Mo, 23. September 2024
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Sabine Winter im Blickpunkt

Die 28-Jährige ist in dieser Saison in der 1. Bundesliga noch ungeschlagen, hat im letzten Jahr sehr erfolgreich ihr Abitur nachgeholt und kann seit Mitte 2020 nach einigen schweren Jahren endlich wieder halbwegs schmerzfrei trainieren. Im Januar hat sie durch ihre erfolgreiche Teilnahme beim Clickball World Masters viel Aufmerksamkeit bekommen und nahm nun bei den WTT Auftakt-Veranstaltungen in Qatar teil, in deren Anschluss wir ein Interview mit ihr führten.

Hallo Sabine, Du bist eben vom WTT Middle East Hub in Doha zurück gekommen, weshalb dies unser erstes Thema sein soll.
Du bist trotz einer 3-wöchigen Trainingspause, die du aufgrund einer gebrochenen Rippe einlegen musstest, zum Turnier gereist. Wie kam es zu der gebrochenen Rippe und warum hast du dich am Ende trotzdem entschieden, die weite Reise anzutreten?


Genau genommen waren es sogar vier Wochen Trainingspause, wenn man meinen Clickball Ausflug und die Quarantäne danach dazu rechnet.
Für die gebrochene Rippe habe ich leider keine verrückte Story auf Lager. Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Ich hatte vom einen auf den anderen Tag plötzlich Schmerzen.
Gespielt habe ich, weil ich für die Katar Reise fast 4000 Dollar zahlen musste und bei Absage nicht zurückbekommen hätte. Das ist neu bei WTT. Es muss das offizielle Paket (Hotel, Verpflegung) genommen werden, aber bei Verletzung oder Krankheit wird nichts zurückerstattet, sondern die volle Summe muss bezahlt werden.
Deswegen habe ich mich entschieden einfach mal hinzufahren und zu schauen was passiert.

Sabine hatte auch in der Zeit als das Training in der Halle nicht möglich war ihren Spaß mit Tischtennis. 🙂

In den Turnieren selbst bist du jeweils in deinem zweiten Qualifikationsmatch gescheitert.
Was sagst du zu deinen sportlichen Leistungen und wie war es für dich, nach einem Jahr endlich wieder ein internationales Tischtennisturnier zu spielen?


Naja, durch die genannten Umstände habe ich mich nicht mehr auf das Turnier gefreut. Im Vorfeld, Anfang des Jahres, natürlich schon. Aber unter diesen Umständen hätte ich normalerweise abgesagt und nur dadurch, dass ich trotzdem alles hätte zahlen müssen, habe ich die Reise angetreten.
Spielerisch war ich im letzten halben Jahr logischerweise auch deutlich besser als in Katar. Aber ich hatte im Vorfeld bei der Anreise auch nicht mehr erwartet.  Die Hoffnung stirbt aber eben bekanntlich zuletzt. Ich kann meine Reise aber eindeutig nicht als Erfolg betrachten.

Gegen Christina Källberg hat es für Sabine in der letzten Woche leider nicht zum Sieg gereicht.

In Katar bist du ja erstmals auch mit den neuen Spielbedingungen der WTT in Kontakt gekommen. Wie ist deine Meinung zum schwarzen Tisch auf schwarzem Boden? War es leicht sich daran zu gewöhnen? Gibt es Dinge, die du im Vergleich zu den ITTF-Turnieren nun bei der WTT als Verbesserung siehst?

Die anderen Farben haben mich nicht gestört. Da habe ich keine lange Eingewöhnungsphase benötigt. Insgesamt war alles noch ein ziemliches Durcheinander. Vor allem war es ärgerlich, dass wir meistens nachmittags noch nicht wussten, wann wir am nächsten Tag spielen werden. Ein ungefährer Zeitplan wäre für uns Spieler schon sehr wichtig.
Tisch Nummer 1 war auf jeden Fall schön aufgebaut, das muss man ihnen lassen. Aber ein Zeitplan wäre für uns Spieler deutlich wichtiger.

Vor drei Jahren war Sabine im ITTF Format „ask a pro anything“ zu Gast.
Ein etwas anderes Interview mit Adam Bobrow. 🙂

Im Januar dieses Jahres hast du viele (nicht nur deutsche) Fans mit deinem Auftritt beim Clickball sehr positiv überrascht. Trotz der kurzen Vorbereitung hast du bereits super mit dem ungewohnten Sandpapierschläger gespielt.
Du hast bereits öffentlich gesagt, dass deine Teilnahme vor allem mit dem Antrittsgeld zusammen hing, welches du nun für den Start beim WTT eingesetzt hast.
Wird man dich vielleicht auch in Zukunft nochmal bei verschiedenen Clickball-Turnieren sehen können?


Das wird sich in der Zukunft zeigen. Aber wenn, dann natürlich nur wenn es gut in meinen Tischtennisterminplan passt und mich nicht bei einer Vorbereitung stört.

Im letzten Jahr hast du dich nach einer langen Leidensphase an der Schulter operieren lassen.
Nach deinem sehr erfolgreich bestandenen Abitur bist du dann im Sommer wieder voll ins Training eingestiegen. Wie lief der Einstieg und wie hat das deine operierte Schulter verkraftet? Bist du wieder völlig schmerzfrei?

Der Einstieg ging natürlich Schritt für Schritt und wurde langsam aufgebaut. Das Pensum wurde immer dem Befinden der Schulter angepasst.
Mittlerweile kann ich einmal am Tag sehr gut und mit hoher Intensität trainieren. Für kontinuierlich zwei Einheiten am Tag reicht es allerdings noch nicht wirklich, dann treten wieder etwas Beschwerden auf.
Der Schulter geht es aber nun sehr viel besser, als sie es vor der OP war, aber perfekt ist es noch nicht.



Trotz der langen Pause und dem für Profiverhältnisse nicht optimalen Trainingspensum, spielst du in dieser Saison sehr konstant vielleicht das beste Tischtennis deiner bisherigen Karriere.
Hast du Erklärungen dafür? Liegt es vielleicht einfach daran das du dir keinen Druck machst und locker aufspielst?


Ich denke mein bestes Tischtennis hatte ich vor 4 bis 4 1/2 Jahren gespielt, kurz bevor meine Schulterbeschwerden los gegangen sind. Das ist nur wieder so lange her, dass es vermutlich schon in Vergessenheit geraten ist. Dass ich jetzt besser spiele als in den letzten paar Jahren, liegt ganz einfach daran, dass ich bei den Einheiten die ich nun mache, richtig trainieren kann und dies nicht durchgehend mit Schmerzen. Das Training konnte ich schon sehr lange nicht mehr gestalten, wie ich es eigentlich gewollt hätte. Es war am Ende mehr nach dem Motto, was kann ich noch so halbwegs trainieren, damit ich irgendwie bis zum Ende der Einheit durchhalte. Die Technik passt sich auch den Schmerzen an. Der Spaß am Sport geht, wenn man bei jedem Ball Schmerzen hat, auch völlig verloren. Das wiederum wirkt sich negativ auf den Kopf aus, der im Tischtennis auch sehr wichtig ist.
Jetzt habe ich wieder Spaß im Training und ich kann trainieren, was ich für mein Spiel brauche.
Die bisherige Saison hat mir aber auf jeden Fall gezeigt, dass nichts dagegen spricht, wieder so gut wie zu meinen besten Zeiten zu spielen. Im Kopf bin ich seit meinem Abitur im letzten Jahr etwas entspannter, weil ich einfach gesehen habe, es gibt auch andere Möglichkeiten wenn es nicht mehr so laufen sollte wie ich es gerne hätte. Etwas mehr Gelassenheit wirkt sich wiederum positiv auf mein Spiel aus.

Vor 4 1/2 Jahren: Sabine mit einer starken Leistung im Women´s World Cup Achtelfinale

In 17 Monaten finden in München die Europameisterschaften statt, die du bereits aktiv als Werbegesicht bewirbst.
Trainierst du jetzt schon auf dieses Turnier hin oder ist das Turnier noch zu weit weg für dich?

Ich trainiere nie nur für ein Turnier. Natürlich stufe ich die Europameisterschaften höher ein, als beispielsweise die Katar Reise, aber auf den Weg dorthin gibt es viele Zwischenziele, die einen motiviert ins Training gehen lassen.

Wie siehst du allgemein deine Chancen für das Turnier vor deiner Haustür nominiert zu werden? Obwohl du zweifache Europameisterin im Doppel und aktuell eine oder sogar die beste Spielerin in der Bundesliga bist, scheint für Außenstehende die Konkurrenz im Deutschen Damenteam mittlerweile wieder größer zu sein als noch vor ein paar Jahren. Neben den vier Damen aus dem Olympiakader, gibt es ja nicht nur dich im Anschlusskader und mit Anett Kaufmann könnte auch eine Nachwuchsspielerin schon bald reif für erste Erfahrungen bei den Damenturnieren sein.

Die Europameisterschaften in München sind auf jeden Fall ein großes Ziel von mir – und zwar nicht nur teilzunehmen, sondern auch erfolgreich teilzunehmen. Wenn ich verletzungsfrei bleibe und dann dementsprechend gut trainieren kann, dann werde ich mich spielerisch für eine Nominierung sicherlich empfehlen können.

Bekannt bist du in Europa und der Welt vor allem durch deine verrückten Videos, die es immer mal wieder schaffen viral zu gehen, so dass sie mehrere hunderttausend Aufrufe haben. Angefangen hattest du mit Slackline TT, später ging es auch auf die Berge, auf den Baum oder auch auf das Wasser.
Wirst du deine Fans mit weiteren lustigen sowie spektakulären Videos füttern oder gehen dir langsam die Ideen für solch tolle Aktionen aus?

Ideen habe ich leider nicht andauernd neue, aber ich bin mir sicher es wird irgendwann wieder ein Video geben. ?

Ein kleines Best of von Sabines unterhaltsamen Videos.

Nicht unerwähnt lassen wollen wir deinen Einsatz für Slum Ping-Pong. Du hast vor einigen Jahren angefangen, das Projekt aus Uganda zu unterstützen und gleichzeitig auch viele TT-Kollegen dazu animiert, sich für das Projekt einzusetzen.
Vor allem aufgrund deiner Initiative und Vorbildwirkung, haben sich in den letzten Jahren auch viele deutsche Amateursportler dazu entschlossen, verschiedene Tischtennisprojekte in Afrika mit Sach- und zum Teil auch mit Geldspenden zu unterstützen. Sollten Leser des Interviews ebenfalls interessiert sein gut erhaltene Materialien und Textilien, oder auch den ein oder anderen Euro an Slum Ping-Pong zu spenden. Auf welchem Weg könnten sie es tun?


Slum Ping Pong kann vor allem immer Beläge, Schläger oder Schlägerhüllen gebrauchen.
Oder auch Trikots von XXXS-S
Am besten ein DHL Packet bis 2kg, das kostet 16 Euro. Wichtig dabei ist, dass der angegebene Maximalwert auf dem Paketschein nicht 45$ übersteigt, sonst zahlt Slum Ping Pong 50% Zoll.
Zollgebühren müssen auch bei allen Paketen über 2kg gezahlt werden, deswegen sind die 2kg Pakete am besten. 2kg sind ca. 38 Beläge.
Gut wäre es noch SPP auf ihrer Facebook Seite zu schreiben, wenn man ein Paket verschickt.
Die Zieladresse lautet:
Slum Ping Pong
PO Box 25415
Kampala
Uganda

 
 
 
 
 
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Ein Beitrag geteilt von Sabine Winter (@sabine.winter.92)

Ich habe mir mal den Sabine Winter Thread im TT-NEWS Forum angeschaut.
Das meist diskutierte Thema ist dort deine Rückhand.
Wie kam es dazu, dass du, für eine Frau ziemlich untypisch, so vorhandlastig spielst und warum ist die Rückhand im Vergleich zu deiner Weltklassevorhand relativ schwach? Hast du sie tatsächlich lange Zeit im Training vernachlässigt oder fehlt dir da einfach der nötige Touch?


Als ich jung war habe ich auf jeden Fall deutlich mehr Vorhand trainiert. Mein Trainer hat auch meine Stärken weiter ausbauen wollen. Mittlerweile ist meine Rückhand meiner Meinung nach viel besser geworden. Natürlich ist die Vorhand weiterhin besser als meine Rückhand und bleibt meine Stärke, da ich eine viel größere Durchschlagskraft damit habe.
Aber mittlerweile habe ich keine Angst auch mal ein paar Rückhandduelle einzugehen und den Ball im Spiel zu halten, bis sich mir die Gelegenheit gibt, mit der Vorhand zu punkten.
Die Rückhand würde ich mittlerweile eindeutig nicht mehr als meine größte Schwäche im Spiel bezeichnen.

Ein Portrait über Sabine aus dem Jahr 2007. Auch dort geht es u.a. über ihre Rückhandschwäche.

Das hört sich gut an, vor allem weil es sicherlich auch jedes Jahr schwerer wird so dynamisch und schnell die Rückhand zu umlaufen. Mittlerweile bist du 28 Jahre jung. Für Europäer ist das meist das beste Tischtennisalter. Dass du dir noch zutraust besser zu werden und auch Ziele für die Europameisterschaften im nächsten Jahr hast, hast du uns ja schon verraten.
Gibt es aber noch bestimmte Ziele oder Träume für deine Tischtenniskarriere, die du gern noch erreichen würdest?


Meine beiden großen Ziele sind zum einen eine Einzelmedaille bei Europameisterschaften. Den 3. Platz beim Europa Top 16 habe ich zwar schon erreicht und dies hat natürlich auch einen sehr hohen Stellenwert. Europameisterschaften haben aber irgendwie nochmal das gewisse etwas. Eine Medaille dort im Einzel wäre noch ein Traum von mir.
Ansonsten würde ich natürlich auch sehr gerne irgendwann mal bei Olympia in der Box stehen.

Ein Portrait von Sabine vor Olympia 2012. Damals durfte sie bereits als Ersatzspielerin mitreisen, war jedoch nicht im Einsatz.

Interview & Foto: Johannes Gohlke

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