Die Halbfinals waren eine lockere Übung für die beiden großen Meisterschaftsfavoriten ttc berlin eastside und SV DJK Kolbermoor. Besonders der Titelverteidiger aus der Hauptstadt hatte mit dem ESV Weil das erwartet leichte Spiel – 8:0 und 7:1 lauteten die Resultate. Die Oberbayern mussten gegen Langstadt schon etwas mehr ackern, durften sich aber dennoch über zwei deutliche Ergebnisse freuen (7:1 und 6:2). Doch das ist alles Schnee von gestern und zählt nicht mehr, da nun der große Final-Showdown im Fokus steht. Und dieser verspricht Spannung pur – jeder Ausgang scheint möglich. Teil eins steigt am kommenden Sonntag ab 13 Uhr in Kolbermoor, sechs Tage später findet das Rückspiel in Berlin statt.
Nun wird es richtig zur Sache gehen – taktische Geplänkel sind ausgeschlossen und würden im finalen Stadium einer ereignisreichen Saison auch zu nichts mehr führen. Beide werden mit offenem Visier in den Aufstellungen der Halbfinals kämpfen. Alles oder nichts lautet die Devise. Kolbermoor geht selbstbewusst in die Endspielserie, obwohl man gegen den Champions-League-Sieger eigentlich leichter Außenseiter ist. Der ttc eastside dagegen will nichts von einer Favoritenrolle wissen und schiebt diese den Bayern zu.
Fakten und Zahlen vor dem ersten Gipfeltreffen
Einige Fakten zur Saison vor dem ersten Gipfeltreffen um den Titel: Die Punktrunde schloss Berlin als Spitzenreiter mit 18:6 Punkten ab, gefolgt von Kolbermoor mit 16:8. Hier die Bundesligabilanzen beider Teams inklusive Play-offs: Berlin: Shan 16:2, Mittelham 13:9, Eerland 21:1, Ding Yaping 8:0, Göbel 6:8 — Kolbermoor: Fu Yu 4:0, Lang 19:5, Yuan Wan 15:11, Ganina 16:5.
eastside gewann beide Punktspiele, doch die Vergleichbarkeit steht in Frage, da Kolbermoor nie in Bestbesetzung antrat. Am 13.02. in Kolbermoor siegte der Titelverteidiger nur mit 5:3, nur, weil bei Kolbermoor mit Kristin Lang lediglich eine Stammspielerin an Bord war und ansonsten eine extrem junge Truppe spielte. Berlin trat mit Göbel und ohne Ding Yaping an. Lang agierte in Galaform und bezwang sowohl Shan Xiaona als auch Nina Mittelham. Sensationell gewann auch noch die junge Naomi Pranjkovic gegen Mittelham. Eine Woche später in Berlin machte eastside in der vermutlichen Finalaufstellung – also mit Ding Yaping an Position 4 – kurzen Prozess und siegte mit 7:1. Kolbermoor war ohne Fu Yu und Svetlana Ganina angereist. Der Ehrenpunkt war wiederum Lang gegen Mittelham vorbehalten.
2018 hatten Lang und Co. zum bisher einzigen Mal den Meistertitel errungen – in der Finalserie war Bingen nach drei Partien bezwungen worden. Das letzte Mal in einem Meisterschafts-Finalduell mit eastside stand man in der darauffolgenden Saison. In Kolbermoor trennte man sich 5:5, doch in Berlin hatte der Gastgeber mit 6:3 die Nase vorn. Doch der Pokalwettbewerb ging in der Saison 2018/19 an Kolbermoor – ebenfalls zum bis jetzt einzigen Mal. Im Endspiel des Final Four bezwang man im Januar 2019 den ttc eastside in der Höhle des Löwen mit 3:1. Im Jahr darauf konnten sich die Hauptstädterinnen in Pforzheim aber mit einem klaren 3:0-Finalerfolg über den Dauerrivalen revanchieren. Und diese Saison ging es im Pokalfinale in Berlin zwar enger zu, da Fu Yu immerhin Shan Xiaona und Britt Eerland bezwingen konnte. Alle anderen Matches brachte indes der Titelverteidiger nach Hause zum 3:2-Endstand für eastside.
Kolbermoor „heiß auf den Titel“, Berlin könnte das „Triple“ schaffen
„Eins ist klar: Wir sind heiß auf den Titel“, lesen wir auf der Kolbermoorer Facebook-Seite. Kristin Lang bekräftigt: “Wir wollen gewinnen – Punkt. Wir sehen uns auch nicht als Underdogs. Wir haben eine Mannschaft, mit der wir – wenn alles gut läuft – gegen Berlin gewinnen können und geben unser Bestes, dass wir das schaffen!”
Der ttc eastside will natürlich ebenfalls den Titel – es wäre der achte Meistertitel der an Erfolgen reichen Klubgeschichte und der 22. Titel der Berlinerinnen überhaupt, rechnet man die drei ETTU-Cup-Siege des unmittelbaren Vorgängers 3B Berlin mit ein. Fünfmal gewann eastside Europas Königsklasse sowie sechsmal den deutschen Pokalwettbewerb. Bezieht man die drei Vorgängervereine aus Zeiten der DDR mit ein, sind zusätzlich noch 20 Deutsche Meistertitel und zwei Europapokalsiege zu berücksichtigen.
Zudem würde man im Erfolgsfall das Triple in der Saison 2020/21 perfekt machen, das vierte Triple der Vereinshistorie. Dennoch hört man eher moderate Töne aus der Hauptstadt: „Jetzt richten wir unseren Fokus auf das Finale gegen Kolbermoor. Dann müssen wir eine deutliche Schippe drauflegen“, hatte Berlins Trainerin Irina Palina nach dem zweiten deutlichen Halbfinalsieg über den ESV Weil zu Protokoll gegeben. Eine eindeutige kämpferische Ansage in Richtung Kolbermoor bleibt aus, doch was will das schon heißen. Die Wahrheit liegt ab Sonntag, 13 Uhr, ohnehin nur noch an den beiden Tischen und zuvor gewechselte Worte sind dann Schall und Rauch.
So oder so: Die Duelle der Giganten versprechen eines ganz gewiss, nämlich reichlich Spannung. Wer wollte schon Wetten abschließen, welches Team am Ende ganz oben auf dem Treppchen „thront“!
Die Partien werden natürlich im Livestream zu sehen sein, die Übertragung erfolgt auf Sportdeutschland.tv.
Vier Fragen an beide Finalisten
Wir wollten noch mehr wissen und haben beiden Klubs vier identische Fragen gestellt. Für Kolbermoor hat diese Trainer und Vorstandsmitglied Michael Fuchs beantwortet, für Berlin Vereinspräsident Alexander Teichmann.
1. Wie zufrieden Sind Sie mit dem bisherigen Verlauf der Saison, die ja – nicht zuletzt aufgrund der Corona-bedingten Einschränkungen – gewiss nicht einfach war?
M. Fuchs: „Wir standen im Pokalfinale und stehen im Finale um die deutsche Meisterschaft. Deshalb bin ich aus sportlicher Sicht bisher zufrieden. Aus organisatorischer Sicht war es eine größere Herausforderung als sonst und die Umstände, dass die Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden müssen, ist für uns als Verein und für die Mannschaft natürlich ein großer Negativpunkt.“
A.Teichmann: „Mit zwei gewonnen Titel ist die Saison natürlich schon jetzt als erfolgreich einzustufen. Wichtig ist für uns vor allem der Champions-League-Titel, denn den kann man nicht planen. Natürlich hat Corona auch für uns große Einschränkungen mit sich gebracht, doch unter dem Strich konnten wir alles gut meistern und sogar ein erfolgreiches Pokal Final Four ausrichten.“
2. Wären Sie zurückblickend mit der Saison auch zufrieden, wenn es am Ende in der Meisterschaft nur Platz 2 würde?
M. Fuchs: „Wenn man die Saison und speziell ein Finale mit einer Niederlage abschließt, kann man nie zu 100 Prozent “zufrieden“ sein.“
A.Teichmann: „Ja, da wir bereits zwei Titel und insbesondere die Champions League gewonnen haben.“
3. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es mit dem Gewinn des Titels klappt und was macht Sie gegebenenfalls optimistisch?
M. Fuchs: „Wir haben in den letzten Spielen sehr gut gespielt und es sind tatsächlich alle in guter Form. Deshalb gehen wir optimistisch und selbstbewusst in das Finale und glauben an unsere Chancen!“
A.Teichmann: „Kolbermoor ist aus unserer Sicht klarer und eindeutiger Favorit in den Finalspielen. Fu Yu ist eigentlich für uns nicht zu bezwingen und unsere Stärke im Doppel kommt nicht zum Tragen.“
4. In welcher Aufstellung und mit welchem Ziel geht Ihre Mannschaft in das erste Play-off-Match am kommenden Sonntag in Kolbermoor?
M. Fuchs: „Wenn alle fit bleiben, werden wir so spielen, wie im Halbfinale. Das Ziel ist natürlich, das Spiel zu gewinnen – alles andere wäre dumm.“
A.Teichmann: „Leider können aufgrund der Corona-Situation unsere asiatischen Spielerinnen nicht anreisen beziehungsweise müssten nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland in aufwendige Quarantänemaßnahmen, sodass wir mit dem Kader, der in der Rückrunde zum Einsatz kam, antreten werden. Wir werden versuchen, uns so teuer wie möglich zu verkaufen und den Fans am Livestream spannende Matches zu bieten.“
Webseite des SV DJK Kolbermoor
Facebook-Seite des SV DJK Kolbermoor
Webseite des ttc berlin eastside
Facebook-Seite des ttc berlin eastside
Beitragsbild oben: Kristin Lang, Kolbermoors Führungsspielerin, ist zuversichtlich und glaubt an den großen Coup des Teams aus Oberbayern.
Bericht, Interview & Fotos (5): Dr. Stephan Roscher