Auch das zweite Topspiel des ttc berlin eastside binnen 24 Stunden in Frankfurt am Main wurde zu einer einseitigen Angelegenheit. Der TSV Langstadt besaß ohne seine Spitzenkräfte beim 0:8 nicht den Hauch einer Chance. Nach sieben Siegen in Folge thront der Champions-League-Gewinner nun an der Spitze der Liga. Ganz anders ging es beim bis zum letzten Ballwechsel packenden Oberbayern-Derby in Schwabhausen zu, wo der heimische TSV auch ohne Spitzenspielerin Sabine Winter dem favorisierten Team aus Kolbermoor zum zweiten Mal in dieser Saison ein Remis abtrotzte.
ttc berlin eastside – TSV Langstadt 8:0
Es war eigentlich als Teil zwei des Gigantentreffens konzipiert – Teil eins hatten die Berlinerinnen tags zuvor in der Sportschule Frankfurt mit 7:1 gegen Kolbermoor fast ebenso deutlich gewonnen –, doch gigantisch war letztlich nur der Leistungsunterschied zwischen beiden Teams.
Wenn man das 4:4 aus dem Hinspiel der Betrachtung zugrunde legt, kam dies scheinbar überraschend, aber eben nur scheinbar. Berlin war mit der früheren chinesischen Nationalspielerin Ding Yaping im hinteren Paarkreuz nämlich sogar noch einen Tick stärker aufgestellt als an den Spieltagen zuvor, während die Südhessinnen ohne ihre Spitzenkräfte auskommen mussten.
Wenn der Champions-League- und Pokalsieger mit vier Spielerinnen vom Niveau einer Petrissa Solja aufläuft und dem TSV alle potenziellen Kandidatinnen für das obere Paarkreuz fehlen, kann eigentlich nicht viel abfallen für den Außenseiter. Bei Langstadt war Solja aufgrund ihrer Rückenverletzung immer noch nicht einsatzfähig. Auch die beiden Ausländerinnen, von denen natürlich nur eine hätte auflaufen dürfen, kamen für einen Einsatz nicht in Frage. Weder die Ägypterin Dina Meshref noch die Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu. „Dina ist bereits auf dem Weg nach Katar zum großen ITTF-Turnier, Cheng darf zurzeit nicht nach Deutschland einreisen“, erklärt Langstadts Sportlicher Leiter Manfred Kämmerer.
Die Folge war ein drastisches Ergebnis gegen bis in die Haarspitzen motivierte Berlinerinnen. „Dass es eine klare Niederlage geben würde, war dabei anhand der unterschiedlichen Vorzeichen beider Mannschaften abzusehen“, so Kämmerer. Logisch, denn Langstadt ist nur dann ein Team der erweiterten Ligaspitze, wenn alle Spielerinnen an Bord sind und Tanja Krämer wie auch Franziska Schreiner hinten aufschlagen können. Die mussten aber beide oben gegen die eastside-Stars Shan Xiaona und Nina Mittelham ran, wobei sich Schreiner achtbar aus der Affäre zog und beiden immerhin je einen Satz abtrotzte.
Hinten war im ersten Durchgang gar nichts drin, die aus der Drittligamannschaft hochgerückten Janina Kämmer (gegen Britt Eerland) und Alena Lemmer (gegen Ding Yaping) mussten klare Niederlage quittieren. Im zweiten Versuch war dann wenigstens bei Kämmerer mehr möglich. Sie lieferte Ding das einzige Fünfsatz-Spiel des insgesamt so einseitigen Tischtennis-Nachmittags und unterlag schließlich mit 3:11, 13:11, 5:11, 11:7, 8:11. „Schade, dass ich mein zweites Einzel nicht gewinnen konnte“, sagte die knapp Geschlagene. „Letztlich waren es ihre Aufschläge und ihr erster Angriffsball, die mich zu Beginn des 5. Satzes entscheidend in Rückstand brachten. Aus dem Spiel heraus hatte ich mich auf ihre Abwehrbälle gut eingestellt.“
„Ohne unsere Spitzenspielerinnen müssen wir diese Niederlage auch in der Höhe akzeptieren“, bilanzierte TSV-Coach Thomas Hauke. „Kleinere Möglichkeiten, um mehr Sätze zu gewinnen, waren da, wurden aber leider nicht genutzt. Das Spiel werden wir schnell abhaken.“
Der ttc berlin eastside hat damit erneut eindrucksvoll aufgetrumpft und ist am Wochenende mit Siebenmeilenstiefeln an die Tabellenspitze gesprintet. Nach Minuspunkten beträgt der Vorsprung auf die beiden Verfolger nun bereits vier Zähler. Langstadt bleibt Tabellendritter mit 10:8 Punkten, Zweiter ist Kolbermoor (14:8).
„Unser Team hat alles richtig gemacht, 15:1 an diesem Wochenende gegen die beiden Mannschaften, die mit uns oben stehen, besser geht es kaum“, so Berlins Manager Andreas Hain. „Wir stehen jetzt in der Tabelle dort, wo wir hingehören. Ärgerlich ist es aber, dass die Spiele nicht spannend waren, weil unsere Gegner nicht komplett angetreten sind. Es sollte ein Gigantentreffen werden – und das war es dadurch nicht.“ Hain machte seiner Enttäuschung Luft: „In neun Jahren hat noch nie eine Mannschaft auswärts gegen uns komplett gespielt. Ist ja ok, dann sollen sie uns halt gleich Play-offs spielen lassen und gut ist‘s.“
TSV Schwabhausen – SV DJK Kolbermoor 4:4
Das war nichts für schwache Nerven und eines Derbys absolut würdig. Gegen den Meisterschaftsmitfavoriten und Tabellenzweiten Kolbermoor zeigten sich die Schwabhausenerinnen in Topform und durften am Ende eine Punkteteilung bejubeln, die auch deswegen überraschend war, weil man auf die immer noch verletzte Frontfrau Sabine Winter verzichten musste, die mit einer 12:0-Bilanz an der Spitze der Liga-Bestenliste steht. Kolbermoor hatte dagegen nach der klaren Niederlage am Samstag gegen Berlin beim Derby unbedingt doppelt punkten wollen, schließlich geht es nach wie vor um die direkte Qualifikation für das Play-off-Halbfinale.
Diesmal war auch Defensiv-Ass Svetlana Ganina bei Kolbermoor wieder an Bord. Doch Schwabhausen hielt gut dagegen, nicht zuletzt dank der auf Position zwei hochgerückten Ungarin Mercedesz Nagyvaradi, die ihre besten Spiele der Saison ablieferte und sowohl Kristin Lang (3:1) als auch Yuan Wan (3:0) überraschend besiegte. Auch Mateja Jeger wusste mit einem 3:0 über Yuan Wan zu gefallen.
Mit der anfänglichen 2:0-Führung hatte der TSV ein Ausrufungszeichen gesetzt, doch Kolbermoor fightete zurück und konnte später sogar zweimal in Führung gehen, auch weil Ganina weder von Orsolya Feher noch von Alina Nikitchanka zu knacken war, die beide deutlich das Nachsehen hatten. Lang steuerte einen Sieg gegen Jeger bei. Auch die schon in Frankfurt gegen Britt Eerland starke Anastasia Bondareva konnte sich einmal in die Siegerliste eintragen – gegen Abwehrspielerin Nikitchanka gewann sie ohne Satzverlust. Doch am Ende musste die 18-jährige Linkshänderin passen. Gegen die stark aufspielende Ungarin Feher zog das DTTB-Talent mit 2:3 (7:11, 11:7, 5:11, 11:8, 5:11) den Kürzeren. Die Freude bei Schwabhausen war groß, während man im Kolbermoor-Lager nicht annähernd so begeistert war.
„Wir sind überglücklich, das war eine überragende Teamleistung, besonders „Merci“ [Nagyvaradi] war heute herausragend, hatte einen Sahnetag erwischt und spielte tolles Tischtennis, wobei auch die anderen drei echt spitze waren“, freute sich Alexander Yahmed. Der TSV-Trainer ergänzte: „Die tolle Saison geht weiter für uns mit wieder einem Punkt gegen Kolbermoor, obwohl sie deutlich stärker aufgestellt und wir eigentlich schwächer als in der Vorrunde aufgestellt waren. Es war eine überragende Stimmung im Team und auch außerhalb der Box wurde für‘s Team gekämpft.“ Die Vorgeschichte: „Wir hatten uns zusammen auf die beiden Spiele gegen Langstadt und Kolbermoor vorbereitet und ich bin absolut zufrieden mit den beiden Unentschieden. Man merkte, dass das Team zwei Wochen im Training wirklich Gas gegeben hat. Ich denke, das führte dann auch zu solchen Überraschungen. Fazit: einfach nur toll!“
„Ohne Sabine hatte ich mir nicht viel ausgerechnet. Gegen diese Kolbermoorer Aufstellung, die wir so erwartet hatten, waren wir deshalb Außenseiter“, sagte Helmut Pfeil. „Aber in dieser Saison hat unsere Mannschaft gezeigt, dass sie sich nie kampflos geschlagen gibt. Mit einer insgesamt geschlossenen Mannschaftsleistung konnten wir einen letztlich verdienten Punkt in Schwabhausen behalten.“ Der Abteilungschef fuhr fort: „Auch wenn nicht alles ganz optimal gelaufen war – aber das hat man sowieso selten –, kann ich unter dem Strich unserer Mannschaft nur ein großes Lob zollen. Da freue ich mich auf die nächsten Aufgaben. Schade, dass unsere Fans momentan ausgeschlossen sind, denn das Livestreaming kann die Liveatmosphäre in der Halle nicht ersetzen.“
Michael Fuchs räumte ein: „Natürlich nicht das erhoffte Ergebnis für uns. Durch das Unentschieden haben wir den Vorteil gegenüber Langstadt nicht mehr und sind jetzt punktgleich.“ Kolbermoors Trainer merkte ferner an: „Zum Spiel selbst muss man sagen, dass das 1:3 im oberen Paarkreuz überraschend für mich kam und auch den Ausschlag gegeben hat, dass wir sozusagen einen Punkt liegen gelassen haben. Vor allem die zwei Niederlagen von Kristin und Yuan gegen Nagyvaradi waren für mich überraschend, aber vom Matchverlauf selbst nicht unverdient, sie hat stark gespielt.“ Fuchs fügte hinzu: „Svetlana war wieder der Fels in der Brandung. Nastja hat sich gegen Feher eigentlich gut in den fünften Satz gekämpft, hat dann aber leider etwas den Faden verloren. Insgesamt war es ein leistungsgerechtes Unentschieden, auch wenn wir uns natürlich mehr erhofft haben und auch nicht mit dem Ergebnis zufrieden sein können.“
TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – ESV Weil (abgesagt)
Es sollte eigentlich ein tolles „kleines Finale“ zwischen den Tabellennachbarn um den sechsten Play-off-Platz werden, doch daraus wurde nichts. Der Gastgeber hätte aufgrund von Einreisebeschränkungen im Zeichen von Corona und einer verletzten Akteurin nur zwei von sieben für die Rückrunde gemeldeten Spielerinnen zusammenbekommen, was bedeutet, dass der Sieg vermutlich kampflos an Weil geht.
Beitragsbild oben: Es läuft einfach rund: TSV Schwabhausen 2020/21 (Foto: Verein).
Text & Fotos (3): Dr. Stephan Roscher