Die TTF Liebherr Ochsenhausen erhalten zur neuen Saison prominente Verstärkung. Am Rande der German Open hat der Champions-League-Halbfinalist am Mittwoch seinen Neuzugang, Österreichs Nummer eins Stefan Fegerl, präsentiert.
Der 29-jährige österreichische Nationalspieler, der noch bis Saisonende unter Vertrag bei Borussia Düsseldorf steht, schließt sich dem ambitionierten Klub aus Oberschwaben an und erhält zunächst einen Einjahresvertrag.
Pikant: Die Oberschwaben könnten in dieser Saison noch bis zu viermal auf Düsseldorf mit Fegerl treffen. Das Champions-League-Rückspiel am 6. April steht noch aus. Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass beide Teams in den Halbfinal Play-offs der Bundesliga aufeinandertreffen. Und sollte es da 1:1 stehen, gäbe es eine dritte Partie.
Es bestand Handlungsbedarf, da Joao Geraldo, der nach Frankreich in die Pro-A-Liga zu Angers wechselt, und Yuto Muramatsu, der in sein Heimatland Japan in die dortige neue Topliga geht, den Verein verlassen. Zudem durchliefen beide in den letzten Monaten große Formschwankungen und besonders Geraldo blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Beide bleiben indes Studenten des Liebherr Masters College und werden auch weiterhin in Ochsenhausen ausgebildet.
Mit Fegerl, der die Nummer eins der Alpenrepublik ist und schon auf Platz 19 der Weltrangliste stand, hat man sich für einen erfahrenen Spieler mit Kämpferherz entschieden, der die junge Mannschaft weiterbringen soll – gewissermaßen eine Art Leitwolf, der auch von der Mentalität gut zur Truppe passt. Zudem ist er als vorzüglicher Doppelspieler bekannt, was ab der kommenden Saison in der TTBL von besonderer Wichtigkeit ist. Schließlich ist er 2015 nicht von ungefähr zusammen mit dem Portugiesen Joao Monteiro Doppel-Europameister geworden.
Fegerl will wieder unter die Top 20 der Welt
Der 1,86 Meter große Angriffsspieler ist nach wie vor einer der besten Spieler Europas. Er war zuletzt im Juni 2017 die Nummer 19 der Tischtenniswelt – lange stand er unter den TOP 30, erst nach dem neuen Ranking-System fiel er zurück, da er aufgrund der Geburt seines zweiten Sohnes monatelang nur wenige Turniere spielte. Aktuell findet man den viermaligen österreichischen Einzelmeister auf Platz 40, doch dorthin, wo er vor neun Monaten stand, will er wieder zurück – und die Chancen stehen nicht schlecht, da er wieder vermehrt internationale Turniere spielt. Aktuell hat er bei den German Open seine Quali-Gruppe gewonnen und dabei den Grünwettersbacher TTBL-Spieler Dang Qiu (4:2) sowie den künftigen Grenzauer Marcelo Aguirre (4:1) geschlagen.
In der TTBL beträgt seine aktuelle Bilanz 9:8, in der vorigen Saison spielte er 9:4. Der sympathische, sehr kommunikative Österreicher, der in Wien lebt und den keine Weltreise von Ochsenhausen trennt, ist auf jeden Fall ein Akteur, der im deutschen Oberhaus im Normalfall positive Ergebnisse erzielt und motivierend auf seine Mitspieler einwirkt – ein echter Teamplayer. Nach eigener Aussage will er oben nochmals angreifen und sieht sein Potenzial noch nichts als ausgereizt an. „Das Top-Training in Ochsenhausen mit den international anerkannten Spitzentrainern wird mich weiter voran bringen, da bin ich mir sicher“, so Fegerl, in dessen Familie Tischtennis eine wichtige Rolle spielt. Fegerls Lebensgefährtin ist die ehemalige österreichische Weltklassespielerin mit chinesischen Wurzeln Li Qiangbing.
Fegerl: „Wir haben das Zeug dazu, Titel zu holen“
Stefan Fegerl, der mit dem einstigen österreichischen Topklub SVS Niederösterreich große Erfolge auf nationaler und internationaler Ebene, bis hin zur Finalteilnahme in der Champions League und zum Gewinn des ETTU-Cups, feierte, freut sich auf Ochsenhausen. „Ich will im Tischtennis noch etwas erreichen und bin sehr froh und auch ein bisschen stolz darauf, dass ich nach meiner Zeit in Düsseldorf mit Ochsenhausen bei einem weiteren deutschen Topklub spielen kann“, so der hagere Österreicher. „Ich beobachte den Verein schon lange – ich war sogar zu Rainer Ihles Zeiten dort schon mal als Spieler im Gespräch – und weiß, was für eine tolle Arbeit bei den TTF sowie im Liebherr Masters College geleistet wird. Ochsenhausen ist eine der wenigen Tischtennis-Topadressen in Europa. Das gute Training dort ist berühmt.“ Fegerl sieht seine neue Aufgabe mit Optimismus: „Ich freue mich drauf und bin überzeugt, dass ich mich mit den Jungs prima verstehen werde und dass wir zusammen viel erreichen können. Solange ich noch in Düsseldorf Vertrag habe, gebe ich natürlich alles für diesen Verein – das ist einfach eine Frage des Anstands. Aber ab dem Sommer will ich mit den TTF angreifen und ich glaube, dass wir das Zeug dazu haben, Titel zu holen.“
Pejinovic: „Wir liegen auf einer Wellenlänge“
TTF-Präsident Kristijan Pejinovic freut sich auf die Zusammenarbeit mit Fegerl: „Stefan war unser Wunschkandidat, er passt zu uns und wird das Team gut ergänzen sowie einen weitere Schritt voranbringen. Wir haben uns auf Anhieb prima verstanden und liegen auf einer Wellenlänge. Folglich war es völlig unproblematisch, mit Stefan eine Einigung zu erzielen.“ Eine Abkehr von der Ochsenhausener Philosophie, die Talente aus dem Liebherr Masters College nach oben zu bringen, sieht Pejinovic nicht. „Im Augenblick haben wir keinen im LMC, der schon so weit ist, das dauert noch ein bis zwei Jahre“, so der TTF-Chef. „Es bringt auch nichts, einen jungen Spieler zu früh hineinzuwerfen und zu verheizen. Wir bleiben unserer Philosophie treu.“ In der gegenwärtigen Situation helfe den TTF aber „ein erfahrener, positiv denkender Spieler wie Stefan, der sich mit seinen neuen Teamkollegen gut verstehen wird, mehr, als wenn wir jemanden, der noch Zeit benötigt, ins kalte Wasser werfen.“ Pejinovic ist überzeugt: „Wir werden auch in der Saison 2018/19 eine sehr gute Mannschaft haben, die um Titel spielen wird. Simon Gauzy, Hugo Calderano, Jakub Dyjas und jetzt noch Stefan Fegerl – mit diesen Spielern, die allesamt auch tolle Typen sind, brauchen wir uns vor niemandem zu verstecken.“
Blondel: „Fegerl passt perfekt zu unserer Philosophie und Mentalität“
Auch TTF-Sportdirektor Michel Blondel ist sehr angetan von der Verpflichtung des Österreichers. „Ich kenne ihn, seit er Junioren-Spieler war und er hat oft gegen die jungen französischen Spieler gespielt, die ich damals betreut habe“, so Blondel. „Ich weiß, dass er ein guter Spieler ist und sogar noch besser werden kann – und wir wollen ihm dabei helfen. Außerdem liebt er Tischtennis und ist ein guter, positiver Typ – und genau solche Spieler brauchen wir in Ochsenhausen. Stefan passt perfekt zu unserer Philosophie und Mentalität.“ Blondel sieht kein Abrücken vom Ochsenhausener System. „Natürlich arbeiten wir weiter intensiv mit unseren Talenten, die aus dem LMC kommen. Wenn wir nun einmal eine gewisse Zeit mit nur 75 Prozent Spielern aus dem College aufgestellt sind, bedeutet das keinen Systemwechsel. Wir haben vielversprechende Talente dort, aber zur Zeit sind sie noch nicht so weit.“
Text & Foto: Dr. Stephan Roscher