Dreimal Gold für China, einmal für Japan – der DTTB-Tross reist von den Grand Finals ohne Titel nach Hause. Legt man allerdings Ovtcharovs Sprung an die Weltranglistenspitze zu Grunde, kann man natürlich auch einen deutschen Erfolg konstatieren.
Dass der 2017 sechsmal bei Turnieren erfolgreiche Ovtcharov bei der Neuauflage des Vorjahres-Endspiels mit Silber Vorlieb nehmen musste, ist zu verschmerzen, auch wenn das Finale gegen einen extrem starken Fan Zhendong natürlich schon ein Prestigekampf erster Güte war. Schließlich hätte auch der 20-jährige Chinese in Astana zur Nummer eins der Welt werden können – nur war das eben aus eigener Kraft nicht möglich und Rivale Ovtcharov spielte nicht mit. Im Finale zeigte Fan dann aber doch seine ganze Klasse, an diesem Tag war für den Deutschen einfach nicht mehr drin. 11:7, 11:9, 11:7, 12:10 – nicht ein Satzgewinn war Dima vergönnt, obwohl er phasenweise auf Augenhöhe war, die Bigpoints jedoch nicht machen konnte. Als Trostpflaster gab es 55.000 US-Dollar für den 29-Jährigen, während Fan sich über den Siegerscheck in Höhe von satten 100.000 Dollar freuen durfte. Um immerhin noch 35.000 Dollar reicher trat Timo Boll die Heimreise an, der am Vorabend wenigstens zwei Sätze gegen Fan hatte gewinnen können und mit seiner Bronzemedaille ein erfolgreiches Jahr positiv abschloss.
Dimitrij Ovtcharov gab nach seiner Niederlage zu Protokoll: „Es war ein gutes Finale, in dem Fan unglaublich stark gespielt hat. Gegen die Chinesen muss man jede kleine Chance, die sich bietet, auch nutzen. Das habe ich im zweiten und vierten Satz, die ich beide hätte gewinnen können, nicht gemacht. Ich bin dennoch super zufrieden, auch diesmal wieder das Finale erreicht zu haben. Im Januar die Nummer 1 der Welt zu sein, ist die Erfüllung eines Traumes und fühlt sich an wie ein Welttitel.“
Das 100.000 Dollar-Rekord-Preisgeld sackte auch die bisherige Nummer zwei der Tischtennis-Damenwelt, Chen Meng ein, die im Finale der Branchenführerin Zhu Yuling keinen Stich gönnte und mit 11:6, 11:3, 11:6 und 12:10 unerwartet deutlich gewann. Folglich wird sich im Januar auch bei den Damen etwas im Welt-Ranking tun. Chen und Zhu werden die Plätze tauschen. Bronze ging an Chen Xingtong und Gu Yuting, die im ITTF-Klassement auch weiter nach vorne kommen werden – Chen ist momentan noch die Nummer 10, Gu die Nummer 17 der Welt. Gewinnerin Chen Meng sagte nach der Siegerehrung: „Ich hatte mich eigentlich darauf eingestellt, gegen Yuling über die volle Distanz von sieben Sätzen zu gehen. Ich hatte sie zwar schon einmal in diesem Jahr geschlagen, aber das war ein ganz knappes Spiel gewesen. Ich war sehr gut vorbereitet, hatte heute aber auch das nötige Glück auf meiner Seite.“
Chen Meng durfte noch einen kleinen Aufschlag auf die 100.000 Dollar mit nach Hause nehmen, 16.000 Dollar Doppel-Siegprämie geteilt durch zwei kamen hinzu. 108.000 Dollar – ein sensationeller Ertrag für die erfolgreichste Starterin bei den Grand Finals! Dafür muss eine alte Frau sehr lange stricken. Im Finale ließ Chen an der Seite von Zhu den Japanerinnen Hina Hayata/Mima Ito beim 11:8, 11:8, 11:8, 11:9 keine echte Chance.
Bei den Herren ging der Doppel-Titel sogar an einen Bundesligaspieler und seinen japanischen Landsmann. Masataka Morizono (ASV Grünwettersbach) und Yuya Oshima konnten Ho Kwan Kit/Wong Chun Ting (Hongkong) in einem extrem dramatischen Endspiel ganz knapp besiegen (11:7, 6:11, 6:11, 12:10, 9:11, 12:10, 12:10).
GRAND FINALS – FINALSPIELE
Herren-Einzel
Dimitrij Ovtcharov – Fan Zhendong CHN 0:4 (-7,-9,-7,-10)
Damen-Einzel
Chen Meng CHN – Zhu Yuling CHN 4:0 (6,3,6,10)
Herren-Doppel
Masataka Morizono/Yuya Oshima JPN – Ho Kwan Kit/Wong Chun Ting HKG 4:3 (7,-6,-6,10,-9,10,10)
Damen-Doppel
Chen Meng/Zhu Yuling CHN – Hina Hayata/Mima Ito JPN 4:0 (8,8,8,9)
Text: Dr. Stephan Roscher
Fotos (4): ITTF