Wenn die junge Rumänin mit dynamischen Schlägen die Tischtennisbälle über das Netz jagt, dann ist es nicht nur ihr technisches Können, das begeistert. Es ist ihre Ausstrahlung, ihre Kreativität und die Geschichte einer jungen Frau, die sich in einem von asiatischer Dominanz geprägten Sport an die Weltspitze gespielt hat. Geboren am 5. März 1995 in Târgu Mureș, Rumänien, begann Szöcs ihre Karriere früh – beeinflusst von ihrem älteren Bruder Hunor, der ebenfalls professionell Tischtennis spielt. Heute ist sie eine der führenden europäischen Spielerinnen und eine charismatische Persönlichkeit, die auf und abseits des Tisches Zeichen setzt.
Ein Leben für den Sport
Es war bei einem Turnier, als die damals achtjährige Bernadette Szöcs ihren Bruder Hunor siegen sah. „Ich sah ihn sehr glücklich mit seiner ersten Medaille, und etwas in mir sagte, dass ich das auch tun sollte“, erinnert sich Szöcs. Am Tag nach diesem Erlebnis fand sie sich in der gleichen Halle wieder, bereit, das Spiel zu erlernen, das sie ihr Leben lang begleiten würde. Mit dieser Entschlossenheit und ihrem unermüdlichen Ehrgeiz begann sie ihre Reise im Tischtennis.
Schon früh zeigte sich ihr Talent. Mit nur zehn Jahren nahm sie an Lehrgängen des rumänischen Tischtennisverbands teil und durchlief die komplette nationale Kaderstruktur. Es dauerte nicht lange, bis die internationale Bühne auf die außergewöhnliche Spielerin aufmerksam wurde.
2007 gab es die ersten Erfolge bei den Jugend-Europameisterschaften, sie gewann im Doppel Silber. Ein Jahr später gelang dasselbe im Einzel und wurde im Mixed Europameisterin.
Von 2009 bis 2013 gewann sie bei der Jugend-EM und dem Europe Youth Top 10 jeweils dreimal Gold und kam dreimal bei der Jugend-Weltmeisterschaft ins Viertelfinale, genau wie bei den Olympischen Jugendspielen 2010. Bei den Erwachsenen nahm sie seit 2010 an allen Weltmeisterschaften teil und 2011 war sie erstmals in den Top 100 der Weltrangliste.
2018 gewann sie als erste Rumänin seit 1995 das prestigeträchtige Europe Top 16 Turnier und setzte damit ein weiteres großes Ausrufezeichen in ihrer Karriere. Heute gehört sie zu den wenigen europäischen Spielerinnen, die regelmäßig mit den besten asiatischen Athletinnen konkurrieren kann.
Die modische Revolution auf dem Tisch
Doch Szöcs‘ Einfluss beschränkt sich nicht nur auf ihre sportlichen Erfolge. Sie ist auch eine Pionierin in Sachen Selbstinszenierung im Tischtennissport. Längst bevor Spielerinnen wie Manika Batra mit aufwendigen Nail-Art-Designs für Schlagzeilen sorgten, war Szöcs bekannt dafür, bei den größten Turnieren mit den Farben der rumänischen Flagge auf ihren Nägeln anzutreten. „Ich liebe es, kreativ zu sein und Dinge anders zu machen als andere“, erklärt sie. Diese Kreativität spiegelt sich auch in ihrem Spielstil wider. Mit ihrem aggressiven Vorhandspiel und taktisch ausgeklügelten Aufschlägen – dem Tomahawk und Pendulum – bringt sie ihre Gegnerinnen regelmäßig zur Verzweiflung.
Ihre Liebe zur Mode und Selbstinszenierung zeigt sich auch in ihrer engen Verbindung zur indischen Kultur. Bei ihren Auftritten in der Ultimate Table Tennis League (UTT) in Indien trägt Szöcs häufig ein traditionelles Bindi – ein Symbol, das sie mit Stolz und Respekt für die Kultur des Landes zur Schau stellt. „Ich liebe es hier, die Menschen sind so freundlich“, schwärmt Szöcs über ihre Erfahrungen in Indien.
Der Kampf gegen die Besten der Welt
Bernadette Szöcs ist sich der Herausforderungen bewusst, die der europäische Tischtennissport in einem von Asien dominierten Umfeld hat. Doch sie hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, sich auf höchstem Niveau zu behaupten.
Neben ihren Erfolgen am Tisch zeichnet sich Szöcs dabei durch ihre positive Lebenseinstellung aus. In Interviews betont sie häufig, wie wichtig es ist, trotz Niederlagen oder Rückschlägen stets optimistisch zu bleiben und nie aufzugeben. Dies half ihr auch 2023, als sie bei den European Games sensationell die Goldmedaille gewann, obwohl sie im Finale gegen Xiaoxing Yang bereits mit 1:3 Sätzen zurücklag.
Ein Meilenstein ihrer Karriere war ihr Sieg gegen die chinesische Weltklassespielerin Chen Meng. Diese Leistung gelang ihr nicht einmal, sondern gleich zweimal – ein außergewöhnlicher Triumph, der ihren Platz in der Weltspitze festigte. „Es war kein Zufall, dass ich sie zweimal geschlagen habe. Es war mein Traum, eine Olympiasiegerin zu besiegen, und ich habe es geschafft“, sagt Szöcs mit Stolz.
Diese und andere fantastische Leistungen führte sie bis auf Platz 8 der Weltrangliste im April 2024, ihr bisheriges Karrierehoch.
Ihre aktuelle Weltranglistenposition – Platz 13 – zeigt, wie schwierig es ist, sich in einem solchen Umfeld zu behaupten. „Es ist leichter, in die Top 15 zu kommen, als sich dort zu halten. Aber ich werde nicht aufgeben. Mein Ziel ist es, in die Top 5 vorzudringen“, erklärt sie entschlossen. Szöcs weiß, dass sie das Potenzial hat, weiter aufzusteigen, doch der Druck ist enorm.
Ein Blick in die Zukunft
Obwohl sie in den Olympischen Spielen von Paris 2024 nicht die erhofften Ergebnisse erzielte, bleibt ihr Blick nach vorne gerichtet. „Paris war meine größte Enttäuschung. Ich hatte mir mehr erhofft, aber das gibt mir nur noch mehr Ansporn für die kommenden Turniere“, erklärt sie. Szöcs plant, bei den Weltmeisterschaften und der Europameisterschaft anzugreifen, bevor sie sich auf ihr langfristiges Ziel, eine Medaille bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles, konzentriert.
Die Verbindung von sportlicher Exzellenz und kreativer Individualität macht Bernadette Szöcs zu einer Ausnahmeerscheinung im Tischtennissport. Sie ist nicht nur eine der besten europäischen Spielerinnen, sondern auch ein Vorbild für junge Athletinnen weltweit.