Der vierte WM-Tag in Düsseldorf brachte unter anderem das Achtelfinal-Aus des „Legenden-Paares“ Timo Boll/Ma Long gegen die Turnierfavoriten Fan Zhendong/Xu Xin. Auf der Habenseite steht die bereits sichere Medaille von Petrissa Solja/Fang Bo im Mixed.
Immerhin ist damit schon einmal gewährleistet, dass der DTTB bei seiner bisher spektakulär zelebrierten Heim-WM – den einen oder anderen organisatorischen Schönheitsfehler nicht auf die Goldwaage gelegt – nicht leer ausgeht. Und vielleicht versilbern oder vergolden Solja und Fang das Edelmetall ja sogar noch.
Das vorweggenommene Endspiel im Herren-Doppel bereits im Achtelfinale, wirklich ausgesprochenem Lospech geschuldet, war fraglos einer der bisherigen Höhepunkte dieser Welttitelkämpfe. Fan Zhendong/Xu Xin, denen viele schon vor Turnierbeginn Gold zugetraut hatten, siegten vor über 6.000 Fans mit 4:1 (11:13, 12:10, 11:8, 11:9, 11:8). Boll sagte geknickt: „Der Doppel-Wettbewerb ist für mich vermutlich die größte Chance gewesen, eine Medaille zu gewinnen.” Bundestrainer Jörg Roßkopf stellten nach dem einstündigen Showdown fest: „Es war ein sehr hochklassiges Spiel. Aber die Chinesen waren einfach einen Tick besser.“
Da auch das deutsch-dänische Europameister-Duo Patrick Franziska/Jonathan Groth das Achtelfinal-Aus quittieren musste – mit 3:4 unterlag man den Weißrussen Pawel Platonow/Vladimir Samsonov – musste Roßkopf bedauernd feststellen: „Wir haben zwei Doppel verloren, die hier hohe Ziele hatten. Aber so ist das bei einer WM.”
Die kleine Enttäuschung über das Ausscheiden der Doppel-Attraktion Boll/Ma Long – eine Sensation war es ja nicht – hatte der Odenwälder schnell wieder verdaut. Gegen Ochsenhausens Polen Jakub Dyjas bot der Rekordeuropameister beim 11:7, 11:8, 11:8 und 11:8 in der 2. Hauptrunde eine sehr gute Leistung. In der Runde der besten 32 trifft er auf den koreanischen Ex-Jugendweltmeister Jang Woojin (Weltrangliste Platz 39), der gar nicht so unerwartet Patrick Franziska ohne Satzverlust ausschaltete.
Auch Dimitrij Ovtcharov zog in die dritte Runde ein. Gegen den Engländer Paul Drinkhall hatte „Dima“ beim 4:1 (11:3, 5:11, 11:4, 11:5, 11:5) einen über weite Strecken souveränen Auftritt. „Das ist nur eine kleine Zwischenstation. Die Gegner werden immer schwerer”, sagte Ovtcharov nach dem Match. Er trifft nun auf Bremens Rumänen Hunor Szöcs, der fraglos besser geworden ist – dennoch ist der Weltranglistenfünfte aus Deutschland eindeutiger Favorit. Boll und Ovtcharov sind im Einzel im Übrigen nur noch zwei Siege von einem möglichen Viertelfinale gegen einen der Top-Favoriten aus China entfernt.
Eine Runde weiter kam auch Maberzells Abwehrstratege Ruwen Filus nach einem 4:1-Erfolg über Ochsenhausens Portugiesen Joao Geraldo. Ähnliches gelang Ricardo Walther nicht, der seine vielfältigen Chancen beim 2:4 gegen Alexander Shibaev (Russland) nicht nutzen konnte.
Petrissa Solja und Chinas Weltranglistenneunter Fang Bo erreichten im Mixed das Halbfinale. Bronze ist damit als Minimum schon mal eingetütet. „Ich bin sicher, dass er jetzt auch Gold gewinnen will mit mir”, sagte Solja über ihren chinesischen Partner. Die letztze deutsche WM-Medaille im Mixed datierte aus dem Jahr 1971 – das Ehepaar Diane und Eberhard Schöler zeichneten dafür verantwortlich. Solja war am Vorabend im Einzel ausgeschieden und hatte nach ihrer sensationellen Niederlage gegen die Ungarin Szandra Pergel bittere Tränen vergossen, am Donnerstag aber stand sie schon wieder dreimal am Tisch. Mit Fang Bo besiegte sie Chuang Chih-Yuan und Chen Szu-Yu aus Taiwan (4:0) und die schwedischen EM-Zweiten Matilda Ekholm und Mattias Karlsson (4:1). Im Doppel mit Sabine Winter schied die 23-Jährige aber aus – gegen das starke Hongkong-Duo Doo Hoi Kem/Lee Ho Ching blieb man beim 0:4 im Achtelfinale ziemlich chancenlos.
Sensationell indes die bisherigen Auftritte von Kristin Silbereisen im Damen-Einzel. Nur wenige hatten der Weltranglisten-62. von der SV/DJK Kolbermoor den Einzug ins Achtelfinale zugetraut, auch wenn sie vor wenigen Wochen in Bamberg erneut Deutsche Meisterin geworden war. Durch einen 4:2-Sieg gegen die Südkoreanerin Lee Zion steht sie nun unter den besten 16, ist am Freitag aber gegen die Weltranglisten-Vierte Feng Tianwei (Singapur) krasse Außenseiterin. „Der Druck liegt bei Feng. Sie ist die Favoritin”, sagte Silbereisen, die bereits am Mittwochabend ein Glanzlicht setzen konnte, als sie die favorisierte Weltranglisten-23. Yu Mengyu aus Singapur in sechs Sätzen in die Schranken wies.
WM 2017 auf der Webseite der ITTF
Text: Dr. Stephan Roscher
Foto: ITTF (2); Dr. Stephan Roscher (Silbereisen)