TTBL-Bewerber Jülich zog am letzten Zweitliga-Spieltag den Kopf aus der Schlinge durch einen 6:3-Sieg über Frickenhausen bei einer gleichzeitigen Mainzer 2:6-Niederlage gegen Bad Hamm. Nun steht man mit anderthalb Beinen im Oberhaus statt in der 3. Liga.
Projekt TTBL: Jülich war zum Siegen verdammt, Mainz musste verlieren
Es kam sportlich letztlich so, wie es aus Jülicher Sicht kommen musste, da die Vereine der TTBL vor einigen Wochen eine Wildcard für den TTC abgelehnt hatte. Somit war der Nichtabstieg aus Liga 2, also mindestens Platz 8, das K.o.-Kriterium für den angestrebten Aufstieg in die TTBL. Und vor dem 18. Spieltag stand die Truppe aus der westlichen Grenzregion zu Belgien und den Niederlanden auf Platz 9 mit einem Punkt Rückstand auf die Mainzer.
Letztere waren bereits gerettet, da sie auch im Fall des Abrutschens auf den vorletzten Platz vom Aufstieg der Jülicher sowie dem Rückzug Frickenhausens profitieren und im Unterhaus bleiben würden. Doch wollten sich die Rheinhessen – nach einer nicht zuletzt aufgrund der Leistungen ihrer beiden jungen Asse Irvin Bertrand und Anders Lind starken Saison – keineswegs von ihrem Publikum mit einer Heimniederlage verabschieden. Schon bei einem Remis des FSV gegen Bad Hamm, später Dritter des Endklassements, hätte es für Jülich, dann bei Punktgleichheit aufgrund der schlechteren Spiele-Differenz, nicht gereicht.
Doch Mainz kam in eher schwacher Aufstellung, ohne seine beiden jungen Topspieler aus Frankreich und Dänemark – der künftige Grenzauer Lind wurde wegen Hüftproblemen nur im Doppel eingesetzt – gegen hoch motivierte Hammer nicht richtig ins Spiel. Nur Dennis Müller (3:0 gegen Henning Zeptner) und das Doppel Lind/Mladenovic (3:0 gegen Kanamitsu/Engemann) punkteten.
Jülich behält die Nerven
Somit waren die Voraussetzungen für Jülich geschaffen, die das natürlich noch nicht wussten und zur selben Zeit ihren Kampf gegen Liga 3 und für Liga 1 gegen die scheidenden Frickenhäuser ausfochten. Im Fall von Platz 9 hätte man übrigens in der Relegation um den Verbleib im Unterhaus spielen müssen.
Zwei Stunden und 40 Minuten mussten die „Indeländer“ und 125 Fans – trotz der Bedeutung der Partie immer noch leicht unter dem Liga-Schnitt von 134 – zittern, bis die Kuh vom Eis war und die positive Nachricht aus Mainz eintrudelte. Selbst hatte man zunächst den Grundstein durch einen 2:0-Start aus den Doppeln gelegt. Der Japaner Hibiki Tazoe (3:0 gegen Martin Allegro) und der Portugiese Diogo Chen (3:1 gegen Brian Afanador) hatten dann jedoch kurzzeitig den Gastgeber durch den Ausgleich zum 2:2 geschockt. Doch die Jülicher fanden schnell zurück ins Spiel und zogen durch drei recht eindeutige Siege in Folge von Tobias Rasmussen, Aliaksandr Khanin und Martin Allegro auf 5:2 davon. Der Puerto Ricaner Brian Afanador musste sich dann zwar auch Hibiki Tazoe beugen, doch Rasmussen machte mit einen Dreifach-11:8 gegen den in den letzten Monaten ziemlich schwachen Qiu Liang alles klar, so dass – die News aus Mainz war zwischenzeitlich eingetroffen – in Jülich gejubelt und gefeiert werden durfte. Platz 8 war erreicht, der „Platz an der Sonne“ für den großen Sprung nach oben. Präsident Mike Küven gab sichtlich mitgenommen zu Protokoll: „Das brauche ich nicht nochmal!“ Man darf gespannt sein, welchen Belastungsproben sein Nervenkostüm künftig in der TTBL ausgesetzt sein wird.
Wenn nun noch die Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die TTBL Sport GmbH positiv ausfällt, womit gerechnet wird, wird der Ex-Erstligist – von 1977 bis 2010 gehörte Jülich ohne Unterbrechung der deutschen Eliteliga an – in der Saison 2018/19 als elfter Klub in der TTBL aufschlagen. Diese kommt damit der anvisierten Sollstärke von zwölf Teams einen gehörigen Schritt näher. Gut für die Tischtennis Bundesliga – auch der Umstand, dass es endlich wieder einen Absteiger geben wird, denn einer Liga ohne Abstiegskampf fehlt das Salz in der Suppe.
Unglückliche Saison der Kölner „Geißböcke“, Bad Homburg hochzufrieden
Somit muss nur der 1. FC Köln, der eigentlich eine Zweitliga-taugliche Truppe am Start und im Lauf der Runde bei vielen knappen Niederlagen Pech hatte, den bitteren Gang in Liga 3 antreten. Immerhin glänzten zwei Spieler der Geißböcke – Alberto Mino und Gianluca Walther – mit Topbilanzen, doch die restlichen Akteure blieben unter ihren Möglichkeiten und die Doppel konnten auch nichts herausreißen.
Den bis zuletzt umkämpften 2. Platz im Unterhaus sicherte sich am Sonntag – nach starker Vorrunde und dürftiger Rückserie – der TTC OE Bad Homburg durch einen 6:4-Erfolg über die Dortmunder Borussia. Die bisher beste Platzierung in der Geschichte des Klubs aus dem zur mondänen Kurstadt gehörenden Dorf Ober-Erlenbach. 2020 wollen dann auch die Hessen erstklassig sein – man arbeitet dem Vernehmen nach unter Hochdruck daran, dafür die finanziellen Strukturen zu schaffen. „Aufstieg 2020“ nennt sich das entsprechende Projekt des TTC OE. Dass der Aufstieg in die Beletage des deutschen Tischtennis kein Zuschussgeschäft sein muss, hat gerade der TSV Bad Königshofen eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Text & Foto Allegro: Dr. Stephan Roscher
Teamfoto: TTC indeland Jülich