Auch die zweite Partie des amtierenden Meisters Ochsenhausen brachte nicht den erhofften Erfolg. Ohne Topmann Calderano, der am Sonntag noch bei den Czech Open in Olmütz spielen musste und Bronze holte, musste man nach 140 Minuten dem TTC RS Fulda-Maberzell zu einem 3:1-Erfolg gratulieren.
Bei Fulda überragte der gerade erst von einen heftigen Grippe mit über 40 Fieber genesene Tomislav Pucar. Bei Ochsenhausen konnte nur Debütant Vladimir Sidorenko überzeugen. Vor allem Simon Gauzy hatte einen rabenschwarzen Tag erwischt. In seinem ersten Match gegen Filus kam auch noch etwas Pech hinzu, während bei seinem zweiten Auftritt Kontrahent Pucar alles traf, was sich bewegte, so dass das Gästeteam am Ende mit leeren Händen die Heimreise aus Osthessen antreten musste.
Dabei war der Beginn eigentlich vielversprechend aus Sicht der Oberschwaben. Stefan Fegerl hatte den 1,97 Meter langen Kroaten Pucar zwei Sätze lang gut im Griff. Doch dann kam Pucar, der auf internationaler Ebene zuletzt mit starken Resultaten geglänzt hatte, besser ins Spiel und traf vor allem mit seiner Rückhand immer besser. Fegerl dagegen verlor ein wenig die Linie und setzte die taktischen Vorgaben von Cheftrainer Dmitrij Mazunov nicht mehr so konsequent um. So hieß es am Ende 2:3 – der Gastgeber lag vor gut 300 Zuschauern in Führung und die bis dahin bei den hochsommerlichen Temperaturen etwas schläfrig wirkenden Heimfans wachten auf und stärkten ihrem Team von da an lautstark den Rücken.
Aber noch war nicht viel passiert. Simon Gauzy, am Freitag bei den Czech Open im Achtelfinale gegen den Südkoreaner Lee Sangsu ausgeschieden (2:4), sollte die Truppe aus Oberschwaben gegen Defensivkünstler Ruwen Filus wieder auf Kurs bringen, gegen den er zuletzt immer gewonnen hatte. Doch auch in diesem Match lief es nicht nach Plan, wenngleich auch hier anfänglich alles auf einen Sieg des Ochsenhausers hinzudeuten schien. Auch hier geriet Sand ins Getriebe, Filus steigerte sich und Gauzy kam zunehmend vom Kurs ab und schien auch von der Konzentration her nicht mehr ganz auf der Höhe zu sein – allerdings war es in der Halle stickig und schwül, doch darunter hatten ja alle Akteure zu leiden. Filus ging mit 2:1 Sätzen in Führung, Gauzy egalisierte, lag jedoch im Entscheidungssatz rasch mit 2:7 in Rückstand, wobei sein Gegner mehrere Netz- und Kantenbälle in den entscheidenden Momenten hatte. Es kam wie es kommen musste: Auch dieses Match ging mit 2:3 verloren, die TTF lagen zur Pause mit 0:2 zurück.
Nun lastete natürlich gehöriger Druck auf den Schultern des 17-jährigen Vladimir Sidorenko, der das Linkshänder-Duell gegen Fuldas 18-jährigen Youngster Fan Bo Meng gewinnen musste, um sein Team im Spiel zu halten. Vom ersten Ball an übernahm Sidorenko die Initiative und setzte seinen Gegner mächtig unter Druck, der nur reagieren konnte. So war das 11:0 zugunsten Sidorenkos im ersten Satz kein Zufall sondern das folgerichtige Produkt eines extrem konsequenten Angriffsspiels mit hoher Präzision. Zwar konnte Trainersohn Meng die nachfolgenden beiden Sätze etwas knapper gestalten, doch ernsthaft gefährden konnte er Sidorenko nie. Der erste Bundesligasieg des jungen Russen, der mit dem Willen und Biss zur Sache ging, wie man sie braucht, um solche Spiele zu gewinnen, war hochverdient und stand zu keinem Zeitpunkt in Frage.
Würde dieser Erfolg seinen Teamkollegen einen Push geben, würden sie die Steilvorlage des Jüngsten nutzen, um die Partie noch zu drehen? Immerhin hätte man im Schlussdoppel mit Fegerl/Dyjas ein letzte Saison überaus erfolgreiches Duo ins Rennen werfen können. Doch es kam nicht dazu. Im Duell der Spitzenspieler zeigte sich Simon Gauzy noch stark beeindruckt von seiner Auftaktniederlage und ließ das nötige Selbstbewusstsein vermissen, um Tomislav Pucar, der – vor allem wieder mit seiner „Killer-Rückhand“ – fast nach Belieben traf, ernstlich in Gefahr zu bringen. Der Maberzeller, den Gauzy in der letzten Rückrunde noch geschlagen hatte, siegte klar und deutlich mit 11:6, 11:5 und 11:7 – die Messe war gelesen.
Stimmen zum Spiel
„Heute haben wir Vladimir die Chance gegeben und er konnte sie nutzen. Er hat bei seinem Debüt für uns eine sehr gute Leistung gezeigt“, hatte TTF-Trainer „Dima“ Mazunov wenigstens einen kleinen Grund zur Freude. Ansonsten hatte der 48-jährige frühere russische Nationalspieler nicht viel gesehen, was ihn begeistert hätte. „Das erste Spiel war der Knackpunkt, nachdem Stefan eine 2:1- und 9:7-Führung nicht nutzen konnte. Im zweiten Einzel hat Simon in fünf hart umkämpften Sätzen gegen Ruwen Filus sehr unglücklich verloren, da sein Gegner viele Netz- und Kantenbälle hatte“, so Mazunov. „Nachdem Pucar gegen Stefan noch gewinnen konnte, hat er im vierten Einzel gegen Simon, der das Spiel gegen Filus noch im Kopf zu haben schien, sehr gut gespielt, fast jeden Ball getroffen und verdient mit 3:0 gewonnen. Jetzt müssen wir eben nach vorne schauen und uns auf die nächsten Spiele konzentrieren.“
Der TTF-Youngster selbst war mit seinem eigenen Auftritt zwar sehr zufrieden, richtige Freude wollte sich aber über seinen ersten Bundesligasieg – letzte Saison in Bergneustadt war er nur dreimal zum Einsatz gekommen und jeweils leer ausgegangen – nicht einstellen: „Leider konnten wir das Spiel gegen Fulda nicht gewinnen. Deshalb bin ich alles in allem jetzt mehr traurig als glücklich.“ Seine eigene Leistung war tadellos. „Ich hätte nicht gedacht, dass es in meinem ersten Spiel für Ochsenhausen so gut laufen würde“, sagte Sidorenko. „Ich habe mich nicht unter Druck gefühlt, auch wenn ich bei einem 0:2-Rückstand an den Tisch musste. Der Trainer hat mir sehr geholfen, mich auf das Spiel zu konzentrieren und mich taktisch auf Fan Bo Meng einzustellen. Zusätzlich habe ich Fan Bo angemerkt, dass er etwas nervös war.“ Der 17-Jährige ergänzte: „Mit meiner eigenen Leistung heute bin ich sehr zufrieden.“
Die Erleichterung im Fuldaer Lager war dagegen deutlich spürbar. Schließlich wusste man vor der Partie nicht genau, wo man steht und ob man den Weggang von Wang Xi tatsächlich verkraften würde. Doch der war plötzlich überhaupt kein Thema mehr. „Wenn es perfekt läuft, gibt es in jedem Spiel eine Chance – und heute lief es perfekt“, freute sich Ruwen Filus. „In den ersten beiden Einzeln war es eine ganz enge Kiste, aber wir haben zweimal 3:2 gewonnen. Jetzt sind wir sehr glücklich. Ein Sieg gegen den Deutschen Meister macht Hoffnung auf mehr.“ Auch sein Teamkollege Tomislav Pucar zeigte sich erfreut. „Vor dem Spiel hatten wir keine großen Erwartungen, sondern wollten einfach unser Bestes geben. Der Start mit dem 0:2-Rückstand gegen Fegerl war dann nicht so gut, aber am Ende haben wir es trotzdem geschafft“, so der 23-jährige Kroate. „Doch es ist erst unser erster Sieg und die Saison ist noch lang. Ich hoffe, dass wir weiterhin gut spielen und weitere Siege holen werden.“
Nach der EM-Pause geht es erst in drei Wochen weiter für die Oberschwaben mit dem Heimspiel gegen den ebenfalls noch sieglosen TTC Zugbrücke Grenzau (15.09.). Dann müssen aber wirklich die ersten Punkte her, um nicht frühzeitig den Anschluss nach oben zu verlieren. Am selben Tag gastiert die Düsseldorfer Borussia – nach der heutigen 0:3-Schlappe mit einer Rumpftruppe in Saarbrücken dann sicher wieder mit „voller Kapelle“ – in der Wilmingtonhalle. Fulda-Maberzell kann sich erst einmal entspannt zurücklehnen. Die Partie gegen den Meister und Pokalsieger hat deutlich gezeigt, dass man sich in dieser Saison auch ohne Wang Xi keine Sorgen machen muss. Schließlich hat man einen Tomislav Pucar, der steil auf dem Weg nach oben ist. Und Ruwen Filus dürfte auch regelmäßig Punkte beisteuern.
Der komplette 2. TTBL-Spieltag in der Übersicht
TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell – TTF Liebherr Ochsenhausen 3:1
Tomislav Pucar – Stefan Fegerl 3:2 (4:11, 8:11, 11:7, 11:9, 11:8)
Ruwen Filus – Simon Gauzy 3:2 (4:11, 11:8, 11:6, 7:11, 11:6)
Fan Bo Meng – Vladimir Sidorenko 0:3 (0:11, 7:11, 10:12)
Tomislav Pucar – Simon Gauzy 3:0 (11:6, 11:5, 11:7)
Zuschauer: 310
TTC Neu-Ulm – Post SV Mühlhausen 1:3
Tiago Apolonia – Ovidiu Ionescu 3:1 (10:12, 11:9, 11:8, 12:10)
Viktor Brodd – Daniel Habesohn 1:3 (11:6, 8:11, 8:11, 9:11)
Gustavo Tsuboi – Steffen Mengel 2:3 (9:11, 5:11, 11:7, 11:8, 10:12)
Tiago Apolonia – Daniel Habesohn 1:3 (11:9, 7:11, 7:11, 7:11)
Zuschauer: 350
1. FC Saarbrücken TT – Borussia Düsseldorf 3:0
Shang Kun – Ricardo Walther 3:1 (11:5, 11:2, 9:11, 11:8)
Darko Jorgic – Anton Källberg 3:0 (11:8, 11:7, 11:4)
Cristian Pletea – Danny Heister 3:0 (11:9, 11:4, 11:4)
Zuschauer: 450
TTC Zugbrücke Grenzau – TTC Schwalbe Bergneustadt 0:3
Kanak Jha – Paul Drinkhall 2:3 (11:6, 8:11, 7:11, 11:4, 5:11)
Anders Lind – Benedikt Duda 1:3 (11:9, 12:14, 10:12, 9:11)
Ioannis Sgouropoulos – Alvaro Robles 1:3 (11:13, 5:11, 11:4, 9:11)
Zuschauer: 190
TTC indeland Jülich – TSV Bad Königshofen 1:3
Deni Kozul – Mizuki Oikawa 0:3 (7:11, 9:11, 9:11)
Dennis Klein – Bastian Steger 1:3 (6:11, 9:11, 12:10, 8:11)
Robin Devos – Kilian Ort 3:1 (13:11, 11:9, 9:11, 11:6)
Deni Kozul – Bastian Steger 1:3 (11:5, 1:11, 7:11, 7:11)
Zuschauer: 120
ASV Grünwettersbach – SV Werder Bremen 2:3
Wang Xi – Hunor Szöcs 3:2 (8:11, 9:11, 11:5, 11:9, 11:6)
Tobias Rasmussen – Mattias Falck 3:1 (6:11, 12:10, 11:8, 11:8)
Dang Qiu – Kirill Gerassimenko 0:3 (5:11, 7:11, 2:11)
Wang Xi – Mattias Falck 1:3 (11:6, 9:11, 6:11, 5:11)
Dang Qiu/Tobias Rasmussen – Hunor Szöcs/Kirill Gerassimenko 2:3 (6:11, 4:11, 11:9, 11:8, 6:11)
Zuschauer: 230
Text & Fotos (3): Dr. Stephan Roscher