In Doha beim ersten WTT Contender Event der Tischtennisgeschichte hat sich inzwischen die Spreu vom Weizen getrennt, man biegt allmählich auf die Zielgerade ein. Die Viertelfinalisten stehen fest und werden sich heute vermutlich heiße Duelle liefern. Mit von der Partie ist als letzter Deutscher der Weltranglistenzwölfte Dimitrij Ovtcharov, der auf Schwedens Vizeweltmeister Mattias Falck vom SV Werder Bremen trifft.
Ein spannendes Match könnte es werden, heute ab 14 Uhr deutscher Zeit in der Lusail Multipurpose Hall. Falck, als Weltranglistenachter der „Ranghöhere“, spielt wie fast immer international sehr stark, besser als in der TTBL. Besonders sein glattes 3:0 im Achtelfinale im Schweden-Duell mit Düsseldorfs Kristian Karlsson (11:6, 11:7, 11:9) zeigt, dass der große Blonde richtig gut in Form ist. Ovtcharov hat auch gut ins Turnier gefunden. Sein 3:1 über den etwas unorthodox agierenden Iraner Noshad Alamiyan lag im Rahmen der Erwartungen, gestern aber beim 3:1 gegen den Franzosen Emmanuel Lebesson (11:9, 9:11, 15:13, 11:4) zeigte „Dima“ in einem drei Sätze lang sehr engen Match, dass mit ihm in Doha zu rechnen ist, auch wenn ihm – seinen eigenen Aussagen zufolge – der Best-of-Five-Modus überhaupt nicht zusagt.
TTF-Duell am Persischen Golf
Aus Sicht der TTF Liebherr Ochsenhausen steht um 13.35 Uhr deutscher Zeit (Ortszeit: 15.35 Uhr) ein überaus interessantes Viertelfinalmatch an: Simon Gauzy, seit Monaten in Galaform, steht Hugo Calderano gegenüber, der in der TTBL erst ein Match verloren hat und in Katar als Nummer 2 der Setzliste am Start ist.
Trotz der hohen Weltranglistenposition des Brasilianers gibt es keinen Favoriten, zumal sich beide aus dem Effeff kennen und jeder genau um die Stärken und Schwächen des Gegenübers weiß. Gauzy hat in der 1. Runde Jonathan Groth ganz glatt mit 3:0 abgefertigt, musste gestern allerdings beim 3:2 über Tomislav Pucar schon härtere Arbeit verrichten. Calderano hatte zunächst ein enges Match gegen seinen in Bad Homburg unter Vertrag stehenden Landsmann Gustavo Tsuboi zu überstehen, das er – wie praktisch immer, wenn sich die beiden Südamerikaner duellieren – gewann und mit 3:1 zu seinen Gunsten entschied. Im Achtelfinale gegen den Südkoreaner An Jaehyun, letzte Saison in Neu-Ulm aktiv, hatte der Weltranglistensechste, der kommende Saison für Orenburg in der Champions League, vermutlich nur in drei oder vier Partien, aufschlagen wird, lediglich im ersten Satz (9:11) Probleme, danach war An ohne Chance (7:11, 5:11, 4:11).
Harimoto und Lin wollen ins Halbfinale
Im Turnier befindet sich auch noch Tomokazu Harimoto, der trotz seiner Setzposition auf der Poleposition bisher zwei gar nicht so leichte Gegner hatte. Gegen Chuang Chih-Yuan verbuchte er ein glattes 3:0, gegen den Weltranglisten-22. Lee Sangsu ging ein Satz verloren. Sein Viertelfinalgegner heißt heute um 12.40 Uhr deutscher Zeit – in Katar ist es dann 14.40 Uhr – Cho Daeseong. Der Südkoreaner (Weltrangliste Platz 141) hat zwei erfolgreich bestrittene Fünfsatzmatches hinter sich und schaltete zunächst den Japaner Yukiya Uda (WRL 35) und später dann den Österreicher Andreas Levenko, der in Runde 1 überraschend dem Weltranglisten-15. Liam Pitchford das Nachsehen gegeben hatte, aus. Harimoto geht dennoch als eindeutiger Favorit ins Spiel.
Fehlt noch ein Viertelfinalmatch – und das bestreiten der von seiner Oberschenkelverletzung augenscheinlich gut erholte Maberzeller Quadri Aruna und der an drei gesetzte Taiwaner Lin Yun-Ju (12.55 Uhr deutscher Zeit). Der Nigerianer besiegte zunächst den Inder Sathiyan Gnanasekaran, 2019/20 noch in Grünwettersbach aktiv, ganz glatt, um gestern gegen den Ex-Ochsenhauser Joao Geraldo mit 3:2 die Oberhand zu behalten. Jenen Geraldo, der in Runde 1 kampflos weitergekommen war, weil sein zugeloster Gegner Wang Yang (Slowakei), früher Bundesligaspieler in Frickenhausen, wegen wiederholter Verstöße gegen die Corona-Vorschriften disqualifiziert worden war. Lin Yun-Ju, aktuelle Nummer 7 der Welt und großer Hoffnungsträger Taiwans für Olympia, hatte in der Auftaktrunde schwer zu kämpfen, bis sein 3:2-Sieg gegen Benedikt Duda (9:11, 12:10, 15:17, 11:9, 11:6) in trockenen Tüchern war. Im Achtelfinale machte es der Ostasiate dann weniger spannend und ließ Düsseldorfs Inder Kamal Sharath Achanta, im ITTF-Ranking immerhin noch die Nummer 32, beim 11:6, 11:4, 11:8 keine Chance.
Damen-Viertelfinals (alle am Freitag)
Yang Haeun KOR – Mima Ito JPN (12.00 Uhr deutscher Zeit)
Suthasini Sawettabut THA – Yu Mengyu SIN (12.15 Uhr)
Miyuu Kihara JPN – Jeon Jihee KOR (12.15 Uhr)
Hina Hayata JPN – Shan Xiaona GER (13.20 Uhr)
Auch wenn sich für das neue Turnierformat nicht jeder erwärmen kann – der Verfasser kann es auch nicht und sieht die Gefahr einer Zerschlagung des hochklassigen Vereinstischtennis –, darf man den Viertelfinals und dem weiteren Turnierverlauf mit Spannung entgegenblicken. Internationale Turniere auf Topniveau haben einfach zu lange gefehlt, als dass man Doha unbeteiligt an sich vorbeiziehen lassen könnte.
WTT Contender: Livestreaming, Ergebnisse, Fakten
- Livestreaming, Tisch 1 (Kostenpflichtiger Livestream auf XYZ Sports)
- Livestreaming, Tische 2, 3 und 4 (WTT Youtube)
- Auslosungen, Ergebnisse und Informationen (WTT Website)
- Spielklassen: Einzel, Doppel und Mixed.
- Spielsystem: Alle Matches K.-o.-System, 3 Gewinnsätze (best of 5). Ausnahme Halbfinale und Finale Einzel, 4 Gewinnsätze (best of 7).
- Einzelwettbewerbe: 32 Teilnehmer (24 Gesetzte + 8 Qualifikanten)
- Herren- und Damen-Doppel-Wettbewerbe: 16 Gesetzte, keine Qualifikanten
- Mixed-Wettbewerbe: 8 Gesetzte + 8 Qualifikanten
- Preisgeld gesamt: 200.000 Dollar, 15.000 Dollar Titelgewinn Einzel
- Weltranglistenpunkte: 400 Punkte Titelgewinn Einzel, 280 Punkte Platz 2
- Die WTT-Contender-Regularien im Detail: Alles, was Sie wissen müssen
Beitragsbild oben: Mattias Falck steht ab 14 Uhr Dimitrij Ovtcharov gegenüber. Prognosen nahezu unmöglich.
Text & Fotos Calderano, Hayata: Dr. Stephan Roscher
Foto Falck: ITTF