Dimitrij Ovtcharov musste auch im Halbfinale von Astana über die volle Distanz gehen und setzte sich – wie zuvor schon gegen Niwa und Harimoto – auch gegen Lin Gaoyuan knapp durch. Sein morgiger Finalgegner heißt Fan Zhendong, der Timo Boll das Nachsehen gab.
Ovtcharov musste schon im Viertelfinale der Grand Finals gegen Japans Tischtennis-Wunderknaben Tomokazu Harimoto mächtig kämpfen. Doch wie gegen Koki Niwa hatte er nach sieben Sätzen das bessere Ende auf seiner Seite: 11:7, 11:13, 11:8, 12:14, 11:8, 5:11, 11:7. Anders als gegen Niwa legte Dima jedoch jedesmal vor und der junge Asiate konnte dreimal egalisieren. Im letzten Durchgang zog der Deutsche dann aber klar davon und ließ keinen Zweifel mehr aufkommen.
Und dann das prickelnde Halbfinal-Match gegen Lin Gaoyuan, der im Viertelfinale Gauzy-Bezwinger Fang Bo beim 4:1 klar beherrscht hatte. Da Dima bis dahin nicht sein allerbestes Tischtennis gespielt hatte, dennoch aber erfolgreich war, stellte sich die Frage, ob es gegen den aufstrebenden 22-jährigen Top-Chinesen, inzwischen bereits die Nummer sechs der Welt, reichen würde. Anfänglich sah es nicht danach aus. Die ersten beiden Sätze gingen mit 6:11 und 7:11 relativ deutlich an den Asia-Cup-Gewinner und Austrian-Open-Sieger. Doch dann war der Adrenalinpegel des Deutschen auf dem Level, das er benötigte. Fortan setzte er den Linkshänder, gegen den er nie zuvor gespielt hatte, zunehmend unter Druck und zwang ihn auch zu leichten Fehlern. Drei Sätze in Folge wurden gewonnen (11:9, 11:8, 11:8), doch Lin schlug im sechsten Durchgang (11:4) nochmals eindrucksvoll zurück. Also das dritte Siebensatz-Match für Ovtcharov in Astana. Und dieser letzte Satz verlief eng, ganz eng. Mit 12:10 ging er letztlich an den künftigen Weltranglisten-Ersten, der nach einer verspielten 10:8-Führung schließlich seinen dritten Matchball verwandeln konnte.
Timo Boll hatte die Runde der besten Vier bereits am Freitag durch ein 4:2 über Wong Chun Ting perfekt gemacht. Doch heute erwies sich der bei seinem Versuch, Welt-Branchenführer im Tischtennis zu werden, einstweilen an Ovtcharov gescheiterte Fan Zhendong als eine Nummer zu groß für den Odenwälder, der mit Bronze Vorlieb nehmen muss und dem doch größter Respekt gebührt. Was Boll vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2017 an den Tisch gebracht hat, war grandios. Gegen Fan war jedoch diesmal nicht mehr drin. Mit 11:4 und 11:6 startete der Chinese klar besser ins Match. Boll war phasenweise auf Augenhöhe, aber eben nur phasenweise, so in den Sätzen drei (11:8) und fünf (11:9), doch danach dominierte sein 20-jähriger Widersacher, der die Durchgänge vier (11:8) und sechs (11:7) eintütete und damit das Finale perfekt machte. Boll: „Ich muss schon noch etwas besser spielen, um gegen ihn gewinnen zu können, obwohl auch er heute keine überragende Galavorstellung gezeigt hat. Ich konnte das aber leider nicht ausnutzen, da ich einfach nicht in der Lage war, mehr zu mobilisieren.“
Im Endspiel am Sonntag (ab 12.50 Uhr) wird Fan Ovtcharov zeigen wollen, dass er eigentlich auf die Top-Position gehöre. Ein außerordentlich symbolträchtiger Prestigekampf steht dem 29-jährigen Deutschen bevor, für den 2017 so oder so das eindeutig beste Jahr seiner Karriere gewesen ist.
Im Gegensatz zu den Herren ist China im Damenbereich so erfolgreich wie immer. Schon das Halbfinale war eine rein chinesische Angelegenheit. Eigentlich hätte man der aufstrebenden Chen Xingtong sogar einen Sieg über Branchenführerin Zhu Yuling zugetraut, doch am Ende zog Chen mit 1:4 doch relativ deutlich den Kürzeren. Ähnliches gilt für Gu Yuting, die gegen die Weltranglisten-Zweite Chen Meng nicht einen Satz gewinnen konnte. So kommt es am Sonntag (12 Uhr) zum Duell Zhu Yuling vs. Chen Meng – so lautete bereits die Endspiel-Paarung der German Open in Magdeburg, und damals gewann Chen mit 4:3.
Im Herren-Doppel stehen sich Ho Kwan Kit/Wong Chun Ting (Hongkong) und der Bundesligaspieler Masataka Morizono (ASV Grünwettersbach) an der Seite seines japanischen Landsmanns Yuya Oshima gegenüber. Bei den Damen duellieren sich Chen Meng/Zhu Yuling und Hina Hayata/Mima Ito (Japan) um Gold.
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Text & Fotos (3): Dr. Stephan Roscher