Nach den internationalen Topevents in Katars Hauptstadt Doha – dem WTT Contender, dem Star Contender sowie der Olympiaqualifikation – sind die beteiligten Bundesligaspielerinnen wohlbehalten in die Heimat zurückgekehrt. Ab sofort liegt der Fokus wieder auf der Bundesliga, deren reguläre Punktrunde in die heiße Endphase eintritt. Drei interessante Partien stehen am Wochenende auf dem Programm.
Die SV Böblingen hat bisher die wenigsten Partien absolviert und muss noch fünfmal an die Tische. Am Samstag empfängt man den ESV Weil zu einem zu erwartenden Duell auf Augenhöhe, tags darauf steht die schwere Auswärtsaufgabe beim SV DJK Kolbermoor auf dem Programm. Die Oberbayern dürfen im Fernduell um Platz 2 mit dem TSV Langstadt – beide liegen nach Minuspunkten gleichauf – nichts anbrennen lassen. Gleiches gilt natürlich für Langstadt selbst, das am Sonntag bei der TTG Bingen/Münster-Sarmsheim, deren Chancen auf einen Play-off-Platz nur noch gering sind, nichts anbrennen lassen darf, sonst wäre Kolbermoor wohl nicht mehr einzuholen.
Samstag, 14.00 Uhr: SV Böblingen – ESV Weil
„Eine Englische Woche ist dagegen ein Kindergeburtstag“, verlautet aus Böblingen. Fünf Spiele in neun Tagen liegen vor den Tischtennis-Frauen der SV Böblingen, die in dieser Spielzeit erst siebenmal an den Tischen standen – zuletzt vor neun Wochen in Bingen.
Zum Auftakt des Marathon-Programms empfängt man zuhause die Südbadenerinnen vom ESV Weil am Rhein. Gespielt wird allerdings nicht im Tischtenniszentrum am Silberweg 20, sondern in der Kleinsporthalle des Paladions hundert Meter entfernt. Die angestammte Spielstätte der Württembergerinnen ist derzeit nämlich eine Baustelle und kann voraussichtlich bis September für Training und Wettkampf nicht genutzt werden. Die SVB hat zuletzt drei Partien in Folge Corona-bedingt verlegen lassen.
In Böblingen sieht man die Partie als Vier-Punkte-Spiel an, da Weil als Konkurrent um Platz sechs gilt, der zur Teilnahme an den Play-off-Spielen berechtigt, und mit dem beide Klubs absolut zufrieden wären. In der Vorrunde siegte die SV Böblingen mit 5:3. Doch da war Qianhong Gotsch als Spitzenspielerin dabei. Aktuell fehlt Böblingens Nummer eins, da sie in Pandemie-Zeiten nicht mehr zu Punktspielen antreten will.
So müssen es Annett Kaufmann, Mitsuki Yoshida und Alexandra Kaufmann zu richten versuchen. Erstmalig dabei sein wird nach ihrer Babypause Rosalia Behringer. Volker Ziegler und Sönke Geil werden am Rande der Bande als Betreuer fungieren. Auch ohne Gotsch, ohne die Böblingen allerdings noch nie ein Bundesligaspiel gewonnen, hält SVB-Manager Frank Tartsch den Anspruch aufrecht: „Platz sechs ist unser Ziel.“ Man deutet an, durchaus mit einem Remis leben zu können.
In Weil, das vor sieben Wochen zuletzt gespielt hat, ist man gespannt. „Wir freuen uns natürlich, dass es nach den letzten abgesagten Spielen wieder losgeht. Unser Kader ist komplett, auch die Spielerinnen, die in Doha waren, sind wieder zurück. Wer gegen Böblingen dann aber zum Einsatz kommt, ist noch nicht ganz sicher“, weiß Doris Spiess zu berichten. „Wir sind natürlich heiß auf das Spiel und wollen versuchen, uns für die knappe Niederlage im Vorrundenspiel zu revanchieren. Es wird aber mit Sicherheit wieder eine spannende Sache werden. Entscheidend wird auch sein, ob alle Spielerinnen verletzungsfrei an die Platte gehen können. In der Rückrunde hatten doch einige unserer Spielerinnen immer wieder Probleme mit diversen Verletzungen.“
Sonntag, 13.00 Uhr: SV DJK Kolbermoor – SV Böblingen
Es ist bereits die letzte Vorrundenpartie für den Meisterschaftsmitfavoriten aus Oberbayern. Bei einem Sieg wahrt man die Chance auf Platz 2 und die damit verbundene direkte Halbfinalteilnahme. Gelingt ein klarer Erfolg – und das ist so ausgeschlossen nicht, zumal die SVB ohne Qianhong Gotsch anreisen wird –, müsste Rivale Langstadt schon seine sämtlichen drei ausstehenden Partien haushoch gewinnen, um noch vorbeizuziehen.
Der Gast aus dem „Ländle“, der nach drei Auftaktsiegen zwischenzeitlich Spitzenreiter war, danach aber nichts Zählbares mehr verbuchen konnte und momentan bei 6:8 Punkten steht, hat das Hinspiel am 13. Dezember trotz des Einsatzes von Qianhong Gotsch deutlich mit 2:6 verloren. Gepunktet hatten lediglich Gotsch (gegen Yuan Wan) und Annett Kaufmann, die sensationell gegen Svetlana Ganina die Oberhand behielt und dieser die bisher einzige Saisonniederlage zufügte. Bei Kolbermoor hatte Kristin Lang mit zwei glatten Erfolgen, auch über Gotsch, geglänzt und Anastasia Bondareva bei ihren Siegen gegen die Kaufmann-Schwestern überzeugt.
Trotz des Comeback-Wochenendes von Rosalia Behringer dürften die Trauben für die SVB in Kolbermoor doch sehr, sehr hoch hängen, auch wenn der Tabellenzweite zuletzt drei Spiele in Serie nicht gewinnen konnte – zwei davon allerdings gegen Ligaprimus ttc berlin eastside. Kristin Lang weist mit 14:4 eine beeindruckende Zwischenbilanz auf, Svetlana Ganina ist mit 12:1 im hinteren Paarkreuz eine Bank. Neben Volker Ziegler wird diesmal auch Andrzej Kaim betreuen, dessen Tochter Laura übrigens bei Kolbermoor II in der 2. Bundesliga aktiv ist.
Die in Katar bei beiden WTT-Turnieren angetretene deutsche Nationalspielerin Yuan Wan ist zurück und wird auch spielen. „Ansonsten sind auch alle anderen Spielerinnen an Bord“, kann Trainer Michael Fuchs vermelden. „Ein Sieg ist für uns Pflicht, um die Chance auf den 2. Platz zu wahren. Langstadt lauert und kann uns am letzten Wochenende dann trotzdem noch mit einem besseren Spielverhältnis überholen, weshalb wir natürlich einen hohen Sieg anstreben.“
Sonntag, 14.00 Uhr: TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Langstadt
Bei noch drei ausstehenden Saisonspielen beginnt für die Langstädter Damen mit dem Auswärtsspiel in Bingen die entscheidende Phase im Kampf um eine gute Ausgangsposition für die Play-offs. Topspielerin Petrissa Solja, die dennoch ihre Weltranglistenposition 19 halten konnte, war wegen ihrer Rückenverletzung nicht am Persischen Golf im Einsatz, ihr Comeback ist aber für den Sonntag angekündigt.
Wie es aussieht, dürfte der Gegner aus Rheinhessen das einzige Team sein, dass diese Saison in den sauren Apfel beißen muss, auf die Endrunde zu verzichten. Sechs von sieben Klubs spielen bekanntlich nach Abschluss der regulären Punktrunde in den Play-offs weiter, bis der Titelgewinner feststeht. Das vermutliche Scheitern der TTG, vor drei Jahren noch Vizemeister, ist keineswegs einem zu schwachen, nicht ligatauglichen Kader geschuldet, sondern schlicht und einfach einer Riesenportion Pech. Sechs Spielerinnen hatte man unter Vertrag, doch im Gegensatz zur Konkurrenz, die ihr spielendes Personal auch in Corona-Zeiten weitgehend zusammenbekam, schmolz das Bingener Sextett rasch zu einem Trio, da es Amy Wang und Nadezhda Bogdanova überhaupt nicht bewerkstelligen konnten, zu den Spielen einzureisen, und Mallika Bhandarkar aufgrund der Einreisebeschränkungen lediglich zu einem Einsatz kam. Allesamt ligataugliche Spielerinnen, auf deren Dienste man nicht zurückgreifen konnte. In der Vorrunde konnte man ein einziges Mal zu viert antreten, was dem Punktekonto (aktuell 4:16) nicht bekam.
Es blieben die deutsche Nationalspielerin Chantal Mantz, die einzige Spielerin mit ausgeglichener Bilanz (9:9), die nach der Saison zu Langstadt wechselt, die Italienerin Giorgia Piccolin sowie die Tschechin Katerina Tomanovska. Der Not gehorchend, verpflichtete man zur Rückrunde noch die Tschechin Karolina Mynarova vom Zweitligisten Füchse Berlin, sodass man wenigstens wieder zu viert war und relativ zügig zu den ersten beiden Saisonsiegen kam. Man schien auf den „rettenden“ sechsten Platz zuzusteuern, dann stand das „kleine Finale“ gegen Aufsteiger Weil auf dem Plan und ausgerechnet da ging es personell erneut in die Hose: Piccolin blieb verletzt in ihrem Heimatland und Tomanovska durfte nicht einreisen. Man wäre zu zweit gewesen, was laut Statuten des Verbandes nicht zulässig ist. Eine Corona-bedingte Verlegung war auch nicht möglich. Somit gewann Weil am grünen Tisch mit 8:0 und Bingen schaut wohl endgültig in die Röhre. Eine ganz minimale Play-off-Chance hätte man vielleicht noch, aber dazu müsste zunächst zwingend Langstadt geschlagen werden – aus eigener Kraft ist gar nichts mehr zu machen, denn es hinge auch dann von günstigen Ergebnissen der Konkurrenz ab.
In Bingen betrachtet man die Situation realistisch. Teammanager und Coach Frank Liesenfeld sagt im Vorfeld der Partie: „Die Play-offs sind in weite Ferne gerückt. Wir schauen in den letzten beiden Matches, dass wir unseren Fans, Sponsoren und Tischtennisinteressierten guten Tischtennissport präsentieren, soweit es Corona zulässt. Dafür werden wir an der Platte und um die Platte herum alles geben.“
TSV-Coach Thomas Hauke geht davon aus, dass die Gastgeberinnen dem eigenen Team alles abverlangen werden. „Ich rechne mit einem harten Spiel für uns“, so Hauke. „Bingen hatte Anfang des Jahres starke Ergebnisse. Sie profitieren enorm von ihrem Winter-Neuzugang Mynarova. Wir hatten jetzt eine längere Spielpause und wollen schnell wieder unseren gewohnten Wettkampf-Rhythmus aufnehmen.“ Der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer äußert sich zum Solja-Comeback: „Wir hatten in den ersten drei Spielen der Rückrunde ohne sie nur einen Punkt geholt. Nach ihrer langen Pause ist sie natürlich noch nicht in Topform, doch ist sie nun mal für unsere Mannschaft unheimlich wichtig.“
Das Hinspiel Mitte Dezember gewann der TSV übrigens gegen drei Bingenerinnen mit 6:2.
Beitragsbild oben: Mit 14 ist sie die mit Abstand jüngste Bundesligaspielerin und schlägt in der Rückrunde sogar bereits im oberen Paarkreuz auf: Annett Kaufmann, deren Team es am Wochenende ohne Defensiv-Ikone Gotsch allerdings schwer haben dürfte.
Text & Fotos (4): Dr. Stephan Roscher
Foto Tischtenniszentrum Böblingen: SV Böblingen