Am Samstag um 11 haben alle Spekulationen ein Ende. Dann zählt nur noch, was zwölf Spieler – drei im Ochsenhausener Dress, drei in den Saarbrücker Farben, drei im Düsseldorfer Trikot und drei im Werder-Outfit – in Neu-Ulm am Tisch zuwege bringen.
Wir befassen uns in diesem Artikel in erster Linie mit dem Halbfinale Ochsenhausen vs. Saarbrücken und fokussieren den bevorstehenden Pokal-Showdown aus Sicht der Oberschwaben, die in der ratiopharm arena als „Platzhirsch“ an den Start gehen werden. Natürlich wird auch das andere Vorschlussrunden-Match Düsseldorf vs. Bremen kurz beleuchtet.
Ochsenhausens Abo-Gegner Saarbrücken eine harte Nuss
Die Oberschwaben freuen sich auf den ersten großen Showdown des Jahres gegen den künftigen „Abo-Gegner“ aus dem Saarland mit dem langjährigen Ochsenhausener Tiago Apolonia. Mindestens viermal, möglicherweise aber auch fünf- oder sechsmal, werden sich die beiden Bundesligarivalen in der ersten Hälfte des Jahres 2018 gegenüberstehen. Man darf gespannt sein, welches der beiden Teams, die man in etwa als gleichstark einschätzen kann, die bessere Tagesform besitzt und das Endspiel erreicht.
Auch Düsseldorf und Bremen wollen Pokalgeschichte schreiben
Am Nebentisch werden Titelverteidiger Borussia Düsseldorf und der keineswegs zu unterschätzende SV Werder Bremen ihre Kräfte messen, der insgeheim auf einen zweiten großen Coup nach dem überraschenden Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2013 – im Finale wurde die TTF geschlagen – hofft. Die Borussia strebt in Neu-Ulm mit dem Weltranglisten-Dritten Timo Boll als Leitwolf ihren 26. nationalen Pokalsieg an – es wäre der 69. Titelgewinn der Rheinländer in ihrer Vereinsgeschichte, die im Erfolgsfall in der inoffiziellen deutschen Vereinsrangliste wieder mit den Fußballern des FC Bayern München gleichziehen würden.
„Das diesjährige Final Four ist unglaublich stark besetzt. Alle vier Klubs sind Topmannschaften und alle gut in Form. Auch wir sind gut drauf und haben daher gute Chancen, unseren Titel zu verteidigen“, meint Timo Boll. Borussia-Trainer Danny Heister gibt zu Protokoll: „Über einen möglichen Finalgegner mache ich mir im Moment wenig Gedanken, denn wir müssen erst einmal Bremen schlagen, und das wird eine harte Nuss. Aber natürlich wird Ochsenhausen mit aller Macht versuchen, ins Finale zu kommen. Die Jungs wissen, dass von ihnen jetzt Erfolge und zumindest Endspielteilnahmen gefordert werden, nachdem es in den letzten Jahren nicht geklappt hat.“
Werder-Trainer Cristian Tamas würdigt die herausragende Qualität des deutschen Serienmeisters und sieht sein Team dennoch nicht komplett chancenlos. „Wir wollen uns trotzdem unsere Chance erarbeiten“, sagt Tamas. „Wir werden sie bekommen. Fraglich ist nur, ob wir sie dann auch nutzen können.“ Und Teammanager Sascha Greber gibt die Devise aus: „Wir versuchen es einfach.“
Ochsenhausens Aufstellung noch offen – Kann Simon Gauzy spielen?
Eines ist sicher, auf einen leichten Gegner werden die Ochsenhausener Asse am Samstag nicht treffen, ob sie nun eine oder zwei Partien zu absolvieren haben. Die personelle Situation ist noch nicht abschließend geklärt. Zu gerne würde man auf Führungsspieler Simon Gauzy zurückgreifen, doch ist noch offen, ob der Weltranglisten-Neunte, er wäre vom internationalen Rang der zweithöchste Akteur beim Liebherr Pokal-Finale, überhaupt spielen kann. TTF-Präsident Kristijan Pejinovic informiert über Hintergrund und letzten Stand: „Simon hatte sich Anfang Dezember gegen Bergneustadt eine Art Hexenschuss zugezogen, die Rückenmuskulatur ist immer noch davon beeinträchtigt. Er war und ist deswegen in Behandlung in Ulm sowie bei Dr. Müller-Wohlfahrt in München. Ob es für ihn für Samstag reicht, ist noch offen.“
Immerhin kann Pejinovic vermelden: „Bis auf Simon sind alle unsere Spieler top drauf.“ Sollte es für Gauzy nicht reichen, müssen eben drei aus dem Quartett Hugo Calderano, immerhin Nummer 17 der Welt, Yuto Muramatsu, Jakub Dyjas und Joao Geraldo die Kastanien aus dem Feuer holen. Das würde die Sache nicht leichter machen, doch die TTF setzen in alle Spieler großes Vertrauen und gehen davon aus, dass jeder das Zeug hat, am Samstag Pokalgeschichte zu schreiben. Natürlich nur, wenn es optimal läuft und keiner übernervös an den Tisch geht.
TTF wollen vor ihrer Haustür für Furore sorgen
Für die junge Truppe ist es eine ganz besondere Ehre und Herausforderung, nach zwei vergeblichen Anläufen nun endlich vor der eigenen Haustüre um Pokalehren spielen zu dürfen. Und vor den eigenen Fans. 120 davon werden in Block 14 in blauen Fan-Shirts von TTF-Partner DONIC die „Blaue Wand“ bilden und ihr Team farbenfroh und lautstark unterstützen. Doch natürlich werden unter den 3.500 Zuschauern noch viel mehr Anhänger der Oberschwaben sein.
Sportlich gesehen ist alles möglich. Die Saarländer, Viertelfinal-Gegner der TTF in Europas Königsklasse, sind seit Jahren auf Augenhöhe mit den jungen Wilden von Dubravko Skoric, verfügen aber über mehr Erfahrung, was natürlich auch ein Aspekt ist, der bei solchen besonderen Duellen den Ausschlag geben kann. Dies wollen die TTF-Profis mit aller Macht verhindern.
Kristijan Pejinovic freut sich auf die zahlreichen Begegnungen gegen Apolonia und Co. in den kommenden Wochen: „Für die Zuschauer ist es ein attraktiver Gegner und für uns ist es ein Gegner, mit dem wir gut umgehen können. Das müssen wir jetzt nur unter Beweis stellen.“
Optimistische Saarbrücker spekulieren aufs Endspiel
Am Donnerstag gaben die Saarländer die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Leistungsträger Patrick Franziska um drei Jahre bis 2021 bekannt. Ein Schachzug, von dem man sich einen zusätzlichen kleinen Schub für Neu-Ulm erhofft. FCS-Trainer Slobodan („Bobo“) Grujic hat alle Mann an Bord und freut sich auf das Großereignis in der ratiopharm arena vor toller Kulisse: „Das ist etwas Besonderes. Es macht einfach Spaß, dort zu spielen.“ Grujic zeigt sich optimistisch: „Die wichtigen Spiele gegen Ochsenhausen haben wir bisher meist gewonnen.“ Man kann von einem 50:50-Spiel ausgehen, das ist auch Grujic bewusst, der aber auf die größere Erfahrung seiner Spieler setzt – die Saarländer sind im Schnitt etwas über 30, während der TTF-Kader altersmäßig unter 22 liegt.
In der neu strukturierten Weltrangliste vom 1. Januar fielen drei von vier Saarbrücker Spielern zurück, nur Franziska konnte zulegen. Nach den Einstufungen im ITTF-Ranking wären die TTF im Vorteil mit Gauzy (9.), Calderano (17.), Dyjas (61.), Muramatsu (72.) und Geraldo (75.). Der Gegner bietet die Nummern 40 (Apolonia), 43 (Franziska), 93 (Tokic) und 222 (Baum) auf. Letzterer war international zuletzt meist inaktiv und fiel deswegen um sage und schreibe 121 Plätze zurück. Doch man weiß in Ochsenhausen, dass der ehemalige Jugendweltmeister an einem guten Tag gegen keinen TTF-Spieler ohne Chance ist. Und Baum ist eigentlich nur der Ersatzmann des 1.FCS. Aus der Weltrangliste, die ohnehin in ihrer neuen Form umstritten ist, kann man folglich keinen wirklichen Vorteil ableiten. Dort werden die Saarbrücker Spieler, die besonders in der Vorrunde der Champions League überragend und souverän auftraten, derzeit einfach unter Wert geführt.
Vorfreude und Hoffnung in Ochsenhausen
Was zählt, spielt sich am Samstag ab 11 Uhr und dann später im Finale am Tisch ab. Das ist die einzige Realität, alles andere ist bloße Spekulation, wenngleich es gerade im Spitzensport immer reizvoll ist, ein wenig zu spekulieren. TTF-Project Manager Manuel Pfender fiebert dem Samstag entgegen: „Der ganze Verein freut sich, beim Liebherr Pokal-Finale dabei sein zu dürfen und vor dieser großartigen Kulisse spielen zu können.“ Und Kristijan Pejinovic betont, dass die TTF, die bekanntlich noch auf allen drei Hochzeiten tanzen, am Saisonziel festhalten, mindestens einen Titel nach Oberschwaben holen zu wollen. Am liebsten würden sie gleich am Samstag damit beginnen.
Text & Fotos (3): Dr. Stephan Roscher