Die TTF Liebherr Ochsenhausen haben am Sonntag erstmals seit der Saison 2017/18 wieder ein Spiel gegen Borussia Düsseldorf verloren. Zuvor hatte man viermal in Folge gegen den Rekordmeister gewonnen. Die Oberschwaben werden somit definitiv auf Platz 3 oder 4 in die Play-offs einziehen.
Beim 2:3 vor 1.100 Zuschauern im Düsseldorfer ARAG CenterCourt fehlte den Ochsenhauser Topspielern wie Hugo Calderano und Simon Gauzy gerade am Ende ein wenig die Kraft, um das Match erfolgreich zu gestalten. Ohne die vorzügliche Leistung des Gastgebers schmälern zu wollen, sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Borussia-Akteure ausgeruhter in die Partie gehen konnten, da sie entweder bei den Qatar Open früh ausgeschieden oder aber gar nicht am Start waren, wie Timo Boll, der an seinem 39. Geburtstag unter anderem Calderano bezwingen konnte.
„Wir wussten am Vortag noch nicht mal, ob wir überhaupt drei Spieler zusammenbekommen“, erklärte TTF-Cheftrainer Dmitrij Mazunov. “Jakub Dyjas war krank und konnte beim Turnier in Qatar nicht spielen, Vladimir Sidorenko war bei der Junioren-EM in Kroatien im Einsatz. Somit musste Simon Gauzy ran, der am Samstag noch im Viertelfinale von Doha gespielt hatte und erst heute Morgen mit dem Flieger in Frankfurt eingetroffen ist.“
Vor der letzten Partie gegen den Tabellenfünften Mühlhausen am 22.03. in Ehingen sind die TTF Tabellendritter und können die ersten beiden Plätze nicht mehr erreichen. Man ist punktgleich mit den Vierten Bremen aber mit deutlich besserem Spielverhältnis. Gewinnt man gegen die Thüringer, geht man als Dritter in die Relegation und duelliert sich dort mit dem Ligazweiten, Stand heute erneut Düsseldorf. Im Fall einer Niederlage würde man vermutlich als Vierter über die Ziellinie gehen und auf den Ersten der regulären Punktrunde treffen, also Saarbrücken oder Düsseldorf.
In Düsseldorf kassierte Stefan Fegerl zunächst die erwartete Niederlage gegen Timo Boll in vier Sätzen. Hugo Calderano, im Achtelfinale von Doha gegen seinen Ochsenhauser Kollegen Simon Gauzy ausgeschieden, zeigte sich anschließend gegen den Schweden Kristian Karlsson hellwach und ließ bei seinem 3:1-Sieg nichts anbrennen. Nach der Pause sorgte Gauzy für die 2:1-Führung der TTF. Dem Franzosen merkte man zunächst den Stress der vorangegangenen Tage überhaupt nicht an. Gegen den Ägypter Omar Assar hatte der TTF-Leistungträger zwar im ersten Satz das Nachsehen, war dann jedoch auf Betriebstemperatur und hatte das Geschehen gut im Griff.
Nach Gauzys 3:1-Erfolg hätte Hugo Calderano den TTF-Sieg perfekt machen können. Doch der Brasilianer konnte zwar zweimal die Satzführungen Timo Bolls egalisieren, im fünften Durchgang war bei ihm aber der Kräfteverschleiß der letzten Tage deutlich erkennbar. Boll konnte also für den Ausgleich des Gastgebers sorgen, sodass das abschließende Doppel die Entscheidung bringen musste. Und da lief es nicht günstig für Simon Gauzy und Stefan Fegerl, die im ersten Satz gegen Kristian Karlsson/Ricardo Walther noch auf Augenhöhe waren und in der Verlängerung unterlagen, danach aber kein Bein mehr auf den Boden brachten. Nach über drei Stunden Gesamtspieldauer war die Niederlage des Gasts aus Oberschwaben besiegelt.
„Wir haben alles gegeben“, sagte Gauzy, der übrigens mit einer baldigen Möglichkeit zur Revanche rechnet. „Ich glaube ohnehin, wir werden erneut in dieser Saison gegen Düsseldorf spielen“, ist der 25-Jährige überzeugt. „Qatar hat heute schon eine gewisse Rolle gespielt, man hat den Spielern zum Ende hin angemerkt, dass sie etwas ausgelaugt von den Strapazen waren“, sagte Dmitrij Mazunov nach der Partie. „Die Düsseldorfer waren heute sicher etwas frischer und ausgeruhter. Ich zolle meinen Jungs aber Respekt, sie haben in dieser Situation das Maximum gegeben und einen klasse Fight geliefert.“
Kristijan Pejinovic betonte: „Es war ein sehr hartes Spiel. In den Einzeln haben die Spieler heute alles rausgeholt, was möglich war angesichts der Tatsache, dass sie etwas matt waren.“ Den weiteren Verlauf der Saison sieht der TTF-Präsident eher optimistisch: „Wir stehen immer noch auf Platz 3 und haben es gegen Mühlhausen in eigener Hand, auf diesem Platz ins Ziel zu kommen. Und danach gilt unsere volle Konzentration den Play-offs.“
Das Spiel im Überblick
Timo Boll – Stefan Fegerl 3:1 (11:6, 9:11, 11:6, 11:2)
Kristian Karlsson – Hugo Calderano 1:3 (9:11, 7:11, 11:7, 9:11)
Omar Assar – Simon Gauzy 1:3 (11:8, 7:11, 7:11, 7:11)
Timo Boll – Hugo Calderano 3:2 (11:4, 9:11, 11:6, 9:11, 11:3)
Ricardo Walther/Kristian Karlsson – Stefan Fegerl/Simon Gauzy 3:0 (14:12, 11:6, 11:7)
Qatar Open: Starker Simon Gauzy scheitert nur knapp an Xu Xin
Bei den am Sonntag zu Ende gegangenen Qatar Open in Doha, einem mit insgesamt 400.000 US-Dollar dotierten und exzellent besetzten Platinum-Turnier der World Tour, zeigte vor allem Simon Gauzy eine rundum überzeugende Leistung. Der an Position 14 gesetzte Ochsenhauser ließ in der ersten Hauptrunde dem Dänen Jonathan Groth beim 4:1 (12:10, 11:5, 11:6, 9:11, 11:7) keine echte Chance. Im Achtelfinale kam es am Freitag zum TTF-Klubduell mit dem an sechs gesetzten Hugo Calderano, der in der Runde zuvor keine Probleme beim 4:0 gegen den Inder Anthony Amalraj (4:0) hatte. Aufgrund der Weltranglistenpositionen – Calderano ist die Nummer sieben, Gauzy die Nummer 21 –, hätte man den Brasilianer sicher im Vorteil gesehen, doch der Franzose zeigte eine bärenstarke Leistung, hatte zum Ende hin das Match immer besser im Griff und gewann in fünf Durchgängen (6:11, 11:8, 11:9, 11:1, 11:8).
Somit konnte sich Calderano auf den Rückweg nach Deutschland begeben, während Gauzy noch einen weiteren Tag am Persischen Golf vor sich hatte. Und sein Viertelfinalgegner war kein Geringerer als der Branchenführer im Welttischtennis, der chinesische Linkshänder Xu Xin, der das internationale Ranking anführt. Als klarer Außenseiter gestartet, bestätigte Gauzy seine vorzügliche Form und bereitete dem Asiaten eine heißen Tanz. Leider ohne Happyend, denn nach sieben umkämpften Sätzen durfte Xu jubeln, der sich mit 6:11, 11:6, 8:11, 11:8, 11:6, 8:11 und 11:7 gerade noch durchsetzen konnte. Das Turnier gewann übrigens diesmal nicht Xu Xin, sondern dessen Landsmann Fan Zhendong, die aktuelle Nummer zwei der Welt.
Zu erwähnen wäre noch, dass Stefan Fegerl bereits in der ersten Qualifikationsrunde am Chinesen Xu Chenhao scheiterte (1:4), der später auch Patrick Franziska aus dem Turnier warf, während der erkrankte Jakub Dyjas zwar vor Ort war und es versuchen wollte, seine Matches dann aber doch abschenken musste.
Sidorenko U21-Europameister
Der 17-jährige Vladimir Sidorenko war derweilen bei der U21-EM im kroatischen Varadzin am Start und galt als einer der Mitfavoriten. Und das TTF-Talent erfüllte die hohen Erwartungen zu 100 Prozent. Sidorenko, im Vorjahr in Gondomar (Portugal) noch Dritter, sicherte sich zum ersten Mal in seiner Karriere den Europameister-Titel durch einen 4:1-Finalsieg (11:9, 11:7, 9:11, 11:5, 11:4) über den Rumänen Rares Sipos, der kommende Saison aller Voraussicht nach mit dem TTC OE Bad Homburg in der TTBL aufschlagen wird.
Text & Fotos (3): Dr. Stephan Roscher