In einer Woche wissen wir, wer die Deutsche Pokalmeisterschaft der Damen gewonnen hat. Beim Buderus-Final Four am 6. Januar im Sportforum Berlin ist „Platzhirsch“ ttc berlin eastside der Favorit, doch auch der amtierende Meister SV DJK Kolbermoor gilt als heißer Tipp.
Eher geringe Chancen werden dem TuS Bad Driburg und Vorjahres-Vizemeister TTG Bingen/Münster-Sarmsheim eingeräumt, auch wenn beide eine sehr gute Vorrunde gespielt haben und prächtig harmonierende Mannschaften nach Berlin entsenden. Beide stehen als Zweiter (Driburg) und Dritter (Bingen) aktuell in der Liga deutlich vor Kolbermoor. Doch die Truppe aus Oberbayern hat noch einen Trumpf im Ärmel, die Rivalen nicht.
Zweikampf Berlin vs. Kolbermoor erwartet
So wird der Cup-Gewinner der letzten fünf Jahre aus der Hauptstadt aller Voraussicht nach auf die bewährten Kräfte Shan Xiaona, Georgina Pota, Matilda Ekholm, Nina Mittelham und Kathrin Mühlbach zurückgreifen. Rein theoretisch könnte man noch Tie Yana aus Hongkong einfliegen lassen, doch was soll das bringen außer Kosten zu verursachen – die 39-jährige ehemalige Weltklassespielerin hat sportlich ihren Zenit längst überschritten.
Viel konkreter ist da die personelle Option Kolbermoors, das mit Liu Jia eine ehemalige Europameisterin aufstellen kann, die mit 36 zwar gar nicht so viel jünger ist, aber noch voll im Saft steht. Eine Dreier-Mannschaft mit „Susi“, Kristin Lang und Sabine Winter, die zwar eine durchwachsene Vorrunde gespielt hat, an guten Tagen aber jeder Berlinerin gefährlich werden kann, ist ein Titelkandidat. Das einzige Team vor dem eastside vor heimischer Kulisse wirklich auf der Hut sein muss. Bis auf die Pokalvorrunde in Seligenstadt hat Liu in dieser Saison noch nicht für Kolbermoor gespielt und einige Ligarivalen sind nicht glücklich darüber, dass man ohne Einsätze in der Punktrunde in den Play-offs spielberechtigt ist – aber das ist ein anderes Thema. Für das Final Four im Sportforum, bei dem man zwar keine 4.000 Fans erwarten darf wie tags zuvor bei den Herren am anderen Ende der Republik, aber auf eine gute, stimmungsvolle Kulisse hofft, wäre ein Einsatz der früheren Weltranglistenneunten jedoch ein großer Pluspunkt. Er würde die Spannung erheblich anheizen. Und Kolbermoor wird alle Hebel in Bewegung setzen, den Topstar zu bringen. Man weiß, dass man mit nur zwei Siegen – wesentlich einfacher als in der Meisterschaft – einen glanzvollen Titel erringen kann und fährt in die Bundeshauptstadt, um genau das zu schaffen.
„Natürlich wollen wir versuchen, den Pokal nach Kolbermoor zu holen“, lässt Sabine Winter keinen Zweifel aufkommen. „Wir sind nicht unzufrieden, nicht Berlin im Halbfinale bekommen zu haben, da sie in Vollbesetzung ganz klar Favorit sind“, sagt Trainer Michael Fuchs. „Trotzdem muss man sowieso alle schlagen, um den Pokal zu gewinnen.“ Fuchs deutet an, was angestrebt ist: „Mal sehen, in welcher Aufstellung wir antreten können, und je nachdem ist es dann etwas ganz anderes als in der Vorrunde, wo wir gegen jeden der drei Pokalkonkurrenten verloren haben.“
eastside hält dagegen und will den sechsten Cup-Triumph in Folge. „Viel wird von der Tagesform abhängen und davon, wer schneller auf Betriebstemperatur kommt, auch schon in den Halbfinals“, so Berlins Manager Andreas Hain. „Wir sehen es als Herausforderung an, freuen uns auf ein tolles Pokalturnier und wollen am Ende des Tages oben auf dem Podest stehen.“
Bingen und Bad Driburg wollen sich teuer verkaufen
Natürlich hoffen die beiden Halbfinal-Kontrahenten der TOP 2 auf Sensationssiege und treten die lange Reise nicht an, um Opferlamm zu spielen. Doch sie wissen, dass schon etwas Außergewöhnliches passieren muss, um ins Endspiel einzuziehen. Im Normalfall kommt man weder am Titelverteidiger, der nach einigen schwächeren Auftritten in der Liga zuletzt auf guter Betriebstemperatur war, noch an Kolbermoor mit „Susi“ vorbei – anders läge der Fall, wenn Liu aus irgendeinem Grund nicht spielen könnte.
Kajak-Doppel-Olympiasieger Marcus Groß hatte vor einigen Wochen „Glücksfee“ gespielt und den Fans die Halbfinals Bingen vs. Kolbermoor und Bad Driburg vs. Berlin beschert. „Für unsere junge Mannschaft ist es ein Erfolg, am Final Four teilzunehmen“, ist Joachim Lautebach, Vorsitzender der TTG Bingen/Münster-Sarmsheim, nach wie vor stolz darauf, dass seine Mädels dabei sind. „Alle Mannschaften sind stark aufgestellt und wenn Kolbermoor komplett antritt, wird es sehr schwierig für uns. Berlin und Kolbermoor in Bestbesetzung sind kaum zu schlagen.“ Lautebach sieht lediglich einen kleinen Vorteil bei seinem Quartett: „Die Mannschaft hat nichts zu verlieren und kann befreit aufspielen.“ Die nominelle Nummer eins Zhang Lily dürfte im Übrigen kaum aus den USA eingeflogen werden, wo sie zuletzt Examensprüfungen hatte.
„Natürlich ist das nicht das beste Los“, gibt Bad Driburgs Manager Franz-Josef Lingens zu Protokoll, dessen Team ausgerechnet gegen den Seriensieger ran muss, dem man allerdings in der Liga einen Punkt abgetrotzt hat – und das sogar beim Auswärtsspiel in der Hauptstadt. Doch ein Final Four ist nochmal eine andere Geschichte. „Wir freuen uns trotzdem auf dieses Event und werden nichts unversucht lassen, den Favoriten mit voller Mannschaft zu ärgern.“
Nicht ärgern sondern freuen sollen sich dagegen die Fans, die man nicht nur mit Weltklasse-Tischtennis sondern auch mit einem bunten Rahmenprogramm begeistern möchte. Beim Buderus-Final Four wird es unter anderem einen tollen Music-Act geben. Zudem wird auch Marcus Groß wieder dabei sein und den Sportfans Rede und Antwort stehen. Aber auch Tischtennis wird im Show-Teil nicht zu kurz kommen. So wird es zu einem inklusiven Schaukampf zwischen dem mehrfachen Paralympics-Teilnehmer aus Berlin, Jan Gürtler, und dem früheren Nationalspieler Christian Süß kommen, den fast jeder kennt, der schon einmal einen Schläger in der Hand hatte.
HALBFINALE
TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – SV DJK Kolbermoor
TuS Bad Driburg – ttc berlin eastside (beide 10 Uhr)
FINALE (ca. 14 Uhr)
Text & Fotos Bingen, Eerland: Dr. Stephan Roscher
Fotos: Berlin, Kolbermoor: Vereine