung stand auf des Messers Schneide. Ich hätte das Match genauso gut auch mit 1:4 verlieren können“, so Boll. „Ich habe noch nichts gewonnen, aber es fühlt sich gut an.“ Macht der Weltranglistenachte am Sonntag das Unmögliche möglich und schlägt Ma Long, hat er seine zweite WM-Medaille nach Rotterdam 2011 in der Tasche. Doch das ist eine Herkules-Aufgabe, auch wenn er noch so gut in Form sein mag. Die Chancen gegen seinen Doppelpartner sind vielleicht mit 20:80 zu beziffern. Das weiß der Rekordeuropameister natürlich selbst: „Ich muss sehr variabel spielen und ein hohes Risiko gehen. Es hat alles zu stimmen, um gegen ihn eine Chance haben zu wollen.“ 

Erhobenen Hauptes verlies Ruwen Filus die Messehallen. Die Auftritte des Weltranglisten-32. bei der Heim-WM waren vom Feinsten und selbst gegen Ausnahmekönner Fan Zhendong am sechsten Turniertag schaffte er es, das Match vor restlos begeisterten Zuschauern in den ersten beiden Sätzen völlig offenzuhalten und dem Weltranglistenzweiten später noch den fünften Durchgang abzunehmen. Mehr kann er zurzeit nicht leisten, das war schon ein ganz hohes Level. Achtelfinalist Filus hat zweifellos in den letzten Monaten nochmals einen Sprung nach vorne gemacht. 

„Es hat Spaß gemacht. Ich habe gute Bälle getroffen und war fast auf Augenhöhe“, sagte der 29-Jährige. „Das macht mich schon stolz, zu den Top 16 der Welt zu gehören.“ Und es wird – als kleine Belohnung – in der Weltrangliste weiter nach oben gehen. „Ich habe schon einmal gerechnet“, informiert uns der blonde Defensivkünstler, der im ersten Durchgang gegen den Asienmeister einen Satzball vergab. „Unter den Top 30 werde ich auf jeden Fall landen. Das ist meine bislang beste Platzierung überhaupt.“ 

Da, wo „Dima“ Ovtcharov gegen Koki Niwa hin möchte, ist der 13-jährige Wunder-Japaner Tomokazu Harimoto bereits angelangt, der den routinierten Slowaken Lubomir Pistej in fünf Sätzen ausschaltete und beinahe jeden Tag sein Stück Tischtennisgeschichte schreibt. Nun trifft er im WM-Viertelfinale auf einen Chinesen – ob dieser Xu Xin oder Lin Gaoyuan heißt, entscheidet sich am Sonntag ab 10 Uhr. Und eine Stunde später steigt dann endlich Dimitrij Ovtcharov in den Ring, der in seinem Achtelfinal-Match mit Niwa einen Gegner auf Augenhöhe vor der Brust hat.  

Herren-Einzel, Achtelfinale

Tomokazu Harimoto JPN – Lubomir Pistej SVK 4:1 (12:10, 11:8, 11:9, 9:11, 11:9)

Ruwen Filus GER – Fan Zhendong CHN 2:4 (11:13, 13:11, 7:11, 3:11, 11:9, 3:11)

Marcos Freitas POR – Timo Boll GER 1:4 (11:5, 7:11, 13:15, 9:11, 6:11)

Ma Long CHN – Chuang Chih-Yuan TPE 4:0 (11:8, 13:11, 11:1, 11:6)

Lee Sangsu KOR – Vladimir Samsonov BLR 4:0 (11:9, 11:1, 11:3, 11:9)

Jeong Sangeun KOR – Wong Chun Ting HKG 1:4 (7:11, 11:13, 8:11, 11:6, 7:11)

Damen-Einzel, Halbfinale

Ding Ning CHN – Miu Hirano JPN 4:1 (11:4, 11:8, 11:8, 5:11, 11:5)

Zhu Yuling CHN – Liu Shiwen CHN 4:3 (10:12, 11:9, 7:11, 11:8, 8:11, 11:9, 11:5)

Herren-Doppel, Halbfinale

Fan Zhendong/Xu Xin CHN – Koki Niwa/Maharu Yoshimura JPN 4:0 (11:7, 11:2, 11:7, 11:4)

Masataka Morizono/Yuya Oshima JPN – Jeoung Youngsik/Lee Sangsu KOR 4:2 (11:3, 6:11, 11:8, 8:11, 11:3, 11:6)  

WM 2017 auf der Webseite der ITTF

Text: Dr. Stephan Roscher

Fotos (2): ITTF