Nur noch zwei Siege von Europas Krone sind die deutschen Nationalteams bei der EM in Luxemburg entfernt. Souverän erreichten beide die Halbfinals mit 3:0-Erfolgen über die Ukraine (Herren) und Polen (Damen). Die Gegner sind nicht die, die die meisten erwartet hatten.
Ohne Satzverlust – wie schon in den Partien zuvor – fertigten die männlichen DTTB-Asse in der Runde der letzten Acht auch die Ukraine mit 3:0 ab, der man immerhin zugetraut hatte, in Person von Kou Lei dem deutschen Trio Ovtcharov, Boll und Filus etwas mehr Widerstand entgegenzusetzen. Doch Kou blieb gegen Timo Boll ebenso weit von einem Satzgewinn entfernt wie Viktor Yefimov gegen Dimitrij Ovtcharov und Yevhen Pryshchepa gegen Ruwen Filus.
Nach diesem überzeugenden Auftritt haben die deutschen Herren bereits Bronze sicher, doch das interessiert sie nicht. Sie wollen den Titel und bleiben der heißeste Anwärter darauf, zumal sich nach und nach immer mehr hoch gehandelte Konkurrenten verabschieden. So heißt der Halbfinalgegner überraschend Slowenien (Samstag, 19 Uhr) – das Tokic-Team brachte tatsächlich das Kunststück fertig, nach den Österreichern in der Gruppe am Freitag im Viertelfinale auch die favorisierten Schweden durch einem 3:2-Erfolg aus dem Turnier zu werfen. Dimitrij Ovtcharov analysiert die Situation nüchtern und verfällt nicht in Euphorie: „Wir sind absolut im Soll. Aber wir haben hier noch gegen keine Top-Mannschaft gespielt. Das wird sich im Halbfinale ändern.“
Ein wenig mehr schwitzen als ihre männlichen Kollegen mussten die DTTB-Damen, gaben sie doch gegen die Polinnen zwei Sätze ab. Dennoch gelang ein überzeugender Sieg, denn besonders Polens Spitzenspielerin Li Qian ist schon eine echte Hausnummer. Han Ying büßte im knapp einstündigen Defensiv-Duell gegen Li einen Satz in der Verlängerung ein, gewann die restlichen drei Durchgänge aber relativ deutlich. Einen Satz gab auch Nina Mittelham im letzten Match der Partie gegen Natalia Partyka ab, doch auch Serien-Paralympics-Siegerin Partyka ist kein Nobody. Überhaupt wird die 20 Jahre alte Bad Driburger Bundesligaspielerin allmählich zur Entdeckung dieses Turniers. Die EM-Debütantin feierte gegen Polen ihren vierten Sieg im vierten Spiel. Mittelham: „Ich habe ein gutes Selbstvertrauen. Und das wird hier von Spiel zu Spiel stärker.“ Vor Mittelhams Siegpunkt hatte sich Shan Xiaona an Katarzyna Grzybowska-Franc mit 3:0 schadlos gehalten.
Viele hatten auf ein Semifinale zwischen Deutschland und Österreich gesetzt, da man die Niederländerinnen ohne Li Jiao nicht für ausgeglichen besetzt hielt, Liu Jia und Kolleginnen auszuschalten. Doch das erwies sich als Irrtum. Holland siegte mit 3:2 und machte damit das Luxemburg-Desaster für den ÖTTV perfekt – die Herren waren als Titelverteidiger bereits in der Gruppenphase gescheitert und dümpeln nun in den Platzierungsspielen um die Ränge 9 bis 16 herum. Bereits um 10 Uhr am Samstag kommt es zum Duell zwischen der DTTB-Auswahl und den Niederlanden.
HERREN, ENDRUNDE
Viertelfinale
Deutschland – Ukraine 3:0
Timo Boll – Kou Lei 3:0 (7,8,5)
Dimitrij Ovtcharov – Viktor Yefimov 3:0 (5,9,6)
Ruwen Filus – Yevhen Pryshchepa 3:0 (5,9,7)
Schweden – Slowenien 2:3
Frankreich – Griechenland 3:0
Portugal – Kroatien 3:1
Samstag, Halbfinale
Frankreich – Portugal (16 Uhr)
Deutschland – Slowenien (19 Uhr)
Sonntag, Finale
17 Uhr
DAMEN, ENDRUNDE
Viertelfinale
Deutschland – Polen 3:0
Han Ying – Li Quian 3:1 (7,-13,6,8)
Shan Xiaona – Katarzyna Grzybowska-Franc 3:0 (4,4,6)
Nina Mittelham – Natalia Partyka 3:1 (-9,10,4)
Österreich – Niederlande 2:3
Russland – Ungarn 3:1
Rumänien – Portugal 3:0
Samstag, Halbfinale
Deutschland – Niederlande (10 Uhr)
Russland – Rumänien (13 Uhr)
Sonntag, Finale
14 Uhr
EM 2017 auf der Webseite der ETTU
EM 2017 auf der Webseite der ITTF
Text: Dr. Stephan Roscher
Foto: ITTF