10 Tage lang kämpften die stärksten chinesischen Tischtennisspielerinnen und -spieler bei den am vergangenen Sonntag zu Ende gegangenen chinesischen National Games in Einzel, Doppel, Mixed und Teams um die Meisterschaft. Zu sehen war dort mit das Beste, was der Tischtennissport in den letzten Jahren zu bieten hatte. Enorm viele hochklassige Duelle lieferten sich die Tischtenniskünstler aus dem Reich der Mitte und der chinesische Tischtennissport demonstrierte seine derzeit einsame Klasse.
Absoluter Star der Wettbewerbe war dabei Wang Manyu, die junge 22-jährige Frau aus Heilongjian, die die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hinriss und eine Stärke demonstrierte, wie man sie in dieser Form wohl seit Jahren nicht im internationalen Tischtennis gesehen hat. Siege mit 3-0 und 4-0 gegen die Weltranglistenerste und Einzel-Olympiasiegerin Chen Meng in Team und Einzel und mit 4-0 gegen die Weltranglistenzweite Sun Yingsha im Einzelfinale waren das Zeugnis für ihre beeindruckende Überlegenheit. Mit insgesamt 11-0 Sätzen deklassierte sie nicht nur die beiden Weltranglistenersten, sondern ansonsten noch die gesamte chinesische Tischtennis-Elite. Doch damit noch nicht genug. Schon im Teamwettbewerb war sie ungeschlagen geblieben und neben dem Triumph im Einzelwettbewerb gewann sie an der Seite von Che Xiaoxi auch den Doppelwettbewerb, auch hier mit einem 4-0 Sieg gegen die an Nummer 1 gesetzten Wang Yidi/Chen Xingtong und im Mixed erreichte sie das Finale an der Seite von Cao Wei. Sollte Wang Manyu von Verletzungen verschont bleiben, kann sie über Jahre das Damen-Tischtennis weltweit dominieren,
Im Schatten von Wang Manyu überzeugten aber auch noch eine Reihe von anderen Spielerinnen. Hier ist vor allem Chen Xingtong zu nennen, die ihr Team Liaoning zum Sieg im Teamwettbewerb führte und ebenfalls ein sehr starkes Turnier spielte, im Doppel erreichte sie das Finale, im Einzel scheiterte sie in einem begeisternden Spiel an Sun Yingsha im Viertelfinale. Auch die Weltranglistenzweite Sun Yingsha begeisterte mit einigen großartigen Spielen wie in dem schon angesprochenen Spiel gegen Chen Xingtong oder auch dem Einzel-Halbfinale, in dem sie die Weltmeisterin Liu Shiwen mit einem 4-0 förmlich deklassierte. Auch Olympiasiegerin Chen Meng erreichte souverän das Halbfinale, wo sie dann aber gegen Wang Manyu chancenlos war. Sie hatte ein bisschen mit Schmerzen in ihrer Schulter zu kämpfen. Schließlich sah man noch starke Spiele von Wang Yidi, Liu Shiwen, QIao Tianyi und He Zhuojia
Bei den Herren konnte sich Fan Zhendong den Titel mit einem souveränen Finalsieg gegen den Überraschungsfinalisten Liu Dingshuo sichern. Er profitierte dabei etwas von der Absage von Ma Long, der aufgrund der großen Beanspruchung nur Team und Doppel in Shaanxi spielte. Sein härtestes Spiel hatte Fan Zhendong dabei schon im 1/16-Finale, als er gegen Niu Guankai kurz vor dem Aus stand, sich aber noch mit einem 4-3 retten konnte. In den Folgerunden konnte er dann aber mit starken Siegen überzeugen. Eine Enttäuschung gab es dagegen für den Weltranglistendritten Xu Xin, der bereits im Viertelfinale an Liu Dingshuo scheiterte, der dann im Halbfinale auch den mitfavorisierten Wang Chuqin ausschaltete. Einen starken Eindruck machte auch Liang Jingkun, der Bronze gewann.
Ein kurzer chronologischer Überblick über den Damen- und Herrenwettbewerb. :
Der Damen-Wettbewerb war trotz der olympischen Spiele oder der im November noch stattfindenden Weltmeisterschaften der mit Sicherheit am stärksten besetzte Wettbewerb dieses Jahres. Trotz teilweise hartumkämpften und hochklassigen Spielen in den ersten 3 Runden erreichten alle 8 topgesetzten Spielerinnen das Viertelfinale. Wenn man zu dieser Viertelfinalbesetzung noch die verletzte Zhu Yuling und die Japanerin Mima Ito hinzurechnet, hat man hier die derzeit 10 spielstärksten Spielerinnen der Welt. Das Viertelfinale war dann gekennzeichnet von sportlichen Höchstleistungen. Hier ist vor allem das Spiel zwischen Sun Yingsha und Chen Xingtong zu nennen, die sich ein tolles Spiel lieferten. Sun Yingsha gewann dabei die 3 ersten hartumkämpften Sätze und führte mit 3-0, bevor Chen Xingtong dann aufdrehte und die nächsten beiden Sätze mit jeweils 11-3 gewann. im 6. Satz schaffte es Sun Yingsha aber dann, sich mit einigen Zauberbällen wieder ins Spiel zurück zu kämpfen und gewann das Match so mit 4-2. Ebenfalls mit 4-2 bezwang Olympiasiegerin Chen Meng nach einer beeindruckenden Leistung die enorm starke Wang Yidi. Und 4-2 lautete auch das Ergebnis im 3. Viertelfinale, wo sich die Weltmeisterin Liu Shiwen gegen die junge Qian Tianyi durchsetzte, die ebenfalls zu den so vielversprechenden chinesischen Hoffnungen gehört. Das gilt auch für die starke He Zhuojia, die aber im 4.Viertelfinale chancenlos war gegen die brillante Wang Manyu und ihr mit 0-4 unterlag.
Im Halbfinale kam es dann zum spektakulären Spiel zwischen Wang Manyu und der Einzel-Olympiasiegerin Chen Meng. Die Weltranglistenerste wollte hier Revanche für die 3-0 Niederlage im Teamwettbewerb, doch Wang Manyu spielte einfach wie von einem anderen Stern, war praktisch fehlerlos und sie ließ der Olympiasiegerin beim 4-0 keinerlei Chance. Chen Meng spielte zwar mit leichten Schmerzen in der rechten Schulter, aber an diesem Tag hätte wohl niemand eine Chance gegen Wang Manyu gehabt. Genauso souverän trumpfte danach im anderen Halbfinale die Weltranglistenzweite Sun Yingsha auf. Sie deklassierte die Weltmeisterin Liu Shiwen mit einem ganz sicheren 4-0 und demonstrierte hier den anstehenden Generationswechsel.
Riesenspannung dann vor dem Finale zwischen Wang Manyu und Sun Yingsha. Und das Finale hielt alles, was es versprach. Beide Spielerinnen lieferten sich einen phantastischen Fight, aber auch Sun Yingsha konnte Wang Manyu nicht aufhalten. Die Sätze waren zwar alle hart umkämpft, aber immer wieder gelang es Wang Manyu, in den entscheidenden Ballwechseln mit brillanten Schlägen die entscheidenden Punkte zu holen und sie gewann so auch dieses Finale mit einem beeindruckenden 4-0 Sieg. Wang Manyu gewann das Finale nicht zuletzt auch aufgrund ihrer enormen psychischen Stärke in dieser Deutlichkeit und sie erinnert mit ihrem Spielstil, ihrer Statur und ihrer Nervenstärke sehr an die legendäre Zhang Yining.
Beim Herrenwettbewerb gab es schon vor dem Viertelfinale sehr spektakuläre Spiele. so der schon angesprochene dramatische 4-3 Sieg von Fan Zhendong im 1/16-Finale gegen Niu Guankai oder im Achtelfinale, als der mitfavorisierte Wang Chuqin sage und schreibe 6 Matchbälle gegen Xu Xingbin abwehrte, bevor er das Spiel dann doch noch mit 4-3 gewann. Die große Überraschung im Viertelfinale war dann das Aus des an Nummer 2 gesetzten Xu Xin gegen die Überraschung des Turniers, Liu Dingshuo. Nach Rückstand gewann Liu Dingshuo das Spiel noch mit 4-3. Die anderen 3 Viertelfinalspiele brachten Favoritensiege. Fan Zhendong setzte sich mit 4-1 gegen Shang Kun durch, Wang Chuqín hatte dieses Mal keine Probleme beim 4-1 gegen Xu Xingbin, und Liang Jingkun siegte mit 4-2 gegen Zhou Qihao.
Im Halbfinale sorgte Liu Dingshuo dann für die nächste große Überraschung mit einem 4-1 Sieg gegen den hoch eingeschätzten Wang Chuqin, womit er ins Finale einzog. Eine blitzsaubere Leistung zeigte Fan Zhendong im anderen Halbfinale mit einem klaren 4-0 Sieg gegen Liang Jingkun.
Im Finale konnte dann Fan Zhendong mit einem sicheren 4-0 Sieg gegen Liu Dingshuo seiner Favoritenrolle gerecht werden, wobei die Sätze in sich durchaus umkämpft waren.
Gespielt wurden auch Doppel und Mixed. Im Damendoppel triumphierten dabei erneut die überragende Wang Manyu gemeinsam mit ihrer Partnerin Che Xiaoxi. Auch hier deklassierte Wang Manyu mit ihrer Partnerin alles, was sich ihr in den Weg stellte. Im Halbfinale triumphierten die beiden Spielerinnen aus Heilongjiang mit 4-1 gegen die mitfavoriseirten Sun Yingsha und Sun Mingyang, während im anderen Semifinale die an Nummer 1 gesetzten Chen Xingtong und Wang Yidi mit 4-1 gegen Kuai Man und Shi Yunyao gewannen. Doch auch die an Nummer 1 gesetzten Spielerinnen aus Liaoning waren dann im Finale chancenlos gegen Wang Manyu, die mit ihrer Partnerin Che Xiaoxi den Titel mit einem beeindruckenden 4-0 Sieg holte.
Im Doppel-Wettbewerb der Herren setzten sich die favorisierten Ma Long und Wang Chuqin durch. Sie hatten ihr schwerstes Spiel bereits im Viertelfinale, als sie gegen Liang Jingkun und Zhou Kai schon mit 1-2 zurücklagen und dann nur hauchdünn mit 3-2 gewannen. Im Halbfinale setzten sie sich dann gegen Xu Yingbin und Cao Wei durch und im Finale siegten sie mit 4-0 gegen Xu Chenhao und Yan An.
Und schließlich gab es auch im Mixed ein Favoritensieg durch die Olympia-Teilnehmer Liu Shiwen und Xu Xin. Im Halbfinale setzten sie sich mit 4-0 gegen Huang Yingqi und dem ansonsten enttäuschenden Lin Gaoyuan durch, während im anderen Semifinale Wang Manyu und Cao Wei mit 4-1 gegen Qian Tianyi und Sun Wen siegten. Das Finale verlief dann spannend und ausgeglichen, bevor sich Liu Shiwen und Xu Xin mit 4-2 durchsetzen konnten.
Insgesamt waren dies Festtage für den Tischtennissport, bei denen man alles sehen konnte, was diesen Sport so ausmacht.
Text: W.D.
Bild: Johannes Gohlke