Do., 9. Januar 2025
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Agnes Simon ist tot

Am 19. August hat eine Ikone des europäischen Tischtennissports für immer die Augen geschlossen. Die frühere ungarische, niederländische und deutsche Nationalspielerin Agnes Simon ist im Alter von 85 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Als einzige Spielerin von Weltrang repräsentierte sie drei Nationalverbände und startete für diese bei diversen Welt- und Europa-Meisterschaften. Noch mit 60 Jahren war die Doppel-Weltmeisterin von 1957 und Einzel-Europameisterin von 1962 in der deutschen Damen-Bundesliga im Einsatz. 

Die 1935 in Budapest geborene Agnes Simon nahm unter ihrem Geburtsnamen Agnes Almasy im Alter von 15 Jahren für Ungarn erstmals an einer WM teil und stieß dabei im Doppel bis ins Viertelfinale vor. Es folgten WM-Bronze (1953) und -Silber (1954) mit der Mannschaft. Ihren größten Coup landete sie 1957 in Stockholm, wo sie an der Seite von Teamkollegin Livia Mossoczy den Doppel-Titel gewann. Vor dem Hintergrund des niedergeschlagenen ungarischen Volksaufstands kehrte sie im Anschluss zusammen mit ihrem Ehemann Dr. Bela Simon, ebenfalls Nationalspieler, ihrem Geburtsland den Rücken und lebte zunächst in den Niederlanden, für die sie 1959 bei der WM in Dortmund im Einzel und Doppel das Viertelfinale erreichte.

1960 erfolgte mit ihrem Mann und den beiden Töchtern der Umzug nach Deutschland ins Ruhrgebiet. Sie schloss sich dem DSC Kaiserberg an, dessen zahlreiche Erfolge eng mit ihrem Namen verknüpft waren. Sie war – neben Ursula Kamizuru – die Führungsspielerin des namhaften Bundesligisten. Ihr Team eilte international und in Deutschland von Triumph zu Triumph: Europa-Pokalsieger, zweimal Europäischer Messecup-Sieger, 18 mal Deutscher Mannschaftsmeister, 15 mal Deutscher Pokalsieger. Sie hielt ihren Kaiserbergern auch nach dem Erstliga-Abstieg 1993 die Treue. Ihre internationale Karriere war zu diesem Zeitpunkt längst vorbei, trotzdem sagte sie, sie spiele „heute besser denn je“. Im höheren Alter noch in der 1. und 2. Bundesliga und später dann in unteren Ligen bekamen ihre jüngeren Gegnerinnen ihre spielerische Klasse und ihren unbändigen Siegeswillen oft schmerzlich zu spüren. Als 2001 Kaiserberg sein Team vom Leistungssport zurückzogen hatte, war sie zum SC Bayer 05 Uerdingen und 2004 dann zur SpVgg Meiderich 06 gewechselt. Seit der Saison 2009/10 schlug sie in der Herrenmannschaft der DJK Rheinland Ruhrort/Meiderich in der 2. Kreisklasse auf, für die sie im Alter von 74 Jahren die Spielberechtigung erhalten hatte.

Auch in den Einzel-Wettbewerben lag Agnes Simon oft vorne: Dreimal in Folge gewann sie im Einzel die German Open, die zu ihrer aktiven Zeit noch „Internationale Meisterschaften von Deutschland“ hießen: 1960 für die Niederlande, 1961 und 1962 für Deutschland. Bei ihrem EM-Debüt für ihr neues Heimatland räumte sie 1962 in allen vier Wettbewerben Medaillen ab: Gold gab es im Einzel und mit der Mannschaft, Silber im Doppel und Mixed. 1968 fügte sie einen Mannschaftstitel hinzu sowie bis 1976 vier weitere EM-Medaillen. Elfmal wurde sie zudem Deutsche Einzel-Meisterin, sowie fünfmal Siegerin des Bundesranglistenturniers. Hinzu kamen zahllose Westdeutsche Meisterschaften. Zwischen 1962 und 1976 absolvierte sie 93 Länderspiele für den DTTB.

 

Text: Dr. Stephan Roscher

Fotos: ITTF

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