Bei den All Japan Table Tennis Championships 2022 gibt es neue Titelträger. Während man der Weltranglistendritten Mima Ito trotz starker Konkurrenz wie Kasumi Ishikawa, Miu Hirano oder Hina Hayata die Favoritenrolle zusprechen konnte, hatten wohl nur Insider den 20-jährigen Shunsuke Togami auf der Rechnung, obwohl dieser sich bereits mehrfach stark in Szene setzte.
In der Weltrangliste muss man lange suchen, bis man die beiden Herren-Finalisten findet. Natürlich wohlwissend, dass die Weltrangliste spätestens seit der letzten Reform und dem wöchentlichen Erscheinungsdatum, nicht mehr in allen Fällen die tatsächliche Spielstärke der Profis abbildet, ist sie aber nun mal die offizielle Rangliste.
Obwohl er in der Weltrangliste zur Vorwoche einen Sprung um 21 Plätze machte, ist Shunsuke Togami, dessen Vorname man teilweise auch als Junsuke schreibt, nominell nur die Nummer 8 Japans. Vor ihm platziert sind Tomokazu Harimoto (WRL Platz 4), Koki Niwa (23), der nicht mehr aktive Jun Mizutani (28), Yukiya Uda (50), Masataka Morizono (57), Takuya Jin (62) und Kazuhiro Yoshimura (64). Nach Shunsuke Togami, der nun auf Platz 75 notiert ist, folgen die starken Mizuki Oikawa (85) und Maharu Yoshimura (89), womit Japan momentan zehn Spieler in der TOP100 der Weltrangliste hat. Danach findet sich Yuta Tanaka (120), der in der TTBL diese Saison eine Starke Leistung für den TTC OE Bad Homburg zeigt, ehe deutlich unterbewertet Kenta Matsudaira (138) gelistet ist, gefolgt von Yuto Kizukuri (146) und der ebenfalls in Deutschland gut bekannte Masaki Yoshida (174).
Wie eben bereits angedeutet, ist Togamis Finalgegner Kenta Matsudaira natürlich wesentlich stärker, als seine aktuelle Weltranglistenposition ausdrückt. Der ehemalige Weltranglisten-Neunte musste einige Zeit international pausieren und wurde auch nicht für die Olympischen Spiele in Tokio berücksichtigt. Dass mit ihm aber jederzeit noch zu rechnen ist, zeigt sein Finaleinzug und welche Spieler er hinter sich lassen konnte.
Während Kenta Matsudaira im Halbfinale Maharu Yoshimura 4:3 besiegen konnte, der vorher den Weltranglistenvierten Tomokazu Harimoto aus dem Turnier kegelte, womit Kenta Matsudaira zum ersten Mal seit 13 Jahren wieder ins Finale der japanischen Meisterschaften einziehen konnte, besiegte Shunsuke Togami im zweiten Halbfinale Mitfavorit Koki Niwa deutlich mit 4:0. Mit Togami konnte damit erstmalig seit dem Finaleinzug von Kazuhiro Yoshimura im Jahr 2017, wieder ein ungesetzter Spieler das Endspiel der Japanischen Meisterschaften erreichen.
Wenn man sein Alter sieht, beginnt die Karriere von Shunsuke Togami eigentlich erst richtig. Aber seine Spielstärke zeigte er bereits bei den Asian Table Tennis Championships im Herbst 2021, als er im Einzelwettbewerb die Bronzemedaille gewann und außerdem im Doppel und Mixed Asiatischer Meister wurde. Trotz coronabedingter Abwesenheit der chinesischen Topstars, war das trotzdem im Hinblick auf die starke asiatische Konkurrenz mit den Spitzenspielern aus Japan, Korea, Hong Kong, Taiwan, Singapur und Indien eine starke Leistung.
Ein weiteres Mal spielte sich Togami bei den Weltmeisterschaften 2021 in Houston ins Rampenlicht, als er zusammen mit Yukiya Uda nach Siegen über Robin Devos / Benedek Olah in Runde 2, Tomokazu Harimoto / Masataka Morizono im Achtelfinale und Paul Drinkhall / Liam Pitchford im Viertelfinale, ins WM-Halbfinale einzog und sie am Ende Bronze holten, nachdem sie von Jang Woo-Jin und Lim Jong-Hoon gestoppt wurden.
GENERATIONENDUELL IM FINALE
Im Finale der All Japan Table Tennis Championships 2022 hatte Kenta Matsudaira den besseren Start, jedoch gelang es Shunsuke Togami am Ende des ersten Satzes, diesen noch nach einem anfänglichen 1:3 und zwischenzeitlichem 6:8 und 8:9 Rückstand, mit 11:9 zu „klauen“. Im zweiten Satz gab es dann einen umgekehrten Verlauf, denn Togami konnte eine 4:1, 7:2 und 8:3 Führung nicht nach Hause bringen, hatte zwar nach 8:8 Zwischenstand beim 10:8 zwei Satzbälle, verlor aber diesen Durchgang mit 10:12. Der dritte Satz blieb bis in die zweite Hälfte offen, Togami führte immer leicht, aber Matsudaira blieb bis zum 7:6 in Reichweite und erst ab da konnte sich Togami absetzen und hatte mit einem 11:7 das bessere Ende.
Den vierten Satz hatte Matsudaira die ganze Zeit im Griff, ehe es nach einer 8:3 und 10:5 Führung dann bei 10:8 und Aufschlag Togami doch noch etwas spannender wurde. Togami schlug riskant und schnell in Matsudairas Rückhand auf, doch dieser war auf der Hut, umlief und attackierte mit seiner Vorhandseite diagonal und punkte dann aggressiv mit einer parallelen Rückhand in die Mitte.
NERVEN FÜR DIE VORENTSCHEIDUNG
Nach diesem 2:2 Satzausgleich hatte der fünfte Satz einen gewissen vorentscheidenden Charakter. Matsudaira hatte den besseren Auftakt und ging mit 3:1 in Führung, verlor aber spätestens nach einem Netzroller zum 3:3 völlig den Faden und machte nach acht Punkten in Folge für Togami erst wieder beim Stand von 3:9 einen Punkt. Eine Aufholjagd von Matsudaira wurde beim Stand von 6:9 durch ein Timeout von Togami gestoppt. Der zusehends nervöser werdende Togami behielt aber die Nerven und erspielte sich nach einer aggressiven Rückhand diagonal – Rückhand parallel Kombination einen ersten Satzball, welchen er bei eigenem Aufschlag auch direkt zum 11:6 und damit zur 3:2 Satzführung verwandelte.
Den sechsten Satz eröffnete Togami nach einem Kantenball zur 1:0 Führung und aggressivem Spiel mit einer 3:0 Führung. Ein anfänglich hadernder Matsudaira kämpfte zwar weiter, fand aber zu diesem Zeitpunkt kein Mittel und geriet mit 1:5 in Rückstand, hatte aber dann beim Stand von 3:5 und eigenem Aufschlag die Chance, wieder den Anschluss herzustellen, jedoch bedeutete der Verlust beider Aufschläge praktisch den Genickbruch und spätestens bei 9:3 Führung war Matsudairas Schicksal besiegelt. Togami erspielte sich dann auch sieben Matchbälle, von denen Matsudaira zwar bei eigenem Aufschlag den ersten abwehren konnte und als Rückschläger unter anderem mit dem schönsten Ballwechsel des Finals zum 10:5 gleich zwei weitere Matchbälle abwehren konnte, doch dann war Schluss – mit einem ebenfalls spektakulären Ballwechsel holte sich Togami nicht nur den 11:6 Satzerfolg, sondern auch das Spiel und damit den Titel.
Nachdem Shunsuke Togami bereits 2020 bei den japanischen Meisterschaften Bronze holte, setzte er sich also dieses Mal mit einem 4:2 Finalsieg gegen Kenta Matsudaira die Krone auf und ist damit zum ersten Mal Japanischer Meister.
ZIEL OLYMPISCHE SPIELE 2024 IN PARIS
Seine Ambitionen macht der starke Rechtshänder deutlich: Er will zu den Olympischen Spielen 2024 nach Paris. An diesem Vorhaben lässt er keine Zweifel, denn nachdem er in der japanischen T-League im Dezember neben dem starken zweifachen chinesischen Einzelmeister Hou Yingchao auch Tomokazu Harimoto zum zweiten Mal besiegen konnte und er ebenfalls in dieser Saison auch bereits zweimal gegen Koki Niwa gewann, stellte er klar: „Wenn ich nach Paris will, darf ich nicht gegen die Spieler verlieren, die für die Olympischen Spiele in Tokio nominiert wurden. Dafür trainiere ich jeden Tag. Ich habe jetzt alle geschlagen, Jin Ueda, Koki Niwa, Kenta Matsudaira, in der Liga auch zweimal Tomokazu Harimoto und im Hinblick auf Paris ist es sicherlich ein großer Vorteil, dass Jun Mizutani nicht mehr dabei sein wird. Ich möchte es dorthin schaffen und werde fortfahren, immer mein bestes dafür zu geben.“
Herren-Einzel
- Shunsuke Togami
- Kenta Matsudaira
- Koki Niwa und Maharu Yoshimura
Halbfinals
Kenta Matsudaira – Maharu Yoshimura 4:3 (11-9, 12-10, 6-11, 12-14, 11-8, 9-11, 11-3)
Koki Niwa – Shunsuke Togami 0:4 (7-11, 4-11, 9-11, 5-11)
Finale
Kenta Matsudaira – Shunsuke Togami 2:4 (9-11, 12-10, 7-11, 11-8, 6-11, 6-11)
Spätestens jetzt hat Shunsuke Togami bewiesen, dass er nicht nur ein Doppelspezialist ist. Allerdings hat er auch diesen Ruf erneut bestätigt, denn er darf sich nun sogar Japanischer Einzel- und Doppel-Meister nennen, nachdem es im Endspiel zu einer Neuauflage des WM-Achtelfinals kam und Togami und sein Partner Yukiya Uda zeigten, dass ihr Sieg bei den Weltmeisterschaften gegen Tomokazu Harimoto und Masataka Morizono und ihr späterer Halbfinaleinzug keine Eintagsfliege war.
Herren-Doppel
- Yukiya Uda / Shunsuke Togami
- Tomokazu Harimoto / Masataka Morizono
- Tomoya Fujimura / Kaiki Matsushita
- Yuya Oshima / Kenta Tazoe
Bei den Damen kam es nur zu einem Halbfinale. Während Hina Hayata über die volle Distanz gehen musste und nach harter Arbeit – unter anderem einem 18:16 Satzerfolg, nachdem sie einen vorherigen Satz mit 13:15 verlor – einen 1:3 Rückstand in einen 4:3 Sieg umwandeln konnte, konnte Mima Ito mit einem kampflosen 4:0 Erfolg über Miyuu Kihara ins Finale einziehen, nachdem ihre junge Gegnerin aufgrund von Fieber nicht antreten konnte.
Ob es daran lag, dass Mima Ito dadurch frischer war als Hina Hayata, man kann nur spekulieren. Jedenfalls gewann die Weltranglistendritte Ito gegen die frischgebackene Weltranglistensechste Hayata, die im Vergleich zur Vorwoche gleich zehn Plätze gut gemacht hat, sicher mit 4:1 und musste dabei lediglich den vierten Satz abgeben.
Mima Ito hatte vor allem im Aufschlag-Rückschlag-Spiel Vorteile gegenüber ihrer Doppelpartnerin.
DAS ENDE EINER DURSTSTRECKE UND TITEL NR. 3
Für Ito war es der insgesamt dritte Titelgewinn bei den japanischen Meisterschaften, allerdings nach einer dreijährigen Durststrecke. Sie äußerte sich: „Im Halbfinale kam ich zu einem kampflosen Sieg. Im Finale kam ich dann gut ins Spiel und ich war in der Lage stark zu spielen. Ich hatte das Gefühl, dass Hayata die Bälle aus allen Lagen zurückspielen kann, ich musste wirklich einen starken Willen zeigen. Aber ich spielte von Beginn an etwas einzigartig und war froh, dass ich den Zuschauern ein variantenreiches Spiel zeigen konnte. Keine Frage, ich möchte nie verlieren. Mein Ziel ist natürlich gegen alle zu gewinnen und dem weiter ich weiter nachgehen.“
Damen-Einzel
- Mima Ito
- Hina Hayata
- Miyuu Kihara
- Miyu Kato
Halbfinals
Miyu Kato – Hina Hayata 3:4 (11-7, 7-11, 11-6, 15-13, 9-11, 16-18, 7-11)
Miyuu Kihara – Mima Ito 0:4 (W/O)
Finale
Hina Hayata – Mima Ito 1:4 (5-11, 9-11, 5-11, 11-8, 6-11)
Auch Mima Ito kann sich Japanische Einzel und Doppel Meisterin nennen, denn zusammen mit ihrer Gegnerin im Einzelfinale bildet sie eine bärenstarke Doppelpaarung und so konnten sie auch das Doppelendspiel gegen die Überraschungsfinalistinnen Keika Song / Ayami Narimoto mit 3:1 gewinnen, welche jedoch im Halbfinale zu einem kampflosen Sieg gegen das zweite japanische Weltklassedoppel Kasumi Ishikawa / Miu Hirano kamen.
Damen-Doppel
- Mima Ito / Hina Hayata
- Keika Song / Ayami Narimoto
- Takako Nagao / Yurika Nanba
- Kasumi Ishikawa / Miu Hirano
Auch Hina Hayata kam zu einem zweiten japanischen Meistertitel, nachdem sie zusammen mit Tomokazu Harimoto den Mixed-Wettbewerb gewinnen konnte. Für Harimoto dürfte dieser Titel vermutlich aber nur ein schwacher Trost sein, nach enttäuschenden japanischen Meisterschaften für ihn und rückblickend auf 2021 auch mit einem enttäuschenden letzten Jahr, bei welchem er die in ihn gesetzten hohen Erwartungen bei den Olympischen Spielen in Tokio und den Weltmeisterschaften in Houston nicht erfüllen konnte.
Mixed-Doppel
- Tomokazu Harimoto / Hina Hayata
- Maharu Yoshimura / Ryo Suzuki
- Yukiya Uda / Miyuu Kihara
- Takeshi Tazoe / Miwa Harimoto
Abschließend noch die Ergebnisse der Junioren-Wettbewerbe.
Junioren Einzel
- Ryoichi Yoshiyama
- Teru Matsushima
- Akira Suzuki
- Hayashi Miki
Juniorinnen Einzel
- Miyuu Kihara
- Miwa Harimoto
- Rin Omote
- Kaede Yumoto
Text TT-NEWS Redaktion
Foto courtesy by ITTF