Am Samstag endete das erste Event der neuen Turnierserie World Table Tennis (WTT) in Katars Hauptstadt Doha mit dem vielleicht nicht sensationellen, aber doch etwas überraschenden Turniersieg des Deutschen Dimitrij Ovtcharov. Es handelte sich um den sogenannten Middle East Hub des WTT Contenders, dem ja am selben Ort das Star Contender folgt, bei dem heute bereits das Hauptfeld beginnt.
In dem Elitefeld internationaler Asse – nur die Chinesen waren nicht am Start – waren auch zwei prominente Profis der TTF Liebherr Ochsenhausen vertreten. Hugo Calderano und Simon Gauzy waren dabei und haben beide überzeugende Leistungen geboten. Besonders Gauzy – in der TTBL mit einer 25:4-Bilanz herausragend – zeigte sich in prächtiger Verfassung. Aber auch Calderano, der in Europas Topliga erst ein Match verloren hat (15:1) enttäuschte nicht.
Gauzy ließ in der ersten Runde dem hoch eingeschätzten Dänen Jonathan Groth beim 3:0 – bis einschließlich Viertelfinale wurde auf drei Gewinnsätze (Best of 5) gespielt – nicht den Hauch einer Chance. Im Achtelfinale musste der 26-jährige TTF-Spieler dann schon etwas härter arbeiten, hatte aber im fünften Satz gegen den Ex-Maberzeller Tomislav Pucar alles im Griff.
Der an zwei gesetzte Hugo Calderano besiegte zunächst seinen Landsmann Gustavo Tsuboi vom Bundesligisten Bad Homburg mit 3:1, um in der nachfolgenden Runde den Südkoreaner An Jaehyun – ebenfalls in vier Sätzen – in die Schranken zu weisen. WM-Bronzemedaillengewinner An, letzte Saison in Neu-Ulm unter Vertrag, hatte nach gewonnenem erstem Satz nicht mehr den Hauch einer Chance – ein sehr starker Auftritt des Weltklasse-Brasilianers.
Ochsenhauser Viertelfinalduell am Persischen Golf
Schließlich kam es zum Ochsenhauser Viertelfinalduell Simon Gauzy vs. Hugo Calderano, bei dem Prognosen unmöglich waren, da beide die Stärken und Schwächen ihres Gegenübers natürlich genau kennen. Nun, an jenem Tag war Gauzy der bessere Spieler und setzte sich trotz eines 0:2-Satzrückstandes noch mit 3:2 (6:11, 8:11, 11:7, 11:5, 11:8) durch.
Im Halbfinale traf der Franzose dann auf den an drei gesetzten Weltranglistensiebten Lin Yun-Ju (Taiwan), fand nur phasenweise in seinen Rhythmus und unterlag mit 1:4. Insgesamt konnten sich aber die Leistungen der beiden Ochsenhauser sehen lassen. Einmal Halbfinale und einmal Viertelfinale beim ersten WTT-Turnier – ein gelungener Auftakt für die beiden TTF-Asse.
Simon Gauzy und Hugo Calderano bleiben vor Ort und nehmen auch am „Star Contender“ teil, wo sie als Gesetzte wieder direkt im Hauptfeld einsteigen und – nach Freilosen in der ersten Runde (64er Feld) – ab Dienstag im Einsatz sein werden.
Grundsätzliche Gedanken zum neuen Turnierformat
Unabhängig vom fraglos hohen sportlichen Wert bleibt das neue Turnierformat umstritten. Und das liegt nicht an organisatorischen Mängeln, wie sie in Doha zuhauf zutage traten und sicher künftig behoben werden können, sondern im Grundansatz.
In seiner allumfassenden Struktur gefährdet WTT das gerade in Europa so zentrale Vereinstischtennis massiv. Man macht hier den Versuch, den Tischtennissport dem Tennis anzugleichen und den Grand Slam zu kopieren, wobei man die hochrangigen Spieler extrem beansprucht und den Vereinen, die nach wie vor deren Existenz sichern, über weite Strecken des Jahres entzieht.
Nicht nur die TTF, die aus diesem Grund künftig auf Hugo Calderano verzichten müssen, sondern viele Bundesligisten betrachten mit Skepsis, dass sich der Weltverband ITTF auf Gedeih und Verderb langfristig vertraglich an WTT gebunden und damit seinen wichtigsten Turnierzweig – vormals World Tour – an einen externen Dienstleister verkauft hat, der sein eigenes Personal mitbringt und seine eigenen Ziele verfolgt. Und eben sein eigenes Format, das er für das gewinnträchtigste hält, geschaffen hat.
Man befürchtet, dass viele Spieler künftig fast pausenlos unterwegs sein werden. Sollte das mit den einschränkenden Corona-Vorschriften noch eine Weile andauern, ist es noch extremer, da aufgrund der Quarantäne kurzfristige An- und Abreisen nicht möglich sind. Selbst der deutsche Tischtennis-Bund, der mit Thomas Weikert immerhin den ITTF-Präsidenten stellt, zeigt sich skeptisch.
Beitragsbild oben: Simon Gauzy in Emotionspose.
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher