Auch im Zeichen der Champions-League-Bubble in Linz sollte man die 1. Bundesliga Damen nicht aus dem Fokus zu verlieren. Dort geht es am Sonntag nämlich richtig hochklassig zur Sache. Im Schlagerspiel empfängt der Tabellenzweite TSV Schwabhausen Ligaprimus SV Böblingen – eine vor der Saison kaum für möglich gehaltene Konstellation. Und beim Tabellenvierten Kolbermoor gastiert der Dritte des Ligaklassements – die Rede ist vom Solja-Klub TSV Langstadt. Prognosen sind unmöglich, die bessere Tagesform dürfte in beiden Partien darüber entscheiden, wer am Ende jubeln darf.
Sonntag, 14.00 Uhr: TSV Schwabhausen – SV Böblingen
Punkteteilungen in Berlin und Kolbermoor – also bei den beiden großen Meisterschaftsfavoriten –, sowie ein knapper Heimsieg über den zuletzt bärenstarken Aufsteiger Weil: Der TSV Schwabhausen hat bisher die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen und kann entspannt in das Duell mit Überraschungsspitzenreiter SV Böblingen gehen.
Die Schwäbinnen haben bisher eine makellose Bilanz mit Siegen über Weil, Bingen und zuletzt sogar Berlin – es war stets knapp, jedes Mal stand am Ende ein 5:3 auf dem Bogen. Man hat ja Defensivkönigin Qianhong Gotsch (Zwischenbilanz: 5:1) und die 14-jährige Senkrechtstarterin Annett Kaufman im Team, die sogar 6:0 steht. So musste in den weiteren Partien meist nur noch eine weitere Böblingerin einmal punkten – schon waren die Punkte in trockenen Tüchern.
Ein Klassespiel mit völlig offenem Ausgang steht zu erwarten, bei dem es für die Oberbayern darauf ankommen wird, Gotsch und Kaufmann einigermaßen in Schach zu halten und diesen diesmal nicht die volle Ausbeute zu gestatten. Gelingt dies, ist bei der Ausgeglichenheit der TSV-Mannschaft durchaus etwas drin.
Letzte Saison erzielten beide Teams im direkten Duell Auswärtssiege. Schwabhausen unterlag zu Hause der SVB mit 4:6, konnte aber das Rückspiel in Böblingen mit 6:3 für sich entscheiden.
„Ich finde die Liga aus unserer Sicht so spannend wie nie, es sind einige Brocken im unteren Tabellenbereich und es wird sich im Normalfall noch viel tun in der Tabelle“, sagt TSV-Trainer Alexander Yahmed. „Nichtsdestotrotz sind wir Zweiter der Bundesliga und haben ein Heimspiel gegen den Tabellenersten. Das verspricht Spannung. Zudem sind schöne Spiele garantiert, da es zu sehr interessanten Paarungen kommt.“ Es wird nicht zuletzt wichtig sein, ob Spitzenspielerin Sabine Winter auch gegen Böblingen erfolgreich ist: „Sabine ist ungeschlagen bis dato und Gotsch immer einer der Besten der Liga, zudem verliert sie nahezu nie gegen Sabine, aber vielleicht brechen wir ja diesmal den Bann.“ Yahmed bekundet zudem Respekt vor der jungen Annett Kaufmann: „Hinten spielt sich bei Böblingen ein super Nachwuchstalent ins Rampenlicht, und wenn sie so weiter macht, wird sie in der Rückrunde vielleicht ihre Chance vorne bekommen. Ich bin gespannt, wie gut sie schon wieder ist. Das letzte Mal hat sie uns schon verprügelt.“ Der Tischtennislehrer freut sich auf das Gipfeltreffen: „Wir sehen uns als Außenseiter, aber es ist Heimspiel und wir werden unsere Chancen suchen und wenn möglich zupacken. Wir freuen uns auf guten Sport.“
Auch Schwabhausens Abteilungsleiter Helmut Pfeil äußert sich vor dem Topduell: „Auf dem Papier ist das das Spitzenspiel dieses Wochenendes. In diesen Zeiten ist es immer schwer, einigermaßen zutreffende Prognosen zu stellen. Das momentane Tabellenbild und die bisher erzielten Ergebnisse geben uns natürlich einen zusätzlichen Motivationsschub.“ Pfeil fügt hinzu: „Auch wenn die Gegner Aufstellungsprobleme hatten, so zeigten wir durchaus sehr gute Leistungen, die den momentanen Tabellenplatz rechtfertigen. Dennoch wird Böblingen als Favorit zu uns kommen. Aber wir kennen unsere Stärken und werden uns nicht verstecken.“
In Böblingen bleibt man trotz allen Erfolgen auf dem Teppich. In der Pressemitteilung von SVB-Pressewart Manfred Schneider lesen wir: „Gewiss, nach drei von zwölf Spieltagen ist die Tabelle nicht mehr als eine Momentaufnahme. Aber zumindest ein Play-off-Platz ist für die SVB bereits jetzt in Reichweite. Rang sechs im Siebener-Feld ist nämlich dafür ausreichend.“ Personell kann der Böblinger Trainerstab – Volker Ziegler wird diesmal wieder coachen, wahrscheinlich assistiert von Andrzej Kaim – aus dem Vollen schöpfen. „In Schwabhausen steht wieder unser gesamtes Team zur Verfügung“, verspricht SVB-Manager Frank Tartsch. „Also auch Annett Kaufmann, die aufgrund ihrer zuletzt überragenden Erfolge die November-Ausgabe des deutschen Tischtennis-Magazins als Cover Girl zierte“, wie Manfred Schneider anmerkt. „Die Auswahl, wer tatsächlich am Tisch steht, trifft wie immer die sportliche Leitung situationsabhängig“, erläutert Tartsch. „Corona-bedingt und -konform werden wir wieder mit mehreren PKW anreisen.“
Da Zuschauer bekanntlich derzeit nicht zugelassen sind, wird der TSV Schwabhausen am Sonntag ab 14 Uhr auf seiner Homepage einen Livestream anbieten.
Sonntag, 14.00 Uhr: SV DJK Kolbermoor – TSV Langstadt
Erst zweimal durften die Bundesliga-Damen des TSV Langstadt in dieser Saison an die Tische, die Ausbeute konnte sich sehen lassen: Einem 6:2-Sieg gegen den starken Aufsteiger ESV Weil, der einige Woche später in Kolbermoor gewann, folgte ein Remis gegen den in Bestbesetzung angetretenen amtierenden Deutschen Meister Berlin. Doch das liegt bereits wieder acht Wochen zurück.
In dieser Zeit haben zwar einige Konkurrenten gespielt, doch die Südhessinnen mussten untätig bleiben, zumal Spitzenspielerin Petrissa Solja den gesamten November in der „China Bubble“ gefordert war, der Restart-Serie des Weltverbandes. Mit unterschiedlichem Erfolg, doch immerhin schaffte es die 26-jährige Pfälzerin bei den ITTF Finals ins Viertelfinale und rückte deshalb in der Dezember-Weltrangliste um eine Position auf Platz 19 vor. Damit ist sie weiterhin beste Deutsche und zweitbeste Europäerin im internationalen Ranking.
Am Sonntag geben die Südhessinnen ihre Visitenkarte in Oberbayern bei einem der beiden großen Meisterschaftsfavoriten ab. Der SV DJK Kolbermoor wurde vor der Saison neben Berlin von allen Experten ganz vorne gesehen. Daran hat sich nichts geändert, auch wenn es bis jetzt etwas holprig lief und man mit lediglich 3:3 Zählern einen Platz hinter Langstadt steht. Gegen Aufsteiger ESV Weil (2:6) und die Überraschungsmannschaft TSV Schwabhausen (4:4) büßte man in heimischer Halle zuletzt Punkte ein. Doch das war auch dem krankheitsbedingten Ausfall von Spitzenspielerin Kristin Lang geschuldet, die wird vermutlich, wie man aus Kolbermoor hört, am Sonntag erstmals nach ihrer OP wieder am Tisch stehen wird.
Mit der deutschen Nationalspielerin Yuan Wan, der einstigen russischen Weltklasse-Defensivspielerin Svetlana Ganina sowie den DTTB-Nachwuchs-Assen Anastasia Bondareva und Laura Tiefenbrunner hat Kolbermoor weiteres spielstarkes Personal im Kader. Da in dieser Saison Play-offs gespielt werden, wird man zwei weitere Topstars, die US-Amerikanerin Lily Zhang und die Portugiesin Yu Fu, vermutlich noch nicht zum Einsatz bringen und sich für die entscheidende Saisonphase aufheben.
Eine knifflige Aufgabe für Solja und Co. Wer die Reise nach Oberbayern antritt, lässt der Verein auch auf Nachfrage offen, der wie gewohnt im Vorfeld ein wenig Aufstellungspoker betreibt und sich vom Gegner nicht in die Karten schauen lassen möchte.
„Ich bin gespannt, wie der TSV Langstadt antreten wird. Ich vermute, dass sie ohne Meshref kommen werden, aber ich hoffe sehr, dass wir auch mal Petrissa in Kolbermoor spielen sehen“, sagt SV DJK-Trainer Michael Fuchs im Vorfeld der reizvollen Partie. „Insgesamt erwarte ich ein sehr schweres Spiel für uns. Kristin ist wieder ins Training eingestiegen, befindet sich aber natürlich noch im Aufbau. Trotzdem sind wir guter Dinge, dass sie am Sonntag spielen wird.“ Fuchs setzt nicht zuletzt auf seine Spielerinnen im hinteren Tableau: „Falls Petrissa spielt, wird es im vorderen Paarkreuz natürlich schwer, einen Vorteil herauszuspielen. Deshalb wird es wohl wieder auf das untere Paarkreuz ankommen. Ich hoffe, dass wir diesmal unsere Chancen nutzen können.“
TSV-Coach Thomas Hauke lässt keinen Zweifel aufkommen, wie stark der Gegner tatsächlich ist. „Von den letzten Ergebnissen von Kolbermoor darf man sich nicht blenden lassen“, so Hauke. „Sie konnten aus verschiedenen Gründen nicht in Bestbesetzung antreten und haben deshalb etwas unerwartet Punkte abgegeben. Gegen uns werden sie sicher wieder in Bestbesetzung antreten, weshalb sie auch Favorit sind.“ Langstadts Sportlicher Leiter, Manfred Kämmerer, fügt hinzu: „Wir hatten bislang in Kolbermoor nie eine Chance, da wir dort auch immer mit personellen Problemen zu kämpfen hatten. Das wird wieder ein sehr schweres Spiel für uns, doch wir werden versuchen, auch diesem Gegner Paroli zu bieten.“
Beitragsbild oben: Sabine Winter ist bisher ungeschlagen, doch am Sonntag bekommt sie es unter anderem mit Qianhong Gotsch zu tun.
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher