Nur noch eine knappe Woche bis zum großen Pokal-Showdown. Am 4. Januar fällt in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena beim Liebherr Pokal-Finale die erste wichtige Entscheidung der Saison. Es gibt keinen Turnierfavoriten. Ochsenhausen, Düsseldorf und Saarbrücken ist der große Wurf gleichermaßen zuzutrauen.
Lediglich Grünwettersbach geht als Außenseiter ins Rennen. Halbfinalgegner Saarbrücken mit Patrick Franziska, Shang Kun und Darko Jorgic ist unter normalen Umständen für den ASV nicht zu packen. Man ist – nach den letzten Eindrücken in der Liga – ohnehin geneigt, die Saarländer in Neu-Ulm als leichten Favoriten auszumachen und dahinter Ochsenhausen und Düsseldorf auf etwa einer Linie zu sehen.
Düsseldorf braucht einen Boll in Topform
Der frühere Seriensieger Borussia Düsseldorf, letztes Jahr nach zuvor sechs Pokakgewinnen in Folge in einem denkwürdigen Viertelfinalmatch vom ASV Grünwettersbach gestoppt, möchte nach der bescheidenen Saison 2018/19 natürlich ein frühes Erfolgssignal setzen und mit dem Cupsieg allen demonstrieren, dass man sich wieder in einer „Titelsaison“ befindet.
Düsseldorfs Manko: Sehr viel, wenn nicht zu viel hängt von einem Timo Boll ab, der zwar auf den Punkt immer noch optimal fokussiert in solche Turniere gehen kann, aber nicht jünger wird. Patzt Boll indes im Halbfinale oder Endspiel, kann man die Borussia bei Rivalen wie Saarbrücken und Ochsenhausen fast schon abhaken.
Saarbrücken hat mit Franziska und Shang nun zwei Spieler im „Sortiment“, die ganz schwer zu schlagen sind. Und der Titelverteidiger, der bei 45 Kilometer Entfernung bis zur Halle naturgemäß wieder die meisten Fans hinter sich haben wird – im letzten Jahr war mit 4.020 Besuchern eine neue Rekordmarke erreicht worden –, hat mit dem Weltranglistensechsten Hugo Calderano einen Topmann, mit dessen aggressivem, risikoreichen Angriff auch ein Boll arge Mühe hat. Wenn Calderano trifft, was natürlich nicht an allen Tagen gleichermaßen der Fall ist, ist sein Tempo fast schon einen Tick zu hoch für das Aushängeschild des DTTB.
Der Weg nach Neu-Ulm: Achtelfinale schwieriger als Viertelfinale
Die drei Turnierfavoriten hatte alle im Achtelfinale mächtig zu kämpfen und verbuchten jeweils 3:2-Auswärtssiege: Ochsenhausen in Neu-Ulm, Düsseldorf in Bremen und Saarbrücken in Grenzau. Einzig Grünwettersbach hatte wenig Mühe – der Gegner war mit Zweitligist Bad Hamm aber auch kein „Riese“. Im Viertelfinale hatten die Badener mit Celle erneut einen Klub aus der 2. Liga aus dem Weg zu räumen und auch das gelang locker mit 3:0. Das Top-Trio dagegen „performte“ in Heimspielen gegen Ligarivalen aus der TTBL diesmal recht souverän – der FCS besiegte Bergneustadt ebenso mit 3:0 wie die TTF den Post SV Mühlhausen, und die Borussia behielt gegen Fulda mit 3:1 die Oberhand.
Stimmen und Stimmung der Final-Four-Teilnehmer
Saarbrückens Trainer Slobodan Grujic geht zwar davon aus, dass man im Halbfinale mit dem Bundesliga-Siebten Grünwettersbach „auf dem Papier die leichteste Aufgabe“ habe, warnt aber davor, sich voreilig auf das Endspiel zu fokussieren. „Trotzdem verfügen sie über eine starke Mannschaft und insbesondere ein gutes Doppel. Wir dürfen die Aufgabe auf keinen Fall leichtfertig angehen und müssen hundertprozentig konzentriert sein.“ In der Liga hatten die Saarländer die Aufgabe jedenfalls souverän gelöst und am 8. Spieltag mit 3:0 in Grünwettersbach in Topbesetzung – also mit Patrick Franziska, Darko Jorgic und Shang Kun – gewonnen. „Wir haben vor der Saison das Ziel formuliert, erneut ins Final Four zu kommen. Und wir sind sehr froh, dieses Ziel erreicht zu haben“, sagt ASV-Trainer Joachim Sekinger. Auch Sekinger weiß, dass seine Mannschaft am 4. Januar der Außenseiter ist. Dennoch ist der ASV-Trainer überzeugt, dass sein Team eine gute Rolle spielen kann: „Unsere Spieler haben ausreichend Erfahrung mit solchen Situationen.“ Wang Xi stand bereits viermal mit Fulda-Maberzell im Pokalfinale, Sathiyan Gnanasekaran und Dang Qiu blicken auf diverse wichtige internationale Einsätze zurück. „Wir haben ein starkes Team“, so Sekinger: „An einem guten Tag kann die Mannschaft jeden Gegner schlagen.“
In Ochsenhausen zeigt man sich zurückhaltend, wohl wissend, dass zur Titelverteidigung gleich zwei hochkarätig besetzte Gegner aus den Weg geräumt werden müssten. Andererseits liegt Halbfinalgegner Düsseldorf den TTF – die letzten drei Vergleiche wurden allesamt gewonnen. Mit Saarbrücken, das ein nicht unwahrscheinlicher Finalgegner wäre, hat man meist mehr Probleme. Gegen die Saarländer wurden beide Ligavergleiche in der aktuellen Saison verloren – unlängst in Saarbrücken allerdings knapp und unglücklich. In den letzten drei Bundesliga-Partien vor Weihnachten hat man souveräne Siege verbucht. Besonders aus dem glatten 3:0 in Grünwettersbach schöpft der derzeitige Tabellendritte der TTBL Selbstvertrauen. Cheftrainer Dmitrij Mazunov: „Ein toller Jahresabschluss, vom Ergebnis wirklich optimal. Die Jungs haben den Fight mit einer super Einstellung toll angenommen, obwohl sie nach so vielen Spielen in kurzer Zeit ein wenig müde waren. Nun gehen wir mit einem Erfolgserlebnis ins Liebherr Pokal-Finale und sind zuversichtlich, dort etwas erreichen zu können.“
Die Spieler der Düsseldorfer Borussia stehen seit dem 28.12. wieder im Training und bereiten sich hoch fokussiert auf das Final Four vor. „Es ist gleich zum Jahresauftakt eine richtige Herausforderung“, sagt Timo Boll. „Da müssen wir als Team hellwach sein.“ Dass man im Halbfinale gegen den Titelverteidiger ran muss, sieht der 38-jährige Ausnahmespieler nicht als entscheidenden Nachteil an. „Auch wenn es fünf Euro fürs Phrasenschwein kostet: Wer Titel gewinnen will, muss eh jeden schlagen“, so Boll. „Und die beiden anderen Halbfinalisten sind ja auch alles andere als Laufkundschaft. Ich glaube, es wird in Neu-Ulm ein ganz offenes Rennen um den Titel.“
Alle Jahre wieder: Kritik am Halbfinal-Modus
Der Verfasser dieser Zeilen – und nicht nur er – hält nach wie vor den von der TTBL praktizierten Modus in Hinblick auf die Halbfinal-Auslosung für unglücklich. Es ist definitiv nicht spannungsfördernd, wenn die Halbfinal-Paarungen Wochen vorher feststehen und sich die Teilnehmer in Seelenruhe diverse taktische Varianten zurechtlegen können. Das mag in der Liga gut und sinnvoll sein, doch der Pokal lebt von Spontaneität. Was spricht dagegen, einen „Promi“ in der Arena 45 Minuten vor Beginn der Halbfinals die Begegnungen ziehen zu lassen? Damit wäre das erste Mal am Pokaltag für Spannung gesorgt und die Pressefotografen kämen auf ihre Kosten. Die Damen-Bundesligisten machen das bei ihrem Pokal-Final-Four, das diesmal übrigens tags darauf (5. Januar) in Pforzheim ausgetragen wird, schon einen Tick besser. Dort werden die Halbfinal-Begegnungen erst am Vorabend ausgelost.
So oder so: Alles ist in Neu-Ulm angerichtet für ein weiteres Pokalturnier der Superlative – hochkarätiger kann ein derartiges Event nicht besetzt sein.
HALBFINALE (11 Uhr)
Borussia Düsseldorf – TTF Liebherr Ochsenhausen
ASV Grünwettersbach – 1. FC Saarbrücken TT
FINALE (14 Uhr)
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher