Di, 5. November 2024
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„Für uns geht es mehr um Entwicklung als um kurzfristigen Erfolg.“ – Interview mit Andreas Preuß

Im Rahmen des TTBL-Finales hatten wir die Gelegenheit mit dem Manager von Borussia Düsseldorf, Andreas Preuß, vor Ort zu sprechen.
Was der 59-Jährige zum Endspiel, die Gewinner der Corona-Pause, aber auch zu der Zukunft seines Vereins zu sagen hat, erfahrt Ihr im folgenden Interview:

Herzlichen Glückwunsch zur Deutschen Meisterschaft, Herr Preuß! Wie haben Sie das Spiel gesehen?

Keiner wusste vor dem Spiel so richtig, wo er aktuell steht. Wir hatten eineinhalb Spiele arge Probleme, da sah Saarbrücken schon wie der Sieger aus, doch am Ende haben wir den Kopf aus der Schlinge gezogen.
Ich denke wir haben in diesem Jahr verdient gewonnen und freuen uns natürlich sehr über den Deutschen Meistertitel.

Eure Mannschaft hat in dieser Saison sensationelles geleistet und alle drei möglichen Titel gewonnen. Hattet ihr vor der Saison mit dem Triple gerechnet bzw. geliebäugelt?

Nein, an so etwas haben wir vor der Saison natürlich nicht gedacht. Wir waren letztes Jahr nach dem verlorenen Play-Off Halbfinale gegen Ochsenhausen ziemlich am Boden zerstört.
Wir hatten zuvor im Jahr 2020 alle TTBL-Spiele gewonnen, waren auch in der Champions League auf einen guten Weg und plötzlich kommt Corona. Nach der dreimonatigen Wettkampfpause war dann diese Niederlage natürlich sehr bitter für uns.
Man darf nicht vergessen, dass wir bereits seit zwei Jahren in keinem Finale mehr gestanden haben. In erster Linie wollten wir in dieser Saison zu unserer alten Stärke zurückfinden.

Letztendlich habt Ihr es aber doch geschafft. Was war dafür ausschlaggebend?

Gute Frage. Wir waren bzw. sind in einem Umbruch. Timo Boll ist mittlerweile 40 Jahre alt, er war über ein Jahrzehnt unser Garant und die Frage war in den letzten Jahren, bekommen wir neben ihn noch andere Topspieler aufgebaut? Mittlerweile ist tatsächlich Anton Källberg oder aber auch Kristian Karlsson soweit, dass wir eine sehr sehr starke Mannschaft haben.
Dazu kommt dann natürlich auch die mannschaftliche Geschlossenheit. Wir halten langfristig an unseren Spielern fest und so bildet sich ein Teamgeist, der in diesem Jahr auch mit den Ausschlag für die drei Titel gegeben hat.

Ich hatte das Gefühl, dass es vielen Vereinen, deren Spieler vor Ort trainieren zu Gute kam, dass die Spieler sich nahezu das gesamte Jahr über gemeinsam und gezielt auf die Spiele vorbereiten konnten.

Ja, das ist richtig. Bei uns ist aber ein Spieler ganz besonders der Gewinner dieser Tatsache, nämlich Anton Källberg.
Er hat mit Beginn von Corona täglich hart gearbeitet und hat genauso wie andere junge Leute, z.B. Darko Jorgic, endlich mal Zeit gehabt, sein Spiel zu entwickeln.
Die Frage wird sein, ob sie das in die Zukunft transferiert bekommen und sich auch mal bewusst Wettkampfpausen gönnen. Denn nur Turniere spielen bringt gerade die jungen Leute auch nicht weiter.

Apropos starke Entwicklung. Ihr habt jetzt mit Dang Qiu einen weiteren jungen Spieler, der sich in den letzten Jahren stark entwickelt hat, verpflichtet.
Wie werdet Ihr Dang in dieses starke Team integrieren?

Ich denke, dass wenn man Erfolg haben möchte, man vier starke Spieler braucht. Mit Dang haben wir einen starken vierten Spieler dazubekommen, doch auch Ricardo war natürlich ein starker vierter Mann der uns nicht enttäuscht hat.
Dang ist noch in der Entwicklungsphase und auf dem Sprung zu einem Topspieler. Das Training und die Power bei uns wird ihm gut tun.
Man kann jetzt noch nicht sagen, dass er Nummer zwei, drei oder vier wird. Er ist ein Teil der Mannschaft und wird sicherlich auch in den Finalspielen zum Einsatz kommen. Er ist zudem auch ein guter Doppelspieler, doch darauf sollte man ihn natürlich nicht beschränken.
Er muss einfach noch den nächsten Schritt machen und sein Spiel noch ein bisschen weiter entwickeln – dann wird er auch international weiter kommen.

Wechseln wir mal das Thema von eurem jungen Neuzugang zu eurem dienstältesten Spieler Timo Boll.
Sein Vertrag läuft – soweit ich weiß – 2022 aus. Werdet ihr den Vertrag nochmal verlängern?

Ja, wir gehen davon aus, dass Timo seine Karriere in Düsseldorf beenden wird. Wir sind in guten Gesprächen und gehen davon aus, dass er auch über 2022 hinaus in Düsseldorf bleiben wird.

Was erwartet ihr noch von ihm in den nächsten Jahren?

Wenn Timo fit ist, dann hat er für uns immer geliefert. Wenn wir allein auf diese Saison schauen, da hat er in allen wichtigen Spielen seine Punkte für uns gemacht.
Ich bin froh, dass er seine Verletzung jetzt auskuriert hat und wieder fit ist. Timo hat das Potenzial noch das ein oder andere Jahr auf hohem Niveau zu spielen.

In den letzten Jahren, in denen die Titel ausgeblieben sind, wurde von einigen Usern im TT-NEWS Forum kritisiert, dass euch noch ein richtiger asiatischer Spitzenspieler für die wichtigen Spiele fehlt.
Ist von euch in diese Richtung nochmal etwas zu erwarten?

Die Möglichkeiten wären sogar da, jemanden für vereinzelte Einsätze zu holen. Doch auf Dauer würde uns das nicht weiterbringen. Wir haben das Ziel mit den Spielern vor Ort zu arbeiten und sie weiterzuentwickeln. Dafür haben wir mit Danny Heister einen erstklassigen Coach, der u.a. als Mentor von Anton Källberg bewiesen hat, wie gut das funktionieren kann.
Wir sind jetzt schon in Kontakt mit anderen jungen Talenten, die nach der Generation von Dang und Anton unseren Klub nach vorn bringen können. Ich sehe das Ganze sehr langfristig. Wer wird 2030, wenn der Timo sehr wahrscheinlich nicht mehr dabei ist, für unseren Klub spielen? Deshalb schauen wir schon jetzt, wen wir bis dahin zu einem solchen Spieler entwickeln können.
Ich denke, dass es für uns besser ist, nicht kurzfristig zu denken und zum Champions League Finale mal schnell jemanden einfliegen, der dann den Dima schlagen kann, sondern langfristig die Spieler zu entwickeln und zu Identifikationsfiguren in unserem Verein zu machen.
Mit Dang haben wir jetzt bewusst einen langfristigen 3-Jahresvertrag gemacht, um ihn hier weiterzuentwickeln. Bei Anton haben wir sehr lange Geduld haben müssen, bis sich für ihn und für uns die Arbeit ausgezahlt hat. Für uns geht es mehr um Entwicklung als um kurzfristigen Erfolg.

Ihr seid mit Abstand der am professionellsten geführte Tischtennisverein Deutschlands.
Was ist euer Geheimrezept?

Ich denke es ist vor allem das Antizipieren, was in der Zukunft notwendig ist, um erfolgreich zu sein.
Wir machen viele soziale Projekte und sind sehr breit aufgestellt. Hochleistungssport gepaart mit sozialem Engagement – das zeichnet uns aus.
Genau das macht uns „sexy“ für neue Sponsoren und das hilft uns dann natürlich auch wieder für die vielen Projekte.


Interview & Fotos: Johannes Gohlke

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