Die SV Böblingen hat am Sonntagnachmittag ihr Punktekonto auf 6:0 hochgeschraubt und bleibt damit Tabellenführer in der 1. Bundesliga Damen. Titelverteidiger ttc berlin eastside war allerdings nicht in Bestbesetzung angereist und musste auf Topspielerin Shan Xiaona verzichten. Ein packendes Oberbayern-Derby zwischen der SV DJK Kolbermoor und dem TSV Schwabhausen endete mit einem Remis. Somit glückte dem letztjährigen Vizemeister die „Wiedergutmachung“ für die Heimniederlage gegen den ESV Weil – in identischer Besetzung wie 14 Tage zuvor – nicht wirklich.
SV Böblingen – ttc berlin eastside 5:3
In Böblingen hatten die Spielerinnen unter anderem mit einer defekten Heizung zu kämpfen. eastside hatte Trainerin Irina Palina auf Position vier aufgeboten, um das Fehlen von Shan zu kompensieren.
Der Gastgeber entschied sich für einen aufstellungstaktischen Schachzug, der sich im Nachhinein als äußerst clever erweisen sollte. Man stellte – vom Berliner Manager Andreas Hain mit Missfallen quittiert – die angeschlagene Yanhua Yang-Xu an Position zwei auf, die dann auch ihre beiden Matches abschenkte. Somit konnte die SVB mit Mitsuki Yoshida und der 14-jährigen, zuletzt ohnehin bärenstarken Annett Kaufmann ein außerordentlich gut besetztes hinteres Paarkreuz ins Rennen schicken, das dann auch vier Punkte einspielte. Kaufmann agierte in Topform und überließ Palina ebenso wie Jessica Göbel keinen Satz. Yoshida musste wesentlich härter kämpfen und musste gegen beide Berlinerinnen über die volle Distanz. Das Match gegen Göbel gewann sie mit 15:13 im Entscheidungsdurchgang.
Berlin musste sich sportlich mit dem Sieg der extrem stark spielenden Nina Mittelham gegen Defensiv-Ikone Qianhong Gotsch begnügen, gegen die man eigentlich kaum besser und zwingender spielen kann, als es die deutsche Nationalspielerin beim 11:9, 11:8, 11:6 tat. Ihr Spiel gegen Yanhua Yang-Xu verbuchte sie ebenso kampflos als Sieg wie Britt Eerland, die zuvor gegen Gotsch eine starke Leistung nicht mit einem Erfolg krönen konnte. Die Holländerin spielte gefühlvolle, sichere Topspins gegen Böblingens Nummer eins, die zwischenzeitlich mit 1:2 Sätzen und 3:7 zurücklag. Doch mit einigen starken Vorhand-Attacken drehte Gotsch noch den Satz zum 11:9 und brachte den Entscheidungsdurchgang schließlich mit 11:8 nach Hause.
Auf Böblinger Seite war man natürlich hochzufrieden. „Die Mannschaft hat super gespielt und wir sind immer noch Spitzenreiter. In der Vorsaison waren wir noch auf Platz sieben“, so SVB-Trainer Andrzej Kaim nach der Partie. „Sönke Geil und ich hatten jedenfalls viel Spaß beim Coachen.“ Und Pressewart Manfred Schneider resümierte: „Die Frauen der SV Böblingen sorgen weiter für Furore in dieser sportarmen Zeit.“
Andreas Hain übte Kritik an den Bedingungen in der Halle: „Wer unbedingt meint, in diesen Zeiten Bundesliga-Tischtennisspiele austragen zu müssen, Böblingen hat sich vehement dafür eingesetzt, der sollte auch für Bundesliga-Spielbedingungen sorgen. Es war in der Halle so kalt, dass man froh sein konnte, wenn sich niemand erkältet oder gar verletzt hat.“
Böblingen schaut sich nach dem 5:3 weiterhin die Tabelle von ganz oben an und hat am 6. Dezember seinen nächsten Auftritt in Schwabhausen. berlin eastside ist in der noch nicht sehr aussagekräftigen Tabelle mit gegenwärtig 2:4 Punkten Fünfter und ist in der Bundesliga planmäßig erst wieder am 13.12. gegen Aufsteiger Weil gefordert – allerdings stehen auch die noch nicht terminierten Nachholspiele gegen Kolbermoor und Bingen aus. Zuvor aber wird es für den Hauptstadtklub ab dem 2. Dezember richtig interessant, wenn in der Champions League das „Bubble-Turnier“ in Linz beginnt.
SV DJK Kolbermoor – TSV Schwabhausen 4:4
In Kolbermoor hätten sich die Fans, wenn denn welche zugelassen gewesen wären, über ein tolles, prickelndes Derby gefreut, das letztlich leistungsgerecht mit einer Punkteteilung endete, auch wenn Gästetrainer Alexander Yahmed später einräumte, dass „Kolbermoor näher an einem Sieg als wir an einem Unentschieden“ gewesen sei.
Auf Seiten des Gastgebers, der erneut auf Kristin Lang verzichten musste, überragte die junge Laura Tiefenbrunner mit Erfolgen gegen die Weißrussin Alina Nikitchanka (3:0) und die Ungarin Orsolya Feher (3:1). Für die weiteren TSV-Punkte sorgten im oberen Paarkreuz Yuan Wan und Defensivkünstlerin Svetlana Ganina, die beide der Kroatin Mateja Jeger keinen Satzgewinn überließen.
Ganz stark präsentierte sich auf der Gegenseite TSV-Spitzenspielerin Sabine Winter, die vor nicht langer Zeit selbst noch das Kolbermoor-Trikot trug. Winter besiegte zunächst Svetlana Ganina mit 3:0 und später eine keineswegs schwach spielende Yuan Wan in vier Sätzen. Ferner trug sich Orsolya Feher in die Siegerliste ein, deren 3:2 über die 18-jährige Anastasia Bondareva allerdings am seidenen Faden hing. Bondareva führte mit 7:3, 8:4 und 9:5 im fünften Durchgang, musste dann vier Punkte ihrer Gegnerin in Folge hinnehmen, hatte kurz darauf bei 10:9, 11:10 und 12:11 dreimal Matchball und konnte keine einzige dieser Gelegenheiten verwerten. Am Ende durfte Feher, die nervenstark agierte und überhaupt erkennbar gut in der Bundesliga angekommen ist, ein 14:12 bejubeln.
In ihrem zweiten Match sah es zunächst so aus, als würde die junge Deutsche gegen Abwehrspielerin Nikitchanka den Siegpunkt für den letztjährigen Vizemeister einfahren, doch es kam anders. Nach der 2:0-Satzführung musste Kolbermoors Nummer vier mit ansehen, wie ihre Gegnerin immer sicherer wurde und das Spiel noch drehte.
„Am Ende ein gerechtes Ergebnis“, befand Kolbermoors Stellvertretender Abteilungsleiter Günther Lodes. „Wobei im letzten Spiel Anastasia Bondereva bereits mit 2:0 Sätzen in Führung lag, also ein Sieg sehr nahe lag. Aber Schwabhausen mit der kampfstarken Sabine Winter, die souverän Ihre Matches gewann, und Nikitchanka, die eben nie aufgibt, hat sich den Punkt verdient. Laura Tiefenbrunner konnte sich erstmals mit einer starken Leistung beide Punkte sichern.“
Schwabhausens Trainer Alexander Yahmed konnte mit dem Remis sehr gut leben. „Naja, ich denke, dass wir mit einem blauen Auge davon gekommen sind“, so Yahmed. „Dank Sabine wurde es eng. Und wenn Alina nach 0:2 nicht kämpft wie ein Löwe, gewinnt Kolbermoor nicht unverdient. Fazit: Wir nehmen den Punkt, wohlwissend, dass es anders hätte laufen können.“ Yahmed äußerte auch einige Gedanken zu Spielerinnen im gegnerischen Dress: „Anastasia hatte etwas Pech und man merkte, dass es nicht läuft. Sie wird wieder kommen, sie ist sehr gut. Und Laura hatte einen tollen Tag erwischt. Wenn Sabine nicht mitgespielt hätte, wäre sie wohl die Spielerin des Tages gewesen, so muss sie sich das mit Sabine teilen“.
Im Liga-Klassement finden wir Schwabhausen mit 4:2 Zählern auf Rang zwei, während Meisterschaftsmitfavorit Kolbermoor mit 3:3 Punkten momentan auf dem vierten Platz notiert ist. Der TSV empfängt – wie oben erwähnt – Böblingen am 6. Dezember zum Spitzenspiel, während der SV DJK am selben Tag auf den Tabellendritten Langstadt trifft.
Beitragsbild oben: Laura Tiefenbrunner überragte diesmal im Team von Kolbermoor und präsentierte sich in Topform.
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher