Die TTF Liebherr Ochsenhausen sind die Mannschaft der Stunde in der Tischtennis Bundesliga. Am Freitagabend konnte auch der Südgipfel beim TTC Neu-Ulm mit 3:1 gewonnen werden – manche sprechen auch vom Schwabenderby, was natürlich nicht verkehrt ist, da hier West- gegen Oberschwaben gespielt haben, wenn auch durch die Landesgrenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg getrennt.
Ein Sieg im Nachholspiel des 3. TTBL-Spieltags, der gegen eine wirklich starke Mannschaft herausgespielt wurde und deshalb gewiss nicht gering zu bewerten ist. Durch den Erfolg haben die TTF nach Punkten mit Spitzenreiter Düsseldorf gleich gezogen (16:2) und liegen lediglich aufgrund des schlechteren Spielverhältnisses auf Rang zwei. Am Montag (19 Uhr) geben Gauzy und Co. ihre Visitenkarte beim Rekordmeister ab, der am Abend parallel zum TTF-Spiel durch ein 3:1 gegen Saarbrücken die Champions League gewonnen hat. Ein Tischtennis-Leckerbissen, der wohl auch größere Eventhallen in Deutschland gut füllen würde und dennoch ohne Zuschauer – außer am Livestream – über die Bühne gehen muss.
Simon Gauzy ebnete den Weg
Alles begann mit einem ganz starken Auftritt von Simon Gauzy (Archivfoto) gegen seinen französischen Nationalmannschaftskollegen Emmanuel Lebesson. Lebesson konnte zwar den zweiten Satz in der Verlängerung gewinnen, blieb ansonsten aber ohne Chance. Durch seinen Erfolg gegen den Einzeleuropameister von 2016 verbesserte Gauzy seine TTBL-Bilanz auf 13:1. Man braucht nicht zu erwähnen, dass er damit aktuell bester Spieler der Liga ist.
Es sollten nur noch Fünfsatz-Matches folgen. Zunächst spielte der hoch talentierte 18-jährige Ex-Ochsenhauser Vladimir Sidorenko gegen Hugo Calderano unbeschwert auf, da er nichts zu verlieren hatte. Im fünften Satz allerdings konnte der TTF-Brasilianer noch den entscheidenden Tick zulegen und brachte das Match zur 2:0-Pausenführung des Vizemeisters und Vizepokalsiegers nach Hause.
Vier Sätze lang begegneten sich Tiago Apolonia und der 20-jährige US-Amerikaner Kanak Jha absolut auf Augenhöhe, doch dann riss der Faden bei dem Ochsenhauser, sodass der Portugiese, der viele Jahre selbst für die TTF gespielt hatte, verkürzen konnte.
Calderano sorgte im Duell der Spitzenspieler gegen Lebesson für die Entscheidung. Nach zwei gewonnenen Sätzen schien er einem sicheren Sieg gegen den Linkshänder aus Frankreich entgegenzustreben, ließ dann jedoch ein wenig die Zügel schleifen und musste den Satzausgleich hinnehmen. Im Entscheidungsdurchgang lag der Weltranglistensechste aus Brasilien dann jedoch vom Start weg vorne und brachte die beiden Punkte für sein Team unter Dach und Fach.
Knapp drei Stunden hatten die TTF für ihren achten Sieg im neunten Bundesligaspiel benötigt. Es war ein würdiges Derby mit einem verdienten Sieger – der dritte Erfolg im vierten Derby, letzte Saison hatte man inklusive Pokal dreimal die Klingen gekreuzt.
„Hochklassiges Spiel mit verdientem Sieger“
„Es war ein gutes Spiel vom ganzen Team. Ich bin sehr froh, dass ich mein bestes Niveau abrufen konnte“, sagte Ochsenhausens Hugo Calderano nach der Partie, der von seinen Gegnern jeweils in den Entscheidungsdurchgang gezwungen wurde, da aber nochmal entscheidend zulegen konnte. „Ich bin super dankbar, was die Jungs gezeigt haben und wie sie sich reingehängt haben, das war klasse!“, freute sich Cheftrainer Fu Yong. „Es war nicht leicht für uns, Hugo war angeschlagen und Simon war ziemlich müde von den vielen Einsätzen in letzter Zeit. Dennoch haben sie alles gegeben, großartig gekämpft und sich selbst für ihre Leistung belohnt.“
Auch Kristijan Pejinovic war hoch zufrieden. „Das war ein sehr guter, solider Auftritt unserer Jungs“, bilanzierte der TTF-Präsident. „Simon hat, obwohl er eigentlich müde war, ein ganz tolles Spiel auf höchstem Niveau gegen Lebesson gemacht. Er hat seine ganze Power hineingelegt und dem Team das Feld geebnet.“ Pejinovic weiter: „Hugo hat nachgelegt. Er konnte jedes Mal im fünften Satz noch die Zügel anziehen und den Druck auf seine Gegner erhöhen. Klar, dass er als Weltranglistensechster der Gejagte ist, aber seine Klasse setzt sich eben doch immer wieder durch. Auch Kanak war gegen Tiago dran und hätte gewinnen können, leider hat er im fünften Satz den Faden verloren. Zuvor gab es tolle Rückhandrallyes zwischen den beiden.“ Das Fazit des Vereinschefs: „Insgesamt ein hochklassiges Spiel mit einem verdienten Sieger.“
„Ich bin zufrieden mit meiner Leistung, aber was zählt, ist das Abschneiden der Mannschaft“, sagte Neu-Ulms Tiago Apolonia zur vierten Saisonniederlage seines Teams. „Hugo hat heute mal wieder gut gespielt und zwei Punkte gemacht, wenn die Ergebnisse auch knapp waren.“ Das Team des 34-jährigen Portugiesen schließt am Sonntag das ungewöhnliche Tischtennisjahr 2020 mit der Partie beim TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell ab, Ochsenhausen gastiert tags darauf im Gipfeltreffen bei der Düsseldorfer Borussia.
TTC Neu-Ulm – TTF Liebherr Ochsenhausen 1:3
Emmanuel Lebesson – Simon Gauzy 1:3 (7:11, 14:12, 7:11, 4:11)
Vladimir Sidorenko – Hugo Calderano 2:3 (8:11, 11:6, 10:12, 11:7, 6:11)
Tiago Apolonia – Kanak Jha 3:2 (11:9, 9:11, 11:13, 11:8, 11:4)
Emmanuel Lebesson – Hugo Calderano 2:3 (7:11, 8:11, 11:9, 11:6, 7:11)
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher