Die letzte große Entscheidung vor der Sommerpause steht an. Am Samstag ab 13 Uhr wird es in der Frankfurter Fraport Arena heiß hergehen, wenn sich im Meisterschaftsfinale Rekordchampion Düsseldorf und Herausforderer Fulda-Maberzell duellieren.
Fulda konnte bisher noch keinen einzigen Titel im Profibereich gewinnen, während die Borussia den 29. Meistertitel der Vereinsgeschichte anstrebt.
Die Osthessen schlossen die Punktrunde 2016/17 als Tabellendritter mit 22:10 Zählern ab, während die Borussia mit 28:4 Punkten unangefochtener Spitzenreiter war. Immerhin zwangen starke Saarbrücker den Rekordmeister in ein drittes Play-off-Halbfinal-Match, während die TTF Liebherr Ochsenhausen überraschend gegen Filus und Kollegen chancenlos blieben. Und eben jener Filus war es auch, der die Oberschwaben über die gesamte Saison schockte und in den vier Partien gegen die TTF eine fast unglaubliche 7:0-Bilanz verbuchte.
Boll und Co. stark gegen Abwehr
Und doch gehen sie gegen Boll und Kollegen nur als Außenseiter ins Rennen. Die Düsseldorfer spielen einfach beängstigend gut gegen Abwehr, zudem hat man mit Timo Boll eine Nummer eins, die in Endspielen fast immer zu Höchstform aufläuft, dabei gelassen bleibt und gegen defensive Systeme besonders gerne spielt. Wer einmal gesehen hat, mit welch traumwandlerischer Sicherheit Boll im Normalfall Filus die Bälle um die Ohren zieht und schießt, rechnet nicht damit, dass Fuldas blonder Defensivkünstler Akzente setzen kann, zumindest nicht, wenn er gegen den Odenwälder in den Ring steigen muss. Doch das muss er vielleicht gar nicht. Vermutlich werden die Hessen Filus, obwohl derzeit bester Mann im Team, an Position drei aufstellen, um das Match gegen Boll zu vermeiden. Die Borussia dürfte kaum das Risiko eingehen, Boll im Zweifelsfall keine zwei Spiele machen zu lassen. Somit könnten sich die beiden in Frankfurt aus dem Weg gehen. Aber es kommt noch etwas anderes hinzu. Die Borussia ist seit Jahren – egal in welcher Besetzung – eine klassische Finalmannschaft und hat eigentlich immer dann bestes Tischtennis gespielt und gewonnen, wenn es um richtig viel ging. Und mit Stefan Fegerl, Kristian Karlsson und dessen jungem Landsmann Anton Källberg sowie dem scheidenden Kamal Sharath Achanta verfügt Boll über Mitstreiter, die jederzeit gegen jeden punkten können und somit den „Maestro“ kaum einmal allein im Regen stehen lassen.
Fulda-Maberzell will nicht „ewiger Zweiter“ sein
Nicht wenige, zumal in Hessen, würden den Maberzellern den großen Coup gönnen, die in den letzten Jahren die Fans immer wieder mit tollem Tischtennis begeistert haben und noch nie einen Siegespokal in die Rhön holen konnten – die Vitrine im Düsseldorfer Vereinsheim platzt dagegen mit 67 Sieges-Trophäen aus allen Nähten. Zudem haben viele Tischtennisfans ein Faible für gute Abwehrspieler – und Wang Xi sowie in dieser Saison noch mehr Ruwen Filus haben nicht nur das Fuldaer Publikum monatelang begeistert.
Bei den Fans wird hingegen der Herausforderer aus Osthessen, der vom Nimbus des „ewigen Zweiten“ weg möchte, klar dominieren. Unter den erwarteten 2.500 Zuschauern beim großen Final-Showdown werden vermutlich dreimal so viele Fuldaer wie Düsseldorfer Fans sein. Sie wollen die Fraport-Arena zum Beben bringen und ihre Helden zum Sieg puschen.
Heimspiel für Timo Boll – Preuß vorsichtig optimistisch
Doch gerade einen Timo Boll, dessen Stress-Resistenz fast schon legendär ist, beeindruckt das wenig: „Es ist immer schön, wenn die Zuschauer für gute Stimmung sorgen. Dann fühle ich mich als Spieler besonders wohl.“ Der Hesse Boll kann sich zudem sicher sein, dass er auch am Sonntag herzlich empfangen wird – Frankfurt ist schließlich für die deutsche Tischtennis-Ikone, die bei der WM in Düsseldorf am weitesten von allen DTTB-Spielern kam und im Viertelfinale erst nach heftiger Gegenwehr gegen Ma Long ausschied, eine Art Heimspiel.
Bei einem Sieg wäre es der vierte DM-Titel in Folge und der neunte in den letzten zehn Jahren für die erfolgsverwöhnte Borussia, die darüber hinaus auch die letzten sechs Endspiele gegen den Dauerrivalen aus Osthessen wettbewerbsübergreifend gewonnen hat. Manager Andreas Preuß betont aber, dass das Finale deswegen noch lange kein Selbstläufer werde. „Die Favoritenrolle ist eine Bürde. Irgendwann werden wir auch gegen Fulda verlieren. Nach der WM müssen sich die Spieler erst wieder sammeln und natürlich gibt es nach einer langen Saison und einer harten WM-Vorbereitung einige leichte Blessuren. Aber die Jungs sind hochmotiviert, denn schließlich wollen wir uns für zehn Monate harte Arbeit am Samstag belohnen. Ich freue mich auf ein großes Spiel.“
Auch Timo Boll freut sich auf das Finale: „Ich als gebürtiger Hesse für Rekordmeister Düsseldorf in Frankfurt gegen einen hessischen Verein – das ist natürlich schon einmal eine schöne Konstellation.“ Bis jetzt ging es immer gut gegen die Osthessen, egal ob in der Meisterschaft oder im Pokal. „Die Kunst ist, diese Leistung immer wieder zu erbringen. Die Mannschaft wechselt ständig, auch wenn ich jetzt seit mittlerweile zehn Jahren in Düsseldorf bin”, so Boll.
Filus hofft auf die Sensation
Der Außenseiter will alles hineinwerfen, was möglich ist. In Düsseldorf wussten Ruwen Filus und Jonathan Groth zu überzeugen. Achtelfinalist Ruwen Filus, der erst nach großem Kampf gegen Fan Zhendong ausschied, sprang daraufhin in der neuen Weltrangliste von Platz 32 auf 24 und Jonathan Groth schaffte es gar von 42 auf 27. Sicher eine zusätzliche kleine Motivationsspritze für die Truppe aus der Rhön und gut für das Selbstbewusstsein. Und dann wäre da ja auch noch ein Wang Xi, der auch erst geschlagen werden muss.
Ruwen Filus fährt nicht ohne Hoffnung in die Fraport Arena: „Jonathan und ich konnten bei der WM eine Menge Selbstvertrauen tanken. Aber wir sind uns bewusst, dass Timo ebenfalls eine sehr gute WM gespielt hat. Unser Hauptaugenmerk wird am Samstag sicherlich darauf liegen, die anderen beiden Spieler unter Druck zu setzen, sodass ein Timo Boll vielleicht gar nicht erst den Ausschlag geben kann. Vielleicht ist am Ende die Mannschaftsleistung entscheidend und wir holen den Titel.“
Das Spiel im Überblick
TTBL-Finale
Borussia Düsseldorf – TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell
Samstag, 10. Juni 2017, 13:00 Uhr
Fraport Arena, Silostraße 46, 65929 Frankfurt
Aufstellung Fulda-Maberzell
Wang Xi (GER/Alter: 33/Weltrangliste: 101)
Ruwen Filus (GER/29/24)
Jonathan Groth (DEN/24/27)
Trainer: Qing Yu Meng
Aufstellung Düsseldorf
Timo Boll (GER/36/8)
Stefan Fegerl (AUT/28/19)
Kristian Karlsson (SWE/25/32)
Kamal Achanta (IND/34/44)
Anton Källberg (SWE/19/92)
Trainer: Danny Heister
Text und Fotos (3): Dr. Stephan Roscher