Am Freitagabend (18.00 Uhr) wollen die TTF Liebherr Ochsenhausen in der vermutlich ausverkauften Dr.-Hans-Liebherr-Halle etwas gegen die ambitionierte Düsseldorfer Borussia im Viertelfinal-Hinspiel in Europas Königsklasse reißen.
Die jungen Wilden von Dubravko Skoric, die sich letztlich souverän für die Runde der besten Acht qualifizieren konnten und Mitkonkurrent Angers zweimal keine Chance ließen, haben mit dem deutschen Rekordmeister und frischgebackenen Pokalsieger ein schweres, aber äußerst attraktives Los gezogen. Damit treffen zwei der zurzeit besten deutschen Teams in der Table Tennis Champions League Men aufeinander.
Timo Boll, Kristian Karlsson, Stefan Fegerl – allein diese drei Spieler stehen für die Elite des Kontinents und sind ganz schwer zu schlagen. Doch auch bei den TTF sind mit Vizeeuropameister Simon Gauzy und dem Bronzemedaillengewinner von Budapest, Jakub Dyjas, europäische Topspieler vertreten, dazu mit Hugo Calderano Brasiliens Held von Rio, der gerade wieder bei den Ungarn Open glänzte, und mit Yuto Muramatsu einer der weltbesten Defensivspieler. Ein echter Leckerbissen für alle Tischtennisfans.
Das Rückspiel steigt am 10. Februar im Düsseldorfer ARAG CenterCourt. Beide Teams sind bestrebt, sich am Freitag dafür eine günstige Ausgangsposition zu verschaffen.
Der größere Druck lastet auf den Rheinländern, die personell in dieser Saison so gut besetzt sind wie lange nicht mehr und das klare Ziel ausgegeben zu haben, den Topfavoriten Orenburg auf europäischer Bühne anzugreifen. Es ist nicht nur Timo Boll, der die Borussia stark macht. Der 25-jährige Schwede Kristian Karlsson, aktuelle Nummer 24 der Welt, ist seit Monaten in einer Bombenform. Der Österreicher Stefan Fegerl steht zwar im internationalen Ranking mit Platz 19 noch besser da, Karlsson war aber zuletzt der konstantere Spieler. Der erfahrene Inder Kamal Sharath Achanta (Weltrangliste Platz 59) sowie der junge Schwede Anton Källberg (WRL 88), bis letzten Sommer Student des Ochsenhausener Liebherr Masters College, sind ebenfalls Akteure, gegen die Ochsenhausen auf der Hut sein muss.
Die Oberschwaben stehen nicht unter dem Zwang, um jeden Preis das Halbfinale erreichen zu müssen, wollen jedoch auf ihre Chance lauern und – wenn sich diese bietet – zuschlagen. Sie sind die bisher einzige Mannschaft, die dem Rekordmeister in der aktuellen Bundesligasaison eine Niederlage beibringen konnte. Allerdings spielte beim 3:1-Sieg der Oberschwaben am 11. September Timo Boll nicht, der trotz seiner 35 Jahre noch immer schwer zu schlagen ist. Simon Gauzy hat dieses kleine Kunststück allerdings zuletzt dreimal in Serie geschafft.
Vor Kurzem kassierten die TTF in der TTBL freilich eine knappe Niederlage gegen die Rheinländer. Im Punktrunden-Rückspiel am 8. Januar in Düsseldorf musste man im „Duell der verdeckten Karten“ nach 225 spannenden Minuten ein knappes 2:3 quittieren. Der Aussagewert dieser Partie war nicht allzu groß, da beide Teams in Hinblick auf die bevorstehenden Champions-League-Partien jeweils zwei ihrer besten Spieler schonten – bei Düsseldorf pausierten Timo Boll und Stefan Fegerl, bei den TTF Hugo Calderano und Yuto Muramatsu. Dass gerade der junge Schwede Anton Källberg, der in Ochsenhausen ausgebildet und geformt wurde, ein Riesenspiel machte und sowohl Simon Gauzy als auch Jakub Dyjas besiegte, zeigt, dass auch die Borussia, ebenso wie die TTF, mit fünf starken Akteuren nur schwer auszurechen ist. Immerhin konnten Gauzy und Dyjas im Ligaduell Schwedens Nummer eins Karlsson schlagen, was beileibe keine Selbstverständlichkeit ist.
Kristijan Pejinovic freut sich – wie er auf der gut besuchten Pressekonferenz der TTF am Dienstagvormittag bekräftigte – auf das attraktive Duell mit der Borussia: „Das ist ein richtiges Highlight, DAS Spiel des ersten halben Jahres dieser Saison. Das Haus wird bei diesem kleinen Finale Kopf stehen, es sind momentan nur noch einige Stehplatzkarten zu haben und wir werden ausverkauft sein. Wir freuen uns auf eine tolle Stimmung in der Dr.-Hans-Liebherr-Halle und auf ein großes Spiel.“ Der TTF-Präsident fügt hinzu: „Bisher steht es 1:1 zwischen uns in dieser Saison, allerdings hat bis jetzt noch keiner in Bestbesetzung gespielt, was am Freitag anders sein wird. Wir gehen gut vorbereitet in das Match, alle Spieler sind topfit.“ Pejinovic weiß, dass eine Topleistung erforderlich ist, um sich eine gute Ausgangsposition für den 10. Februar zu sichern: „Alle Blicke sind nach vorne gerichtet, wir werden sehen, was wir erreichen können. Unser Minimalziel haben wir mit dem Einzug ins Viertelfinale geschafft, doch nun wollen wir natürlich noch mehr. Ich bin zuversichtlich, sehe jedoch auch die große Erfahrung auf Seiten des Gegners, der mit einem gut vorbereiteten Timo Boll auflaufen wird. Sie werden uns sehr ernst nehmen und das macht uns auch ein wenig stolz.“
Ochsenhausens Cheftrainer Dubravko Skoric sieht nicht zuletzt ein Duell zweier unterschiedlicher Tischtennis-Philosophien: „Düsseldorf hat zweifellos eine Aura, sie sind erfahren und haben auch als Team schon sehr viel erreicht, während unsere jungen, hungrigen Spieler bisher eher als Einzelspieler geglänzt haben. Jetzt müssen wir zeigen, ob wir so weit sind, dass wir auch das inzwischen beherrschen, nämlich als Mannschaft in einer solchen Situation zu bestehen und die Düsseldorfer Aura zu durchbrechen.“
Hugo Calderano macht sich nicht verrückt: „Mir ist es egal, gegen wen wir spielen. Sie sind alle gut und wir müssen eben noch besser sein, wenn wir sie schlagen wollen. Ich habe gegen alle Düsseldorfer schon gespielt und weiß, wie schwer es ist, etwa gegen einen Timo Boll zu gewinnen. Aber das macht nichts, wir können auch etwas und werden versuchen, von Anfang an gut dagegenzuhalten. Ich freue mich auf die Herausforderung. Was gibt es schöneres und interessanteres als solche Spiele, in denen es um richtig viel geht!“
„Vielleicht ist es für uns ein kleiner Vorteil, dass es im Viertelfinale der Champions League Hin- und Rückspiel gibt“, sagt dagegen Rekord-Europameister Timo Boll. „Sollte es am Freitag mit dem Sieg nicht klappen, können wir zuhause immer noch gewinnen. In eigener Halle haben wir schon so manches Spiel gedreht.“
Borussia-Trainer Danny Heister möchte keine Prognose abgeben: „Von einem 3:0-Sieg bis zu einer 0:3-Niederlage ist in dem Spiel alles drin. Trotzdem müssen wir uns vor Ochsenhausen nicht verstecken, denn mit der Titelverteidigung im Pokal vor zwei Wochen haben wir uns noch einmal eine ordentliche Portion Selbstvertrauen geholt.“
Düsseldorfs Manager Andreas Preuß weiß, dass die jungen Wilden aus Oberschwaben seiner Truppe nicht allzu gut liegen, und gesteht ein: „Ochsenhausen war von den möglichen Gegnern im Viertelfinale sicherlich der schwierigste, den wir bekommen konnten. Die Chancen stehen 50 zu 50.“
Im Halbfinale wird der Gewinner des zweiteiligen Bundesliga-Duells übrigens auf einen französischen Klub treffen, entweder auf Titelverteidiger Pontoise Cergy oder auf Hennebont.
Der „Dritte im Bunde“, 1. FC Saarbrücken-TT, tritt am Freitagabend um 20 Uhr in seinem TTCLM-Viertelfinal-Hinspiel in Frankreich bei Chartres ASTT an den Tisch. Der Zweite der Gruppe D ist mit Pär Gerell und Joao Monteiro ein gefährlicher Gegner, jedoch keineswegs unschlagbar, wie Düsseldorf zweimal in der Gruppe bewiesen hat.
TTF Liebherr Ochsenhausen
Simon Gauzy (FRA/Alter: 22/Weltrangliste: 14)
Yuto Muramatsu (JPN/20/21)
Hugo Calderano (BRA/POR/20/20)
Jakub Dyjas (POL/21/41)
Joao Geraldo (POR/21/72)
Trainer: Dubravko Skoric
Borussia Düsseldorf
Timo Boll (GER/Alter: 35/Weltrangliste: 11)
Stefan Fegerl (AUT/28/19)
Kristian Karlsson (SWE/25/24)
Kamal Achanta (IND/34/59)
Anton Källberg (SWE/19/88)
Trainer: Danny Heister
Text & Fotos (2): Dr. Stephan Roscher