Thessaloniki. Deutschland hat beim mit 100.000 Euro dotierten Europe Top 16 in Thessaloniki zwei Bronzemedaillen bereits sicher. Nach dem Saarbrücker Patrick Franziska, der das deutsche Viertelfinale gegen Ruwen Filus (Fulda-Maberzell) für sich entschied, zog auch Nina Mittelham erstmals in das Halbfinale des Prestigeturniers ein. Die 24 Jahre alte Berlinerin bezwang Europas Nummer 1 Sofia Polcanova (Österreich) mit 4:1. Mittelham trifft nun am Sonntag um 10.20 Uhr im YMCA Sportscenter „Mimis Tsikinas“ auf die Tschechin Hana Matolova. Franziska bekommt es unmittelbar im Anschluss um 11.10 Uhr mit dem an Position eins gesetzten Weltranglistenneunten Mattias Falck (Schweden) zu tun.
Mittelham bezwingt Europas Nummer 1
Mittelham legte bei ihrem bisher größten internationalen Erfolg gegen die Weltranglisten-16. los wie die Feuerwehr und sicherte sich die beiden ersten Durchgänge mit 11:3 und 11:7. Auch der Anschluss von Polcanova mit 11:8 brachte die Doppel-Europameisterin von 2018 nicht aus der Ruhe. Sie ging schnell erneut mit ungemein druckvollem Tischtennis mit 6:1 in Führung, doch dann folgte die vorentscheidende Phase des Spiels. Die Österreicherin, der trotz aller Konstanz der Gewinn eines großen kontinentalen Titels bislang versagt blieb, holte zwar Punkt für Punkt auf und sicherte sich bei 10:8 und 11:10 sogar drei Chancen zum 2:2-Satzausgleich. Doch Mittelham blieb mental stark und sicherte sich mit drei Punktgewinnen in Folge die 3:1-Führung und anschließend mit 11:8 den Sieg: „Der Gewinn des vierten Satzes war sicherlich die Schlüsselsituation in diesem Match“, analysierte die Mixed-Europameisterin anschließend.
Für die Deutsche war es der bislang erste Sieg über die Topspielerin, unter anderem hatte sie bei ihrer ersten Top-16-Teilnahme 2019 im Viertelfinale gegen Polcanova verloren: „Einige Matches waren sehr knapp, aber das letzte ging sogar glatt an sie.“ Der Grund für ihren Sieg sah Mittelham heute in ihrer mental guten Verfassung: „Ich habe sehr befreit aufgespielt und hatte nichts zu verlieren, ich bin auch in den knappen Situation locker geblieben. Mental bin ich sonst nicht immer so stark, aber heute hat es gut funktioniert, auch schon im ersten Einzel, in dem ich eigentlich nicht so gut gespielt habe.“ Die dreimalige Deutsche Meisterin hatte am Morgen im Achtelfinale einen Siebensatz-Krimi gegen Barbora Balazova (Slowakei) für sich entschieden, in dem sich Mittelham erst in der zweiten Hälfte des Entscheidungssatzes von ihrer Gegnerin absetzen konnte.
Nina Mittelham hat nun am Sonntag die Chance, mit einem Sieg über Hana Matolova in das Endspiel des 100.000-Euro-Turniers einzuziehen. Matalova hatte zunächst Ex-Europameisterin Elizabeta Samara (Rumänien) und im Viertelfinale die Ungarin Georgina Pota nach Abwehr von Matchbällen ausgeschaltet. Im zweiten Halbfinale der Damen stehen sich 2018-Siegerin Bernadette Szöcz (Rumänien) und Portugals Nummer eins Yu Fu gegenüber.
Debütant Franziska zieht mit Sieg über Filus ins Halbfinale ein
Auch Patrick Franziska hat bei seiner ersten Europe-Top-16-Teilnahme auf Anhieb den Sprung in das Halbfinale geschafft. Nach einem dramatischen Achtelfinalerfolg am Vormittag, bei dem der EM-Dritte von 2018 im Entscheidungssatz erst seinen siebten Matchball gegen den Österreicher Daniel Habesohn zu nutzen wusste und selbst zwei Siegchancen seines Kontrahenten abwehrte, setzte sich der 29 Jahre alte Odenwälder in einem deutschen Viertelfinale am Abend gegen Ruwen Filus in fünf Sätzen durch. Der Defensivkünstler hatte zuvor bei seinem dritten Top-16-Start in seinem Auftakteinzel mit einem beeindruckenden 4:2-Erfolg über den bis dahin nur einmal von ihm bezwungenen Schweden Kristian Karlsson für eine Überraschung gesorgt.
Im Match gegen den favorisierten Franziska trauerte der Weltranglisten-36. Filus nach Gewinn des Auftaktdurchgangs der nicht genutzten 4:0-Führung in Satz zwei nach: „Das war meine Chance in dieser Partie. Nachdem ich mir ersten Satz nach hohem Rückstand noch holen konnte, habe ich im zweiten sehr stark begonnen. Wenn ich 2:0 in Führung gehe, läuft das Match ganz anders. Ich habe gespürt, dass Franz in dieser Phase etwas nervös war, das hätte ich nutzen müssen.“ Der Star-Contender-Finalist ergänzte: „Wenn ich so spiele, wie mir das heute über weite Strecken gelungen ist, kann ich bei diesem Turnier fast jeden schlagen. Am Ende war ich vielleicht etwas zu passiv, aber Franz wurde auch immer sicherer.“ Auch der in Thessaloniki verantwortliche Bundestrainer Lars Hielscher lobte: „Ruwen hat mit dem Sieg gegen Karlsson, aber auch im Match gegen Patrick gezeigt, dass er im Moment in sehr guter Form spielt.“
Der Deutsche freute sich über den Einzug in das Halbfinale des prestigeträchtigen Turniers, in dem er nun Schwedens WM-Zweiten Mattias Falck gegenü berstehen wird, der Franziskas seinen Vereinskollegen Darko Jorgic (Slowenien) mit 4:1 aus dem Titelrennen warf. Im zweiten Vorschlussrundenmatch treffen der Portugiese Marcos Freitas und Ex-Europameister Emmanuel Lebesson (Frankreich) aufeinander.
Deutsche Titelverteidiger nicht am Start
Die deutschen Titelverteidiger, die Europameister Timo Boll und Petrissa Solja (anderweitige Saisonplanung) sowie der Olympiadritte Dimitrij Ovtcharov (leichte Verletzung) sind in Thessaloniki am Start. Boll sammelte in seiner Karriere insgesamt sieben Europe-Top-16-Erfolge und führt die Bestenliste zusammen mit Schwedens Legende Jan-Ove Waldner an, Ovtcharov sicherte sich bereits fünfmal den Turniersieg. Solja erspiete sich zweimal in Folge, 2019 und 2020, den prestigeträchtigen Titel.
Die Ergebnisse der Deutschen in der Übersicht
Viertelfinale
Patrick Franziska GER – Ruwen Filus GER 4:1 (-9,7,7,6,5)
Nina Mittelham GER – Sofia Polcanova AUT 4:1 (3,7,-8,11,8)
Achtelfinale
Ruwen Filus GER – Kristian Karlsson SWE 4:2 (8,6,-6,6,-5,5)
Patrick Franziska GER – Daniel Habesohn AUT 4:3 (8,-5,-7,7,-4,9,17)
Nina Mittelham GER – Barbora Balazova SVK 4:3 (-7,9,-10,10,9,-5,7)
Ergebnisse
Livestream auf ETTU.TV
Alle Ergebnisse vom Samstag
Damen, Viertelfinale
Nina Mittelham GER – Sofia Polcanova AUT 4:1 (3,7,-8,11,8)
Hana Matalova CZE – Georgina Pota CZE 4:3 (-7,7,-10,-5,10,9,7)
Yu Fu POR – Dora Madarasz HUN 4:0 (4,8,8,12)
Bernadette Szocs ROU – Ganna Gaponova UKR 4:1 (,4,11,2,-4,9)
Achtelfinale
Sofia Polcanova AUT (Setzungsposition 1) – Shao Jieni POR (13) 4:2 (7,-5,-6,8,7,6)
Nina Mittelham GER (5) – Barbora Balazova SVK (10) 4:3 (-7,9,-10,10,9,-5,7)
Georgina Pota HUN (8) – Aikaterini Toliou GRE (16) 4:2 (6,-13,-8,7,10,9)
Elizabeta Samara ROU (4) – Hana Matelova CZE (9) 1:4 (-8,-8,-6,12,-8)
Britt Eerland NED (3) – Dora Madarasz HUN (14) 2:4 (6,-9,10,-3,-6,-9)
Ni Xia Lian LUX (6) – Yu Fu POR (11) 2:4 (-7,-8,9,-8,9,-9)
Polina Mikhailova RUS (7) – Ganna Gaponova UKR (15) 1:4 (-4,11,-5,-6,-7)
Bernadette Szocs ROU (2) – Yana Noskova RUS (12) 4:1 (9,11,-11,6,7)
Herren, Viertelfinale
Mattias Falck SWE – Darko Jorgic SLO 4:1 (8,5,-5,10,5)
Patrick Franziska GER – Ruwen Filus GER 4:1 (-9,7,7,6,5)
Marcos Freitas POR – Simon Gauzy FRA 4:3 (10,-10,11,-10,9,-8,3)
Emmanuel Lebesson FRA – Liam Pitchford ENG 4:2 (5,7,-10,5,-10,10)
Achtelfinale
Mattias Falck SWE (Setzungsposition 1) – Yang Wang SVK (11) 4:0 (7,15,12,10)
Darko Jorgic SLO (6) – Andrej Gacina CRO (15) 4:1 (2,3,6,-8,9)
Kristian Karlsson SWE (8) – Ruwen Filus GER (12) 2:4 (-8,-6,6,6,-5,-5)
Patrick Franziska GER (3) – Daniel Habesohn AUT (14) 4:3 (8,-5,-7,7,-4,9,17)
Simon Gauzy FRA (4) – Panagiotis Gionis GRE (16) 4:1 (-6,7,4,9,6)
Marcos Freitas POR (5) – Jonathan Groth DEN (9) 4:2 (-11,5,-8,7,7,12)
Robert Gardos AUT (7) – Emmanuel Lebesson FRA (13) (-8,-5,9,-9,8,-13)
Liam Pitchford ENG (2) – Tomislav Pucar CRO (10) 4:2 (-3,4,3,6,-8,4)
Die Spiele am Sonntag
Sonntag
Halbfinale Damen
09.30 Uhr: Bernadette Szocs ROU – Yu Fu POR
10.20 Uhr: Nina Mittelham GER – Hana Matalova CZE
Halbfinale Herren
11.10 Uhr: Patrick Franziska GER – Mattias Falck SWE
12.00 Uhr: Marcos Freitas POR – Emmanuel Lebesson FRA
Finale Damen
14.10 Uhr
Finale Herren
15 Uhr
Text: DTTB
Bild: Johannes Gohlke