Do, 21. November 2024
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1. BUNDESLIGA DAMEN: Schwabhausens großer Coup

Es waren zwei Klassespiele, die die nach der aktuellen Tabelle vier besten Klubs der 1. Bundesliga Damen am Sonntagnachmittag boten. Jammerschade, dass keine Fans in den Hallen live dabei sein konnten. Im Topspiel landete der TSV Schwabhausen einen schon gar in dieser Höhe unerwarteten Coup mit dem 6:2-Erfolg über den bisherigen Ligaprimus SV Böblingen. Und in Kolbermoor sah man, wie wichtig Kristin Lang für das Team der Oberbayern ist, die bei ihrem Comeback einen Sieg über Petrissa Solja landete, ohne den es kaum zum 5:3 des Meisterschaftsmitfavoriten gegen den TSV Langstadt gereicht hätte.

TSV Schwabhausen – SV Böblingen 6:2

Anfänglich schien alles auf das von vielen im Vorfeld erwartete Remis hinauszulaufen. 2:2 stand es zur Pause und noch kein Team hatte einen erkennbaren Vorteil herausspielen können. Doch im zweiten Durchgang explodierten die Gastgeberinnen förmlich und überließen ihren Gegnerinnen aus dem Schwabenland insgesamt noch ganze zwei Sätze.

Die überragende Spielerin beim Gastgeber war einmal mehr Sabine Winter, die ihre Ligabilanz auf 6:0 hochschraubte. In ihrem ersten Match ließ sie Mitsuki Yoshida keine Chance und gab später sogar Böblingens Defensiv-Ikone Qianhong Gotsch in einem sehenswerten Duell Angriff vs. Abwehr in vier Sätzen das Nachsehen. Die Kroatin Mateja Jeger konnte ebenfalls gegen Yoshida punkten, dies sogar ungefährdet, unterlag aber zu Beginn Gotsch, machte dieser in den vier Sätzen jedoch phasenweise das Leben ziemlich schwer. Richtig gut in Form zeigte sich auch die Weißrussin Alina Nikitchanka, die im zweiten Durchgang tatsächlich dem deutschen Schülerinnen-Toptalent Annett Kaufman mit 3:1 die erste Saisonniederlage beibrachte. In ihrem ersten Match hatte sich die Abwehrspezialistin ebenso in vier Sätzen gegen Annetts ältere Schwester Alexandra durchgesetzt. Ihr Soll erfüllte die Ungarin Orsolya Feher, die zwar zunächst gegen Annett den Kürzeren zog (1:3), zum Abschluss aber gegen Alexandra Kaufmann einen klaren Sieg einfuhr. Somit konnten also lediglich Qianhong Gotsch und Annett Kaufmann je einen Punkt für die Württemberginnen beisteuern, die sich nach einer Gesamtspieldauer von zwei Stunden und zehn Minuten geschlagen geben mussten.

Schwabhausens Trainer Alexander Yahmed war rundum zufrieden. „Auch mich hat das Ergebnis überrascht. Wir sind absolut happy, denn wir haben vor dem Spiel kaum eine Möglichkeit gesehen, wie man über ein 4:4 hinauskommen kann“, so Yahmed. „Ich finde, das Böblinger Team ist schwer zu schlagen. Zudem hatte Sabine schon lange nicht mehr gegen Gotsch gewonnen. Ich denke, man sieht genau, wer unser Team zieht und dass diese Mannschaft Spaß hat, gute Leistungen abzuliefern.“ Der Tischtennislehrer beendete sein Statement mit: „Glückwunsch an mein Team für diese starke Leistung! Das war toller Sport mit einem sympathischen Gegner.“

Auch TSV-Abteilungsleiter Helmut Pfeil war begeistert: „Das hätte ich auch nicht geglaubt. Mit einem Unentschieden wäre ich vorher durchaus zufrieden gewesen. Eine sehr gute Leistung unserer Mädels, speziell nach der Pause haben unsere Damen hervorragend gespielt. Der Sieg ist hochverdient.“

Alexander Yahmed coacht Mateja Jeger, die immerhin Mitsuki Yoshida klar bezwingen konnte.

„Wir haben gegen den neuen Tabellenführer verloren. Schwabhausen hat super gespielt und verdient gewonnen“, so das Fazit von SVB-Trainer Volker Ziegler, der für die Rückrunde ein Comeback von Rosalia Behringer nach ihrer Babypause in Aussicht stellte. „Wir haben gut gekämpft, geschaut was geht, aber es ging nicht alles.“

Nun hat der TSV mit der SVB nach Punkte gleichgezogen (6:2), ist jedoch aufgrund der besseren Spieledifferenz (+ 6 gegenüber +2) an Gotsch und Co. in der Tabelle vorbeimarschiert und schaut sich erstmals die Liga von ganz oben an. Am kommenden Samstag (14 Uhr) muss der frischgebackene Spitzenreiter erstmals den Platz an der Sonne verteidigen, wenn der Solja-Klub TSV Langstadt seine Aufwartung in Schwabhausen macht. Die SV Böblingen will die Scharte von Schwabhausen natürlich auswetzen, auch wenn der Gegner am Sonntag (10.30 Uhr) kein Geringerer als Kolbermoor ist.

SV DJK Kolbermoor – TSV Langstadt 5:3

Eine historische Chance, erstmals in der Vereinsgeschichte in Kolbermoor zu punkten, konnte Bundesligist TSV Langstadt trotz starker Besetzung nicht nutzen. So musste man nach 165 Minuten und einem sehr intensiv geführten Duell ein 3:5 gegen den Meisterschaftsmitfavoriten quittieren.

Besonders Weltcup-Viertelfinalistin Petrissa Solja konnte die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Die 26-jährige Pfälzerin hatte einen rabenschwarzen Tag erwischt und ging sowohl gegen Yuan Wan (1:3) als auch gegen Kristin Lang (2:3) leer aus. Führungen waren reichlich vorhanden, doch gelang es der Weltranglisten-19. nicht,  den Sack zuzumachen. Nervenstärke war diesmal nicht ihr Ding. Gegen die bärenstark spielende Yuan Wan waren die Durchgänge zwei und drei der Knackpunkt, die mit 12:14 und 15:17 verloren gingen. Den ersten Satz hatte die prominente Langstädterin noch gewonnen – überhaupt, und das war schon etwas kurios, gingen bis zum Stand von 2:5 die ersten Durchgänge immer an Langstadt, doch danach glückte oft nicht mehr allzu viel. Dies war aber auch der Leistung der Oberbayerinnen geschuldet, die sich vorzüglich in die Matches hineinkämpften.

Solja sollte in ihrem zweiten Match gegen Kolbermoors gerade von einer OP genesene Spitzenspielerin Kristin Lang ihr Team – nach dem 2:2-Pausenstand – wieder in Führung bringen. Mit 11:9 und 11:8 gingen die ersten beiden Sätze an die Linkshänderin, die gut auf Kurs zu sein schien, doch ihre Gegnerin kämpfte vorbildlich und biss sich förmlich in das Match hinein, während die Langstädterin nicht mehr zulegen konnte und im Entscheidungssatz (3:11) ziemlich von der Rolle war.

Dabei hatte es gar nicht schlecht aus Sicht der Gäste begonnen: Die Ägypterin Dina Meshref hatte nach einer feinen Leistung überraschend Kristin Lang geschlagen (3:1). Es folgten zwar Soljas Niederlage gegen Wan sowie ein nicht unerwartetes 1:3 der 18-jährigen Franziska Schreiner gegen die 42-jährige frühere russische Weltklasse-Abwehrspielerin Svetlana Ganina, doch Tanja Krämer hatte im Anschluss mit all ihrer Routine und auch einer Prise Glück gegen die 18-jährige Laura Tiefenbrunner für den Ausgleich gesorgt (11:6, 12:10, 12:10).

Zur Pause „roch“ es eigentlich nach einer Punkteteilung, doch dann zog Kolbermoor durch den Sieg Langs gegen Solja sowie einen 3:1-Erfolg von Wan über Meshref auf 4:2 davon. Die Langstädter Hoffnungen ruhten nun auf Krämer im „Duell der Seniorinnen“ gegen Ganina – die 40-jährige Rheinhessin spielt normalerweise sehr gut und clever gegen Abwehr –, doch auch ihr wollte nach einer 1:0-Satzführung kaum mehr etwas gelingen. Das war aber auch dem Umstand geschuldet, dass Ganina mit zunehmender Matchdauer immer sicherer verteidigte. 5:2 für Kolbermoor – die Messe war gelesen. Der 3:1-Erfolg von Schreiner im „Duell der Nesthäkchen“ mit Tiefenbrunner war nur noch Ergebniskosmetik.

„Zuerst will ich dem gesamten Team ein Lob aussprechen. Ausnahmslos alle haben heute eine gute Leistung abgeliefert und auch entsprechenden Kampfgeist im Spiel gezeigt“, so Kolbermoors hochzufriedener Trainer Michael Fuchs. „Gegen Langstadt in dieser Aufstellung, die so für mich zu den Titelkandidaten gehören, zu gewinnen, ist keine Selbstverständlichkeit. So, wie beide Mannschaften heute angetreten sind, war für mich Langstadt in der Favoritenrolle.“ Fuchs ging auch auf die einzelnen Spielerinnen ein: „Yuan war heute die Matchwinnerin. Die zwei Siege von ihr waren wirklich stark und ich freue mich sehr für sie. Das wird ihr hoffentlich auch mehr Selbstbewusstsein für die nächsten Spiele geben. Es wäre aber ungerecht den anderen gegenüber, nur Yuan hervorzuheben. Auch Kristin hat sich bei ihrem ersten Spiel nach ihrer Verletzungspause in die Partien reingekämpft.“ Der Chefcoach präzisiert: „Natürlich hat man auch noch gesehen, dass ihr etwas Spielpraxis fehlt, sie hat sich aber von Ball zu Ball gesteigert. Dass wir zwei Punkte gegen Peti holen, war ehrlich gesagt einfach nicht zu erwarten.“ Auch die erfahrenste Spielerin erhielt ein Sonderlob: „Svetlana im hinteren Paarkreuz war heute auch überragend. Gegen junge Spielerinnen wie Franzi Schreiner hat eine erfahrene Abwehrspielerin erfahrungsgemäß zwar Vorteile, aber gegen eine Tanja Krämer muss man erst einmal gewinnen.“ Und für seine jüngste Spielerin hatte der Trainer aufmunternde Worte parat: „Auch Laura hat gut gespielt. Gegen Tanja hatte sie Satzbälle, die sie nicht nutzte, und gegen Franzi war sie 1:0 und 5:0 vorne.“ Das Fazit von Michael Fuchs: „Insgesamt ein unerwarteter Spielverlauf für mich, diesmal allerdings trotzdem noch mit dem glücklicheren Ende für uns. Ich bin natürlich froh über die zwei Punkte, aber noch mehr über die gezeigte Leistung meiner Mannschaft – ganz unabhängig vom Ergebnis.“

TSV-Coach Thomas Hauke war natürlich nicht zufrieden: „Bitter, dass wir nach so viel Aufwand ohne Punkte dastehen. Gegen Kolbermoor können wir nur punkten, wenn jeder sein Limit erreicht, was aus den unterschiedlichsten Gründe heute nicht der Fall war.“ Hauke fügte hinzu: „Nach unserer längeren ‚zweiten Sommerpause‘ wissen wir nun wieder, wo wir stehen. Nächste Woche greifen wir wieder an.“ Auch Tanja Krämer war nicht gerade in bester Stimmung: „Schade, heute wäre definitiv ein Punkt drin gewesen. Das Ergebnis ist jetzt doch enttäuschend.“ Schließlich liegt uns auch das Statement des Langstädter Sportlichen Leiters Manfred Kämmerer vor: „Unsere schwarze Serie gegen Kolbermoor geht weiter. Im Gegensatz zu den Vorjahren waren die Voraussetzungen diesmal besser. Doch zwei Siege von Yuan Wan waren der Schlüssel zum Sieg für Kolbermoor.“

Langstadt und Kolbermoor tauschten die Plätze. Die Oberbayern (5:3 Punkte) sind nun Tabellendritter, der TSV (3:3) fiel auf Rang vier zurück. Am kommenden Samstag (14 Uhr) bietet sich den Südhessinnen beim neuen Spitzenreiter TSV Schwabhausen sowie tags darauf in der heimischen Eckehard-Colmar-Halle (ebenfalls 14 Uhr) gegen die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim die Chance, wieder zu einem positiven Punktekonto zu kommen. Kolbermoor ist am Sonntag (10.30 Uhr) wieder gefordert, wenn man bei der heimstarken SV Böblingen um die Punkte kämpft.

Beitragsbild oben: Defensivkünstlerin Svetlana Ganina fuhr mit all ihrer Erfahrung zwei wichtige Siege für Kolbermoor ein.

Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher

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