Shan Xiaona braucht sich ihrer knappen Viertelfinal-Niederlage gegen die 16-jährige Sun Yingsha nicht zu schämen. Der jugendliche Wirbelwind wurde zur Spielerin der Japan Open und sicherte sich Gold im Damen-Einzel und -Doppel. Bronze gab es für Han Ying.
Sun Yingsha besiegte im Halbfinale ihre zwei Jahre ältere Landsfrau Wang Manyu ohne Satzverlust, musste beim 16:14, 11:9, 14:12 und 11:7 aber in drei Durchgängen Schwerstarbeit verrichten. Umso beeindruckender ihre nervliche Stabilität.
Die an zwei gesetzte Weltranglistenfünfte Chen Meng, die zuvor die WM-Dritte Miu Hirano (Japan) locker ausgeschaltet hatte, war derweil auch im Halbfinale von Han Ying nicht zu stoppen. Wie auch, wenn es darauf ankommt, sind die Top-Chinesinnen kaum von einer Abwehrspielerin zu stoppen. Wie man dagegen zu agieren hat, das beherrschen sie aus dem Effeff. Bronzemedaillengewinnerin Han konnte gegen Chen den vierten Satz für sich verbuchen – das war es dann aber auch (7:11, 8:11, 8:11, 11:7, 5:11).
Han Ying spielte in jedem Fall ein starkes Turnier in Japan, was man ohne Weiteres auch Shan Xiaona attestieren darf.
Im Endspiel des Damen-Einzels schien es zunächst so als würde der Siegeszug der jungen chinesischen Senkrechtstarterin gestoppt werden. Mit 9:11, 11:9, 8:11 und 8:11 lag sie nach vier gespielten Sätzen in Rückstand und ihre renommierte 23-jährige Kontrahentin schien dicht vor dem Turniersieg zu stehen. Doch dann legte Sun ihre zuvor erkennbare Scheu vor dem großen Namen ab, spielte unbeschwerter auf als während der ersten Häfte des Matchs und drehte die Angelegenheit noch. Mit 11:7, 11:9 und 11:8 gingen die Durchgänge fünf, sechs und sieben an die hoch talentierte 16-Jährige.
Die meinte nach der Siegerehrung recht bescheiden: „Natürlich freue ich mich sehr, dass ich dieses schwierige Turnier gewinnen konnte. Damit hätte ich vorher nicht gerechnet. Ich muss aber auch sagen, dass es mein erstes Turnier überhaupt im Seniorenbereich war. Deshalb hatte ich nicht allzu viel Druck und konnte lockerer spielen als meine Gegnerinnen.“
Das Damen-Doppel hatte Sun Yingsha an der Seite von Chen Xington bereits am Vortag mit einem 3:2-Finalsieg über Yang Haeun/Jeon Jihee (Korea) siegreich beendet.
Klar haben Tischtennis-Youngster schon World-Tour-Turniere bei den „Großen“ gewonnen – man könnte vom Harimoto-Effekt sprechen – aber so eines mit acht Top 10-Spielerinnen der Weltrangliste dann doch eher nicht. Und dazu – wie Ma Long – Gold im Einzel und Doppel. Wahnsinn!
Unser Fazit: wenn sich der Tischtennis-Teenager aus dem Reich der Mitte nicht in den nächsten zwei, drei Jahren durch Unvorherzusehendes aus der Bahn werfen lässt, haben wir in Tokio nicht eine Kandidatin für den Thron, sondern DIE naturgegebene Ding-Ning-Erbin zu sehen bekommen.
Da wird es fast zur Randnotiz, wenn wir abschließend vermelden, dass sich Ma Long Gold im Herren-Einzel sicherte in der Neuauflage des WM-Finales von Düsseldorf. Nur besiegte er diesmal seinen Herausforderer Fan Zhendong doch ein gutes Stück deutlicher. 4:1 (11:7, 5:11, 11:7, 11:8, 11:5) hieß es am Ende für die unangefochtene Nummer eins im Welttischtennis. Somit hat es Ma erstmals in seiner so erfolgreichen Karriere geschafft, die Japan Open zu gewinnen. Gestern schon hatte er das Doppel-Turnier zusammen mit Xu Xin siegreich beendet.
Nachzutragen ist noch, dass U21-Gold an Lim Jonghoon (Korea) – bei einem starken 3. Platz für Qiu Dang – und Yuka Umemura (Japan) ging.
Japan Open auf der Webseite der ITTF
Text: Dr. Stephan Roscher
Fotos (3): ITTF