26. nationaler Pokalsieg und 69. Titel der Vereinsgeschichte für Borussia Düsseldorf. Boll und Co. gaben sich beim Liebherr Pokal-Finale in der Neu-Ulmer ratiopharm arena keine Blöße und ließen erst Werder Bremen und später im Endspiel dem 1. FC Saarbrücken keine Chance.
Vor der Rekordkulisse von 3.900 Zuschauern – 800 Fans mehr als beim letztjährigen Liebherr Pokal-Finale an selber Stelle und 1.400 mehr als beim Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 2017 in Frankfurt – brillierten die Rheinländer, bei denen nicht nur der Weltranglisten-Dritte Timo Boll, sondern auch die Schweden Kristian Karlsson und Anton Källberg einen vorzüglichen Tag erwischt hatten.
Werder gegen die Borussia ohne Fortune
Immerhin zwang der SV Werder Bremen den Rekord-Titelträger im Halbfinale zweimal in den Entscheidungssatz – beide Male gingen die fünften Sätze mit 11:9 zugunsten der Borussia aus – Källberg bezwang Bastian Steger ebenso knapp wie Karlsson Omar Assar. Leidlich Hunor Szöcs blieb gegen Boll chancenlos. Die Norddeutschen brauchen sich folglich nichts vorzuwerfen, sie haben das gebracht, was ihnen möglich ist, und hätten mit etwas mehr Glück das Match enger gestalten können als später der 1. FC Saarbrücken das Finale.
Ochsenhausen ohne Gauzy nicht abgezockt genug
Auf dem Weg dorthin hatten die Saarländer, bei denen der erkrankte Bojan Tokic durch Patrick Baum ersetzt wurde, den „Platzhirsch“ TTF Liebherr Ochsenhausen ausgeschaltet. Die von vielen Fans unterstützten Oberschwaben kamen mental mit der Situation nicht allzu gut zurecht, man wirkte in den entscheidenden Phasen – immer dann wenn die Saarbrücker Spieler Rückstände in den einzelnen Sätzen wettmachten – zu nervös und produzierte „unforced errors“ in Serie, wenn es um die Wurst ging. Namentlich Tiago Apolonia, bis 2013 selbst fünf Jahre bei den Oberschwaben unter Vertrag, erwies sich als „Meisterdieb“ (TTF-Präsident Kristijan Pejinovic) und münzte klare Rückstände gegen Jakub Dyjas und Hugo Calderano noch in Siege um. Die TTF konnten zudem den Ausfall des Weltranglisten-Neunten Simon Gauzy nicht kompensieren, dessen Rückenprobleme – trotz aller Bemühungen der Ärzte – einen Einsatz unmöglich machten. Dadurch lastete auf Hugo Calderano zu viel Druck, der Brasilianer kam mit der Rolle des Führungsspielers nicht zurecht.
Außer Yuto Muramatsu, der Patrick Baum schlug, konnte kein Ochsenhausener punkten. Abgeklärter wirkende Saarbrücker sicherten sich in der spannendsten Partie des Tages letztlich verdient den Sprung ins Endspiel.
Düsseldorf im Finale eine Nummer zu groß
Doch da stießen sie an ihre Grenzen. Womöglich hatten Franziska, Apolonia und Baum auch gegen Ochsenhausen zu viele Kräfte gelassen. Gegen Boll und Co. war nichts drin, auch wenn es anfangs anders aussah. Patrick Franziska spielte nämlich gegen Kristian Karlsson gut mit und hätte sein Match mit etwas mehr Glück auch im Entscheidungsdurchgang gewinnen können. Tiago Apolonia bäumte sich gegen die drohende Niederlage seines Teams auf und gewann gegen Timo Boll den ersten Satz – und das sogar deutlich. Den zweiten verlor er knapp und dann war der „Maestro“ auf Betriebstemperatur und degradierte den Portugiesen zum Statisten. Noch übler erging es Patrick Baum, erkennbar nicht mit dem optimalen Wettkampfgewicht angereist, der gegen den 20-jährigen Anton Källberg meist die Bälle aufsammeln musste. Das war die Entscheidung. 16.38 Uhr: Borussia Düsseldorf ist erneut deutscher Pokalsieger bleibt im deutschen Mannschaftstischtennis das Maß der Dinge.
Stimmen zum Final Four
Timo Boll
„Ich denke, wir haben den Titel recht souverän geholt und auch einige brenzlige Situation gut gemeistert. Man muss immer aufpassen, dass man nicht doch einmal bei einem solchen Turnier kalt erwischt wird, doch wir waren heute hellwach und haben alle gut gespielt.“
Anton Källberg
„Das ist einfach unglaublich. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit Borussia jetzt schon zum zweiten Mal den Pokal gewinnen konnte. Ich bin natürlich sehr froh, dass ich heute mit zwei Punkten meinen Teil zum Erfolg beitragen konnte. Dass ich den letzten Punkt machen darf ist schön, aber nicht entscheidend.“
Danny Heister (Borussia-Cheftrainer)
„Wenn man zwei Mal mit 3:0 gewinnt, auch wenn knappe Spiele dabei waren, ist das einfach super. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Wir haben Weihnachten eine kleine Pause gemacht, aber vorher hart gearbeitet. Nach den Feiertagen weiß man nie, wie die Jungs drauf sind. Aber sie haben ihren Job alle gut gemacht.“
Andreas Preuß (Borussia-Manager)
„Wir sind weiterhin das Maß aller Dinge. Kompliment an die Jungs, aber auch an den Trainer. Die Jungs waren trotz einer hohen Belastung in den letzten Monaten auf den Punkt topfit. Und genau das hat uns heute von unseren Gegnern unterschieden. Das macht Lust auf mehr, mit dem Team ist dieser Saison noch zu rechnen.“
Patrick Franziska
„Ich wusste, dass ich gegen Kristian gewinnen muss, damit wir eine Chance haben. So wurde es danach für Tiago gegen Timo umso schwerer.“
Slobodan Grujic (Trainer Saarbrücken)
„Ein Finale zu verlieren, ist immer hart. Aber Düsseldorf hat verdient gewonnen. Sie sind und bleiben die beste Mannschaft in Deutschland.“
Bastian Steger
„Unser Plan ist nicht aufgegangen. Wir hatten gehofft, dass ich zum 1:1 ausgleichen kann und Omar uns anschließend in Führung bringt. Das ist uns leider nicht gelungen. Trotzdem haben wir uns hier gut verkauft.“
Daniel Zwickl (Sportmanager Ochsenhausen)
„„Wir wussten, dass es ohne Simon schwer werden würde. Die Jungs haben alles gegeben. Der Knackpunkt war das Spiel von Jakub gegen Apolonia. Jakub hat eigentlich sehr gut gespielt und hatte den Sieg fast im Sack. Doch er konnte es ebenso wenig nach Hause bringen wie später Hugo gegen Tiago. Wir hoffen, nächstes Jahr wieder dabei zu sein und wollen es dann besser machen.“
Kristijan Pejinovic (Präsident Ochsenhausen)
„Jakub hatte 2:1 und 9:5 geführt, da muss das Match eigentlich nach Hause gebracht werden. Tiago war heute aber auch sehr nervenstark. Yuto hat gegen Baum gut gespielt und hätte sogar 3:0 gewinnen können. Bei Hugo war es heute ziemlich enttäuschend, aber das weiß er selbst. Er hat sich den Sieg klauen lassen von einem Tiago Apolonia, der heute wirklich der Meisterdieb war. Wir haben uns aber trotz der Niederlage ganz ordentlich verkauft. Wir haben gesehen, dass wir auch ohne Simon mit Saarbrücken auf Augenhöhe sind. Wir werden noch sehr spannende Spiele gegen sie in der Champions League und in der Bundesliga erleben.“
DAS LIEBHERR POKAL-FINALE IN DER ÜBERSICHT
FINALE
1. FC Saarbrücken TT – Borussia Düsseldorf 0:3
Patrick Franziska – Kristian Karlsson 2:3 (9:11, 12:10, 4:11, 11:9, 11:8)
Tiago Apolonia – Timo Boll 1:3 (11:5, 9:11, 3:11, 8:11)
Patrick Baum – Anton Källberg 0:3 (3:11, 8:11, 4:11)
HALBFINALS
Borussia Düsseldorf – SV Werder Bremen 3:0
Timo Boll – Hunor Szöcs 3:0 (11:7, 11:6, 11:7)
Anton Källberg – Bastian Steger 3:2 (11:9, 5:11, 11:8, 9:11, 11:9)
Kristian Karlsson – Omar Assar 3:2 (11:5, 11:4, 10:12, 10:12, 11:9)
1. FC Saarbrücken TT – TTF Liebherr Ochsenhausen 3:1
Tiago Apolonia – Jakub Dyjas 3:2 (14:12, 9:11, 6:11, 11:9, 11:7)
Patrick Franziska – Hugo Calderano 3:1 (11:8, 11:9, 6:11, 11:7)
Patrick Baum – Yuto Muramatsu 1:3 (11:13 8:11, 13:11, 9:11)
Tiago Apolonia – Hugo Calderano 3:1 (12:10, 5:11, 12:10, 11:8
Kleine Fotozugabe
Text & Fotos (9): Dr. Stephan Roscher