Die Chinesen haben mal wieder ihre (Luxus-) Problemchen: Wenige Monate vor den Olympischen Spielen machen sich die Nationaltrainer Sorgen um ihre Vorherrschaft im Mixed-Doppel. Denn eigentlich hat man mit Xu Xin und Liu Shiwen eine erstklassige Paarung – 2019 gewannen sie zusammen die Weltmeisterschaft – doch nun treiben die beiden Ausnahmesportler den Verantwortlichen die Sorgenfalten auf die Stirn.
Verletzungen machen ihnen zu schaffen
Weshalb? Im Moment sind beide weit entfernt von ihrer Topform: Liu Shiwen erholt sich noch immer von einer schweren Verletzung aus dem letzten Jahr, laut chinesischen Medien ist sie erst wieder bei 70 Prozent angelangt. Xu Xin dagegen verletzte sich in den ersten Runden der nationalen Meisterschaften und hat auch sonst immer wieder mit Blessuren zu kämpfen. Die Folge der Misere: Beide haben seit über einem Jahr kein Mixed mehr zusammen gespielt. Ob das noch für Olympia reichen wird?
Das fragt sich auch Damennationaltrainer Li Sun. Im Interview glaubt er, dass andere Nationen im Moment stärker einzuschätzen seien. Trotzdem spart er nicht mit Druck: Im Team-Wettbewerb könne man zwei Spiele verlieren, im Einzel eines, aber im Mixed-Doppel dürfe man sich keine Fehler erlauben. Tatsächlich kann jede Nation nur eine einzige Mixed-Paarung stellen. Für Xu und Liu bedeutet dies: Sie allein müssen den Titel holen. Oder wird es am Ende gar nicht Liu Shiwen?
Ding Ning jedenfalls würde sie nicht ersetzen. Die Olympiasiegerin nimmt nicht mehr an den Trainings der Nationalmannschaft teil, hat mittlerweile ein Studium der Sportwissenschaft an der Universität in Peking angefangen und wurde in den ersten Prüfungen sogar Notenbeste. Neben ihr hat auch Guo Yan, Dings persönliche Trainerin, das Nationalteam verlassen. Die ehemalige Nationalspielerin war bis dato die einzige Frau im Trainerteam. Kritisch merkt das chinesische Boulevard jedoch an, dass Guo mit 38 immer noch ledig sei – ob das ihrer Trainerkarriere im Weg stand?
Ma Lin ist sich sicher
Aber zurück zum Mixed: Lius persönlicher Coach Ma Lin glaubt an die Erfahrung und Wettkampfhärte der Weltmeister: Beide hätten schon „hundert Schlachten“ gemeistert und seien auch für Tokio bereit. Ma Lin muss es wissen: 2008 hielt er dem Druck bei Olympia in Peking stand und gewann vor heimischer Kulisse die Einzeltrophäe.
Was passiert aber, wenn Xu Xin sich verletzt? Wer würde dann nachrücken? Eigentlich könnten die Chinesen total beruhigt sein: Von den Top 10 der Welt stammen allein fünf aus dem Reich der Mitte. Da sollte sich ein Partner für Liu Shiwen finden lassen – aber auch einer für Guo Yan?
Text: Ludger Santel
Beitragsbild: courtesy of the ITTF
Weitere Bilder: Dr. Stephan Roscher