Bei Timo Boll läuft es in Kitakyushu weiterhin wie geschmiert. Nach seinen Siegen gegen Mattias Karlsson (4:0) und Kenta Matsudaira (4:1) steht der 37-Jährige im Halbfinale der Japan Open. Manches deutet auf das Traum-Finalduell gegen Ma Long hin.
Auch wenn der „Maestro“ zwischenzeitlich beklagt hatte, nach den Strapazen der letzten Wochen am Limit angekommen zu sein, spielte er frisch und frei auf und ließ seinen gewiss nicht schwachen Kontrahenten kaum einen Stich. Das gibt wieder satte Weltranglistenpunkte für den Odenwälder, der im fortgeschrittenen Tischtennis-Alter besser spielt als vor fünf oder zehn Jahren. Nach seinem klaren Erfolg im Achtelfinale über Karlsson (11:7, 11:6, 11:8, 11:5) und dem etwas knapperen gegen Duda-Bezwinger Kenta Matsudaira (12:14, 13:11, 11:3, 11:7, 11:9) im Viertelfinale wird er das Turnier in jedem Fall mit einer Medaille im Rucksack verlassen.
Nun geht es zum Duell mit Chinas Tischtennis-Charismatiker Zhang Jike – und dann wird sich zeigen, was der ehemals beste Spieler der Welt heute tatsächlich noch drauf hat, den viele schon eher im Showbiz sehen als an der Platte. Zhang scheint in Kitakyushu zumindest eine Tugend mitzubringen, die ihn zuletzt gar nicht ausgezeichnet hatte: Kampfgeist. Im Achtelfinale bog er das prickelnde Match gegen Liang Jingkun mit 15:13 im siebten Satz zu seinen Gunsten um, im Viertelfinale kämpfte er Jin Ueda nach 1:3-Satzrückstand noch mit 4:3 nieder. Vielleicht will der begnadete Bandentreter vom Düsseldorfer World Cup 2014 es ja tatsächlich nochmal wissen. Dann könnte es auch für Boll schwierig werden, der dennoch als heißer Kandidat für ein Finalduell mit Ma Long gehandelt wird, in dem er dann aber klarer Außenseiter wäre.
Die zweite Halbfinalpaarung steht noch nicht fest. Hier stehen noch Lee Sangsu und Gauzy-Bezwinger Chuang Chih-Yuan sowie Tomokazu Harimoto und Ma Long auf der Bewerberliste. Die meisten tippen auf Lee und Ma als Halbfinalisten. Harimoto ist bisher aber noch genauso ohne Satzverlust wie sein prominenter Viertelfinalgegner aus dem Reich der Mitte.
Bei den Damen kommt es im Halbfinale zum vorweggenommenen Endspiel zwischen Liu Shiwen (4:0 gegen Miu Hirano) und China-Open-Gewinnerin Wang Manyu (4:0 gegen Mu Zi). Auch hier stehen noch zwei Viertelfinals aus, beide mit japanischer Beteiligung (Kasumi Ishikawa, Mima Ito). Die Setzliste der Damen ist im Übrigen zwar korrekt nach der April-Weltrangliste ermittelt aber völlig unrealistisch. Dass Ishikawa dort ganz oben steht und Liu an 8, hat schon etwas von erlesenem Humor.
China vs. Südkorea heißt es Finale des Herren-Doppels (Liang Jingkun/Zhou Kai – Jeoung Youngsik/Lee Sangsu), China vs. China bei den Damen (Liu Shiwen/Wang Manyu – Gu Yuting/Mu Zi).
Japan Open auf der Webseite der ITTF
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher